Verhandlungen über ein Plastikabkommen in Genf scheitert
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UNO-Vertrag
Schweiz

Verhandlungen über ein Plastikabkommen in Genf scheitert

15.08.2025 06:38 - update 15.08.2025 11:23

Baseljetzt

Die Verhandlungen in Genf über ein internationales Abkommen gegen Plastikverschmutzung sind gescheitert. Bei einem Abschlusstreffen am Freitagmorgen bedauerten zahlreiche Delegationen den ausbleibenden Konsens, darunter die Schweiz.

Die Differenzen zwischen ambitionierten Staaten wie der Schweiz und den Ölländern waren offenbar zu gross. Es kam zu keiner Einigung darüber, wie die Plastikproduktion reduziert und problematische Produkte kontrolliert werden könnten.

Kurz vor 02.00 Uhr hatte der Vorsitzende der Gespräche, Luis Vayas Valdivieso, nach zehntägigen Diskussionen einen neuen Textentwurf vorgestellt. «Es war mein bester Versuch, die Ansichten der Mitglieder ausgewogen zu erfassen», sagte er in der abschliessenden Plenarsitzung.

Verhandlungen über ein Plastikabkommen in Genf scheitert
Luis Vayas Valdivies leitete die Verhandlungen in Genf. Bild: Keystone

Der Text enthielt kein langfristiges Ziel für eine Begrenzung der Produktion, abgesehen von rein nationalen und unverbindlichen Bemühungen. Für viele ehrgeizige Länder war er deshalb inakzeptabel.

Nach rund 48 Stunden fast pausenloser Diskussionen bedauerten mehrere der 185 versammelten Länder, dass es zu keinem Konsens kam. «Die roten Linien sind unvereinbar», fasste es die Vertreterin der australischen Delegation zusammen.

Schweiz «enttäuscht»

Die Schweiz wiederum hatte ihre Forderungen präzisiert. Bundesrat Albert Rösti sprach nur noch von einer «Verbesserung der Produktion» und zumindest einer Überwachung problematischer Produkte sowie von einem Finanzierungsmechanismus für die Entwicklungsländer.

Der Bundesrat wollte ein «Genfer Abkommen» und beabsichtigte, das Sekretariat für einen allfälligen Vertrag zu beherbergen. Am Freitagmorgen im Plenum zeigte sich der Schweizer Chefunterhändler Felix Wertli «enttäuscht» und sprach von einer «schwierigen Zeit». Er bat die anderen Staaten um eine «Pause», um über das weitere Vorgehen nachzudenken.

«Ein Weckruf für die Welt»

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) hatten den Textentwurf abgelehnt und sprachen von einem «schlechten Vertrag» oder einem blossen «Abfallentsorgungsvertrag», der nicht auf die dringenden Herausforderungen für Gesundheit und Umwelt eingehe.

Greenpeace nahm die petrochemische Industrie in die Pflicht und meinte, das Scheitern der Verhandlungen müsse «ein Weckruf für die Welt» sein. Es brauche ein starkes, rechtsverbindliches Abkommen, das die Plastikproduktion reduzierte, die menschliche Gesundheit schütze, eine robuste und faire Finanzierung biete und die Plastikverschmutzung von der Gewinnung bis zum Einsammeln beende.

Nach Ansicht der Organisation Ocean Care ist kein Vertrag besser als ein schlechter Vertrag. Die Verhandlungen hätten sowohl das Beste als auch das Schlechteste der multilateralen Diplomatie gezeigt, hiess es in einer Mitteilung. Eine Mehrheit an ambitionierten Ländern habe sich für wissenschaftlich fundierte Massnahmen eingesetzt, trotz des «enormen Drucks» seitens der petrochemischen Staaten.

Vorsitzender im Visier

Die Delegationen konnten sich nicht darauf einigen, ob die beiden Textentwürfe, die Luis Vayas Valdivieso während der zehntägigen Verhandlungen vorgelegt hatte, als Ausgangspunkt für mögliche weitere Schritte betrachtet werden können. Die Vorgehensweise des Vorsitzenden verärgerte viele Staaten und NGOs. Der ecuadorianische Botschafter verteidigte sich, indem er sich als Vermittler positionierte. Er habe nicht versucht, den Ländern etwas «aufzuzwingen».

Viele Akteure sahen in den Genfer Gesprächen die letzte Chance, ein ehrgeiziges Plastikabkommen zu erzielen. Die EU schloss weitere Verhandlungen nicht aus. Eine Koalition von Ländern könnte demnach ein Abkommen ausserhalb des Uno-Rahmens beschliessen. Die Reichweite des Abkommens würde aber durch die Abwesenheit der Ölländer beeinträchtigt.

Plastikverbrauch verdoppelt

Laut Greenpeace steht die Schweiz auf der Rangliste der Länder mit dem höchsten Anteil an gefährdeter Bevölkerung an zweiter Stelle. Mehr als 10 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner befinden sich demnach innerhalb von 10 Kilometern von einer Produktionsstätte, die mit Plastik in Verbindung steht. Expertinnen und Experten schätzen die jährlichen Gesundheitskosten, die weltweit durch die Plastikverschmutzung entstehen, auf mindestens 1,5 Billionen US-Dollar.

In fast 25 Jahren hat sich der Verbrauch von Plastik mehr als verdoppelt und lag 2024 bei schätzungsweise 500 Millionen Tonnen, von denen fast 400 Tonnen Millionen als Abfall enden. Wenn sich die Lage nicht stabilisiert, wird sich der Verbrauch bis 2060 noch einmal verdreifachen und auf über 1,2 Milliarden Tonnen ansteigen. Davon wird laut Schätzung der Abfall über eine Milliarde Tonnen ausmachen. (sda/lef)

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Kommentare

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17.08.2025 03:55

pserratore

🤡🤡🤡

0 0
16.08.2025 21:23

Thomy

Einfach Schade ☹️

2 0

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