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Basel-Stadt

«Haben mehr mit Lebenden zu tun als mit Toten»: Institut für Rechtsmedizin wird 100

04.09.2025 16:56 - update 05.09.2025 16:55
Valerie Zeiser

Valerie Zeiser

Wer denkt, in der Rechtsmedizin werden nur Leichen obduziert, der irrt sich. Das Institut für Rechtsmedizin in Basel hat einen weit vielfältigeren Aufgabenbereich. Was dann wohl auch erklärt, warum es manchmal nach Cannabis schmeckt.

In Kürze

  • In der Rechtsmedizin hat sich in den letzten 100 Jahren vieles verändert, die Obduktion ist aber ziemlich gleich geblieben
  • Die Fälle, welche das Institut behandelt, haben in verschiedenen Bereichen zugenommen
  • 2027 wird ein neues Gebäude an der Socinstrasse bezogen, um den Anforderungen der modernen Rechtsmedizin gerecht zu werden

Eines wird direkt zu Beginn der Medienkonferenz klar: Rechtsmedizin ist nicht nur das, was jeder und jede aus Krimis kennt. Natürlich werden im Institut für Rechtsmedizin der Universität Basel (IRM) auch Leichen obduziert, aber der Aufgabenbereich sei heute sehr vielfältig, erklärt Eva Scheurer, Direktorin des IRM. Ein Beispiel: Auch Betäubungsmittel und andere Drogen werden hier immer wieder analysiert. Dieser Bereich wird der forensischen Chemie und Toxikologie zugeordnet. «Manchmal riecht man es auch», sagt Scheurer. Tatsächlich roch es am Donnerstagmorgen nach Cannabis, denn der wurde zuvor zur Untersuchung angeliefert.

Das Institut für Rechtsmedizin feiert dieses Jahr seinen hundertsten Geburtstag. Seit 1925 gibt es in Basel ein gerichtsärztliches Institut. Damals gab es nebst Professor Salomon Schönberg, der als Vater des IRM gilt, zwei Mitarbeitende. Ein Abwart, der gleichzeitig Präparator war, und eine Sekretärin und technische Gehilfin. Jene Sekretärin war Martha Pfannenschmid, die wohl einigen eher als Heidi-Illustratorin bekannt sein dürfte. Gezeichnet hat Pfannenschmid aber nicht nur Kinderbücher, sondern eben auch Lehrtafeln für den Unterricht der Rechtsmedizin.

Der Obduktionssaal sieht heute noch ähnlich aus wie 1960, als das IRM den Standort an der Pestalozzistrasse bezogen hat. «In der forensischen Medizin hat sich in den letzten 100 Jahren nicht viel verändert», sagt Scheurer. Die Obduktion sei demselben Prozess gefolgt. Was sich hingegen verändert habe, sei die Dokumentation. «Früher hat man gezeichnet, heute können wir fotografieren und haben auch bildgebende Methoden, mit denen wir ohne Schneiden in den Körper blicken können.»

«Haben mehr mit Lebenden zu tun als mit Toten»: Institut für Rechtsmedizin wird 100
Der Obduktionssaal im unteren Geschoss des IRM. Bild: Keystone

Das IRM ist aber eben nicht nur zuständig für forensische Medizin. Auch Verkehrsmedizin, forensische Genetik und forensische Chemie und Toxikologie sind Aufgaben des Instituts. Und hier habe sich in den letzten Jahrzehnten einiges verändert – angefangen mit der Arbeitsmenge. «Die Fälle haben in allen Bereichen zugenommen», sagt Scheurer. Insbesondere aber die Rechtsmedizin bei lebenden Menschen. Etwa bei Vergehen im Verkehr, wenn danach das Blut auf Drogen und Alkohol geprüft wird.

Und auch in der Analytik hat sich einiges geändert. Neue Technologien und Methoden ermöglichen mehr und tiefere Analysen. Das IRM Basel hat etwa eine App entwickelt, die nun auch andere rechtsmedizinische Institute verwenden würden. «Mit der App kann man den Todeszeitpunkt feststellen», erklärt Scheurer.

«Haben mehr mit Lebenden zu tun als mit Toten»: Institut für Rechtsmedizin wird 100
Das Gebäude sieht noch gleich aus, die Autos haben sich verändert: Eine Aufnahme des IRM in den 1960er Jahren. Bild: IRM Basel

Weil der heutige Standort an der Pestalozzistrasse den heutigen Anforderungen an die Leistungen der Rechtsmedizin nicht mehr gerecht wird, wird in zwei Jahren dann auch gezügelt. An der Socinstrasse entsteht gerade ein neues Gebäude, das das IRM voraussichtlich 2027 beziehen wird. Dann wird also wieder ein Stück Geschichte der Rechtsmedizin in Basel geschrieben.

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