Heiko Vogel: «Es war die geilste Zeit meiner Trainerkarriere»
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Heiko Vogel: «Es war die geilste Zeit meiner Trainerkarriere»

30.05.2023 18:07 - update 30.05.2023 23:19
Florian Metzger

Florian Metzger

Für den FC Basel ist nach 61 Spielen eine lange und turbulente Saison am Pfingstmontag zu Ende gegangen. Sportchef und Interimstrainer Heiko Vogel zieht eine Bilanz und blickt bereits auf die kommende Saison.

Baseljetzt: Heiko Vogel, wie würden Sie denn die abgelaufene Saison einschätzen?

Heiko Vogel: Nicht perfekt. Weit weg von Perfektion. Aber vielleicht sympathisch. Fussball lebt von Emotionen. Von positiven Emotionen, aber auch von bitteren Emotionen. Dass die Mannschaft kurz vor dem Einzug in den Final der Conference League auf bitterste Art und Weise die Segel streichen muss, macht sie irgendwo sympathisch. Wovor ich den Hut ziehen muss: Mit dem Ausscheiden gegen Florenz haben wir gewusst, dass noch einiges auf dem Spiel steht. Weil wir gewährleisten wollten, dass das Kader der kommenden Saison das Gleiche erreichen kann. Sprich, dass wir den fünften Platz schaffen. Für mich ist das alles nicht selbstverständlich, dass diese junge Mannschaft sich dann gegen das Ganze so aufbäumt. Dass wir in den Halbfinal der Conference League gekommen sind, spricht auf der einen Seite für sehr viel Talent. Auf der anderen Seite wissen wir aber auch, was wir für die nächste Saison zu tun haben. Natürlich müssen wir zuerst einmal schauen, wer gehen oder bleiben wird. Ich glaube, dass Zeki Amdouni im letzten Saisonspiel nochmals alles dafür getan hat, um interessant zu werden. Da müssen wir auf alles vorbereitet sein.

Neben Amdouni könnte auch Andy Diouf nächste Saison nicht mehr dabei sein. Gibt es für Sie bei diesen Spielern eine Schmerzgrenze?

Ich werde hier bestimmt keine Schmerzgrenze nennen. Ich glaube, dass es gar nicht um Schmerzgrenzen geht. Wir wissen, dass es für andere Vereine zwei sehr interessante Spieler sind. Wir wissen aber auch, wer wir sind. Wir sind der FC Basel und müssen damit leben, dass Spieler wie Zeki Amdouni und Andy Diouf sich bei uns entwickeln und für andere Vereine empfehlen. Wenn ein Angebot kommt, müssen wir schauen, ob es passt oder nicht.

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Zeki Amdouni hat sich mit Glanzleistungen in den Fokus zahlreicher Klubs gespielt. Bild: Keystone

Gibt es für diese Spieler keine Preisschilder?

Doch, die gibt es. Aber da steht nur Euro oder Franken drauf.

Und was sind Ihre Wunschvorstellungen?

(Überlegt) 100 Millionen! (schmunzelt)

Es gibt einige Spieler, bei denen die Vertragssituation noch unklar ist. Zum Beispiel Darian Males, Andi Zeqiri oder Kasim Adams. Versuchen Sie, diese zu behalten bevor Sie sich auf die Suche nach Alternativen machen, um möglichst wenige Wechsel vornehmen zu müssen?

Es ist korrekt, dass wir das Ziel haben, den Umbruch nicht zu maximieren sondern zu minimieren. Aber wir mussten ja auch bis zum letzten Saisonspiel warten. Es ist nicht nur für unsere Entscheidung, sondern auch für jene der Spieler wichtig zu wissen, ob wir den fünften Platz holen oder nicht. Das haben wir jetzt geschafft. Somit geht es jetzt in die Planung für die neue Saison. Und dann schauen wir einmal, was wir stemmen können und was nicht.

Wie gross ist die Chance, dass diese Spieler bleiben werden?

Natürlich führen wir Gespräche mit Dari (Males, Anm. d. Red.) und Co. Ob wir dann eine gute Lösung für alle finden werden, müssen wir schauen. Im Moment ist das noch nicht absehbar. Jetzt vertiefen wir aber definitiv die Gespräche. Mehr kann ich nicht dazu sagen. Es gibt mit Sicherheit eine Möglichkeit, dass wir den einen oder anderen von den dreien behalten wollen. Aber das muss in einem Rahmen sein, der für uns auch gesund ist.

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Bei anderen Spielern wie Andi Zeqiri ist ebenfalls nicht klar, ob sie kommende Saison noch für den FCB spielen. Bild: Keystone

Sie haben einst gesagt, dass diese Mannschaft den Ansprüchen nicht genügt hat. Mit der Conference League-Qualifikation droht kommende Saison wieder eine ähnliche Belastung wie in dieser Spielzeit. Was hat das für Konsequenzen für die Kaderplanung?

Der fünfte Platz und damit die Aussicht auf das internationale Geschäft verändern auch die Situation auf dem Transfermarkt. Die Spieler, die für uns interessant sind, schauen und wägen ab, was der FC Basel nächste Saison bieten kann. Mit der Aussicht auf das internationale Geschäft ist die Spannweite ein bisschen grösser geworden. Aber natürlich würden wir unseren Job nicht tun, wenn wir die aktuelle Saison nicht eingehend analysieren. Wir versuchen, die Schwachpunkte herauszufiltern und dann zu beheben. Schwachpunkte heisst nicht unbedingt Spieler. In der Zusammensetzung werden wir Wert darauf legen, wie viele Spiele die Spieler in letzter Zeit absolviert haben und wie sie die letzte Saison bestritten haben. Ich glaube aber, dass die Basis, die wir jetzt vorfinden, sich von der Basis unterscheidet, die wir in der abgelaufenen Saison hatten. Und man muss auch sagen: Die Jungs haben 60 Spiele geliefert. Das bedeutet, dass sie bis zum Schluss dabei waren. Eigentlich bin ich der Meinung, dass sie für das Ganze noch gar nicht bereit waren. Aber sie haben es trotzdem geschafft.

Was braucht dieses Kader, um nächste Saison diesen Spagat zwischen internationalem Parkett und heimischer Liga besser hinzubekommen?

Das ist eine gute und auch berechtigte Frage. Wir müssen jetzt aber mehrere Aspekte sehen. Wir beginnen am 21. Juni neu. Neu heisst ja nicht nur neue Spieler oder alte Spieler, die wieder da sind. Mit Timo Schultz und Loïc Favé begrüssen wir auch ein neues Trainerteam. Es wird auch darum gehen, neue Ideen zu implementieren. Ich weiss, dass das alles Zeit kostet. Ich habe auch schon darauf hingewiesen, dass eigentlich nur Siege ein Katalysator dafür sind. Es gibt mehrere Faktoren – nicht nur den Kader – die wir berücksichtigen. Wir versuchen diesbezüglich, die Weichen schnellstmöglich zu stellen. Aber es wird sicherlich wieder eine Vorbereitung werden, die sehr schwierig sein wird. Schwierig in dem Sinne, weil wir viele junge Spieler haben, die auch gar nicht so schlecht sind, das haben wir ja gesehen. Aber es werden viele Spieler gar nicht da sein, weil sie die U21-Europameisterschaft spielen. Das ist für mich eine Auszeichnung. Es bedeutet, dass wir viele junge talentierte Spieler haben. Aber das macht natürlich die Vorbereitung für Schultz schwieriger. Das gilt es dann auch zu kompensieren. Wir versuchen da, eng zusammenzurücken und gut zu kommunizieren, damit wir es schnellstmöglich in eine erfolgsversprechende Bahn lenken können. Es ist unser Ziel, auf der einen Seite eine europäische Kampagne zu fahren wie in dieser Saison. Aber das darf nicht als selbstverständlich angesehen werden. Auf der anderen Seite wollen wir uns natürlich in der Liga stabilisieren. Deshalb schauen wir, dass Schultz möglichst schnell mit jenen Spielern zusammenarbeiten kann, die die ersten Spiele angehen müssen.

Würden Sie die Doppelfunktion als Trainer und Sportdirektor nochmals einnehmen?

Das war ja nie der Plan. Wir haben uns das nicht ausgesucht. Das hat die Situation so ergeben. Deshalb kann ich auch nicht sagen, dass ich es nochmals tun würde. Ich musste es tun und ich habe es auch gerne gemacht. Für mich waren es vier unglaubliche Monate, die unglaublich emotional und intensiv waren. Wenn Sie mich aber fragen, ob ich es wieder machen würde, weil ich es müsste, dann sage ich: ja, logisch. Weil mich schlussendlich der Erfolg des Vereins interessiert. Wir waren in einer Situation, in der es kein Zurück mehr gab. Deshalb habe ich es dann auch durchgezogen. Es war sehr anstrengend und ich freue mich, ein bisschen durchatmen zu können. Aber bei uns geht es schlussendlich nicht um die Person, sondern um den Verein FC Basel.

Nach 61 Spielen in dieser Saison sind die Spieler logischerweise erschöpft. Wie geht es Ihnen?

Mein Akku ist leer, das muss ich ganz offen gestehen. Dafür war das alles zu intensiv, zu zermürbend und mental wirklich anstrengend. Es ist ja nicht so, dass ich nur den Trainerjob gemacht habe. Ich habe nebenbei noch versucht, gewisse Termine wahrzunehmen, wie sie wahrgenommen werden müssen.

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Sportchef und Interimstrainer Heiko Vogel ist am Saisonende ausgepumpt. Bild: Keystone

Sie stecken wahrscheinlich bereits wieder mitten in der Planung für die kommende Saison. Haben Sie überhaupt Zeit, um durchzuatmen?

Da gilt es, eine Balance zu finden. Ich werde mit Sicherheit nicht drei Wochen lang die Füsse hochlegen. Das geht gar nicht. Für mich persönlich wird es jetzt sicher ein wenig leichter, weil ich die Belastung als Trainer nicht mehr habe. Aber ich mache jetzt nicht mein Handy aus und sage, dass ich in drei Wochen wieder da bin. Am Ende dieser Saison überwiegt mit Sicherheit das Positive. Deshalb wird der Akku auch relativ schnell wieder voll sein. Aber auch mit halbem Akku kann man ja noch telefonieren, oder? Also bei meinem Handy geht es. Es wechselt lediglich der Stromsparmodus. (schmunzelt)

Das Spiel gegen GC könnte Ihr letztes Spiel als Trainer gewesen sein. Mit welchem Gefühl sind Sie eingelaufen und nach Abpfiff wieder gegangen?

Ganz ehrlich? Ich war natürlich überwältigt, aber ich habe mir nie grosse Gedanken gemacht, ob das jetzt das letzte Spiel für immer oder für die nächsten zwölf Jahre war. Ich glaube, es braucht jetzt auch ein bisschen Zeit, um gewisse Dinge zu realisieren. Auch wenn es eine relativ lange Zeit war, habe ich mich nie als mehr als ein Interimstrainer gesehen. Wenn das jetzt vielleicht das letzte Spiel meiner gesamten Trainerkarriere gewesen ist, dann war es ein sehr schönes, weil wir es gewonnen haben. Ich bin sehr dankbar für die vier Monate, die meine Mannschaft mir geschenkt hat. Ich muss sagen, rückblickend auf 25 Jahre Trainertätigkeit war das die geilste Zeit, die mir diese Jungs geschenkt haben. Insofern kann ich damit super leben und freue mich, jetzt endlich einmal den Job zu machen, für den ich eigentlich hergekommen bin. Ich bin mit mir im Reinen.

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Kommentare

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30.05.2023 18:01

Boldis

Vogel sollte man entfernen

0 0
30.05.2023 16:57

Ciachem

Durch sein Verhalten auf dem Platz und in den nachfolgenden Interviews hat Heiko bei vielen Spielern jeglichen Respekt verloren. Mit dem Engagement des unbekannten Trainers von St. Pauli und der Unruhe in der Mannschaft dürfte die nächste Saison noch schwerer werden, zumal ja noch einige Leistungsträger den Verein verlassen werden. Ob die ausser den Qualispielen international noch spielen werden habe ich meine Zweifel.

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