
«Hü!» Die Rössligasse in Riehen wird ihrem Namen bald gerecht
Tim Meyer
Ende Mai zog die Gemeindegärtnerei aus der Schenkelscheune aus. Nun wird diese frei fürs Kutschenmuseum. Ab Herbst 2025 sollen auf der historischen Remise Fahrzeuge aus dem 19. Jahrhundert ausgestellt werden.
Von Kompostdüften, dem Benzingeschmack in der Luft und dröhnenden Rasenmähern zum Klappern der Hufen, dem Galoppieren und Wiehern: Die Gärtnerei geht – das Kutschenmuseum kommt.
Per Ende Mai zügelte die Riehemer Gemeindegärtnerei von der Rössligasse an den Haselrain. Dort wird die Gärtnerei in den bereits bestehenden Werkhof integriert. So wurde das historische Gebäude beim Sarasinpark frei. Die Schenkelscheune, welche ursprünglich als Remise diente.
Diese Liegenschaft wird ab jetzt der Verein Hü-Basel als Ausstellungsraum für Kutschen nutzen. Nächstes Jahr sollen bereits die ersten Ausstellungen besucht werden können.
Lange Durststrecke für Kutschen
Von 1981 bis 2016 residierte das Kutschenmuseum in einer Scheune in Brüglingen, bei den Merian Gärten. Dann kamen die rund 50 Kutschen und Schlitten weg, verschwanden von der Bildfläche und landeten im Depot des historischen Museums. Die Christoph Merian Stiftung als Besitzerin nutzte den Ort für den Eigengebrauch. Somit schloss das einzig öffentliche Kutschenmuseum der Schweiz. Das traf den Verein Hü-Basel, der sich für den Erhalt und die Präsentation von Kutschen einsetzt.
Der Verein liess das nicht auf sich sitzen und ist seit 2017 im Gespräch mit der Gemeinde Riehen – für die Anmietung der Schenkelscheune. 2021 hat die Gemeinde das historische Gebäude vom Verwaltungs- ins Finanzvermögen überführt. Seither kann die Scheune vermietet werden. Einzige Voraussetzung: Die Gärtnerei muss ausziehen.
Dieses Vorhaben war aber nicht einfach, sagt Nicolas Lüscher, Vorstandspräsident des Vereins Hü-Basel, gegenüber Baseljetzt: «Der Administrative Weg war steinig. Auch wohlwollend brauchte der Gemeinde- und Einwohnerrat Zeit für die Umsetzung. Durch die Administration und den gleichzeitigen Widerstand der Gärtnerei haben wir viel Zeit verloren. Überall gibt es Wartefristen. Mit denen mussten wir leben, auch wenn das nicht einfach war.»

Die Hü-Kutschenwelt, wie Lüscher sie aufgrund der geplanten Interaktivität nennt, sollte ursprünglich schon im Sommer 2022 in Riehen eröffnen. Die Vereinbarung für den Abschluss eines Mietvertrages wurde aber erst Ende 2022 unterzeichnet. «Es ist eine Absichtserklärung. Im Vertrag steht, dass wir mit der Baubewilligung mietpflichtig sind. Es ist erstmal auf zehn Jahre begrenzt, aber verlängerbar», so Lüscher.
Umbau lässt noch auf sich warten
Die ehemalige Remise des Le-Grand-Gutes aus dem 18. Jahrhundert soll zurückrenoviert werden. Das heisst: Der eingezogene Zwischenboden im Erdgeschoss kommt teilweise weg und der Raum wird grösser. Bis der eigentliche Umbau beginnt, geht es aber noch ein Weilchen. «Zuerst müssen wir uns finanziell absichern. Die Vorpläne für den Umbau sind aber schon sehr weit. Das Ziel ist, mit den Detailplänen Ende Jahr zu beginnen und zu Beginn des nächsten Jahres eine Baueingabe zu machen. Die eigentlichen Umbaumassnahmen sind überschaubar, da das Gebäude 1976 vollkommen saniert worden ist.»

Im Untergeschoss sollen Besucher:innen in die Welt der Kutschen eintauchen können. Dort, wo die Gärtnerei ihre Tiefgarage hatte, gibt es demnächst wechselnde Ausstellungen mit unterschiedlichsten Fahrzeugen aus dem 19. Jahrhundert. Von historischen Kutschen, Fuhrwerken, Schlitten und Handwerkskunst. Auch eine funktionierende Werkstatt ist geplant.
«Dort können gewisse Spezialinstrumente des Kutschenbaus in die Hand genommen werden. Man kann sehen, was die Sattler, Kutschen- und Peitschenbauer oder Schlosser arbeiten. Das sind alles Berufe, die am Aussterben sind. Ich könnte mir auch vorstellen, einen Kutschenrestaurator für einen Monat bei uns in der Kutschenwelt arbeiten zu lassen», schildert Lüscher seine Vorstellungen. Besucher:innen könnten dann zuschauen, Fragen stellen oder sogar mithelfen.
Mit der Kutsche durch den Sarasinpark
Es sollen aber auch Konzerte, Hochzeiten, Geburtstage, Vorträge oder Filmvorführungen im Kutschenmuseum stattfinden. Ebenso sollen Kutschenfahrten durchgeführt werden – zum Beispiel als Muttertags-Geschenk. Das Museum wird dabei auch den Sarasinpark miteinbeziehen, welcher von der Gemeindegärtnerei unterhalten wird: «Das ist eine tolle Kooperation mit der Gemeinde, die auch ein Interesse daran hat, dass der Park genutzt wird. Wir machen diesen ja nicht kaputt. Vielleicht gibt es mal einen Rossbollen, den man auflesen muss.»
Der Verein Hü-Basel wünscht sich, dass die Infrastruktur des Parks pferdegerecht renoviert wird. So sollen beispielsweise keine gefährlichen Wendungen im Weg sein, die so eng sind, dass die Pferde nicht ums Eck kommen.
Die Kutschenwelt kommt zurück
Die Kutschenwelt wird keine eigene Sammlung aufbauen. Die Fahrzeuge sind Leihgaben von Museen und privaten Sammlungen. Der gemeinnützige Verein, den es seit 2012 gibt, will ausserdem als Trägerschaft eine eigene Stiftung gründen, sobald die Baueingaben eingereicht sind, sagt Lüscher.
Die Kosten für den Umbau übernehmen Stiftungen und Private, welche auch für die ersten zehn Betriebsjahre aufkommen. Die Christoph Merian Stiftung als grosser Sponsor ist mit 400’000 Franken eingestiegen. Insgesamt geht der Verein Hü-Basel für die ersten zehn Betriebsjahre von Kosten in der Höhe von rund zehn Millionen Franken aus. Das seien die Gesamtkosten, welche sich aus Umbau, Planungs-, Personal-, Ausstellungskosten und technischer Infrastruktur zusammenstellen würden, so Vorstandspräsident Nicolas Lüscher.
Noch offen ist, ob das Museum einen separaten Eintritt verlangen wird für die Ausstellung oder einen kombinierten Eintritt einführt, der alle vorhandenen Angebote zugänglich macht. Was sicher ist: Sobald die Schenkelscheune umgebaut ist und die Kutschen im Depot abgestaubt sind, kommt die Kutschen-Welt wieder zurück.
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