Klybeckareal: Swiss Life weist Vorwürfe von Altlastenexperte zurück
©Bild: Keystone
Verschmutzungen
Basel-Stadt

Klybeckareal: Swiss Life weist Vorwürfe von Altlastenexperte zurück

18.12.2024 10:30 - update 18.12.2024 10:51
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Ein deutscher Altlastenexperte moniert fehlende Messungen der Bodenluft. Deshalb seien Aussagen zur Verschmutzung des Klybeckareals nicht zuverlässig. Die Swiss Life wehrt sich gegen die Vorwürfe.

Das Klybeckareal gibt weiter zu reden. Während die politischen Weichen für die Entwicklung des Gebietes gestellt sind, ist die Frage der Altlastensanierung noch immer ungeklärt. Kontaminierte Bodenluft und giftige Schadstoffe könnten in die Gebäude eindringen respektive erst aufwändige Sanierungsmassnahmen nötig machen. Entscheidende Faktoren für die Besitzerinnen Rhystadt und Swiss Life.  

Zu wenig Untersuchungen

Nun sagt Gerd Rippen, angesehener deutschen Chemiker und Altlastenexperte, das Areal sei bisher nicht genügend auf mögliche Kontaminationen untersucht. «Weder das Grundwasser, der Boden noch die Porenluft sind genügend untersucht auf dem Klybeckareal», sagt er in der aktuellen Ausgabe der «Oekoskops» – der Mitgliederzeitschrift der Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz (Aefu). Insbesondere die Bodenluft sei nur in sehr rudimentärer Form erfasst worden, was eine fundierte Bewertung der Verschmutzungen unmöglich mache, schreibt die Basler Zeitung.

Rippen hatte die Untersuchungen zu den Gebäuden K90 und K322/328 auf dem Klybeckareal im Auftrag der kantonalen Denkmalpflege begutachtet. Dabei stellte er fest, dass ohne eine umfassende Untersuchung der Bodenluft keine verlässlichen Aussagen über das Ausmass und die Art der Kontaminationen getroffen werden können. Das Gebäude K90, eine ehemalige Farbstofffabrik, wurde 2018 für Veranstaltungen geöffnet. Doch schon damals berichteten beteiligte Personen von Atemwegreizungen, die sie bei Probenahmen im Gebäude erlebten. 2021 wurde dann der Kampfstoff Chlorpikrin nachgewiesen, was 2023 schliesslich dazu führte, dass die Swiss Life das Gebäude für öffentliche Veranstaltungen sperrte. Rippen kritisiert die Vorgehensweise bei der Handhabung des Gebäudes: «Wie da vorgegangen wurde, ist aus meiner Sicht nicht fachgerecht.» In seinen Augen hätte frühzeitig eine umfassende Untersuchung der Gefährdungslage stattfinden müssen, anstatt erst nach der Entdeckung von Chlorpikrin Massnahmen zu ergreifen.

Die Altlastenproblematik auf dem Klybeckareal bleibt also ein drängendes Thema. Zuletzt wurden im November im Zusammenhang mit Abrissgesuchen zu elf Gebäuden auf dem Areal Schadstoffberichte veröffentlicht, die insgesamt mehr als tausend Seiten umfassten. Diese Berichte wurden von Altlastenexperte Martin Forter ausgewertet. Forter kritisierte die Berichterstattung bereits als unvollständig und bemängelte, dass wesentliche Informationen fehlen, die für eine genaue Einschätzung der Risiken notwendig wären. Diese Einschätzungen werfen ein weiteres Licht auf die ungelöste Problematik der Altlasten und werfen Fragen über die bisherigen Untersuchungen und ihre Ergebnisse auf.

Swiss Life und Kanton weisen Vorwürfe zurück

Sowohl die Swiss Life als auch der Kanton Basel-Stadt widersprechen auf Anfrage der Basler Zeitung den Kritikpunkten. Laut Florian Zingg, dem Sprecher der Swiss Life, sei die Schadstoffbelastung im ehemaligen Industrieareal sehr gut dokumentiert. Der Umgang mit belasteten Materialien und Böden sei in umfassenden und detaillierten Richtlinien geregelt, und das Areal werde kontinuierlich überwacht. Zingg weist gegenüber der Basler Zeitung weiter darauf hin, dass das Areal im kantonalen Kataster der belasteten Standorte verzeichnet sei und dass die Überwachung regelmässig aktualisiert und mit weiteren Untersuchungen und Analysen ergänzt werde. Zudem werde die Luftqualität im Rahmen der bestehenden Zwischennutzungen regelmässig überwacht, um eine sichere Nutzung des Areals zu gewährleisten. «In den bestehenden Zwischennutzungen werden umfassende Raumluftmessungen durchgeführt, um jederzeit eine sichere Nutzung gewährleisten zu können», erklärt Zingg.

Auch das Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt des Kantons Basel-Stadt stellt klar, dass die Belastungssituation auf dem Klybeckareal derzeit stabil sei. Sobald sich durch Bauvorhaben oder andere Entwicklungen die Bodenverhältnisse ändern, würden die zuständigen Behörden mit entsprechenden Auflagen sicherstellen, dass keine Gefährdung für Mensch und Umwelt entstehe, schreibt die Basler Zeitung. Diese Auflagen, so das Departement, seien strikt und in enger Abstimmung mit den zuständigen Ämtern formuliert. Insbesondere im Rahmen von geplanten Bauvorhaben sei vorgesehen, dass alle relevanten Schutzmassnahmen getroffen werden, um eine Gefährdung der Umwelt auszuschliessen.

Bodenmessung nur bei Bodenarbeiten

Das Thema Bodenluft werde laut Zingg auch im Rahmen der Entwicklungs- und Planungsarbeiten auf dem Areal berücksichtigt. Allerdings werden Bodenluftmessungen nur durchgeführt, wenn tatsächlich bauliche Massnahmen den Boden betreffen und dabei Schadstoffe freigesetzt werden können. Diese Vorgehensweise entspreche den strikten kantonalen Vorgaben und der gängigen Praxis. In einer Stellungnahme des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine Bodenluftmessungen im Aussenraum vorgenommen werden, solange keine Arbeiten im Boden stattfinden, die potenziell schädliche Luftschadstoffe freisetzen könnten. «Solange ein belasteter Standort nicht ausgehoben wird, besteht aus lufthygienischer Sicht keine Notwendigkeit für Bodenluftmessungen im Aussenbereich», heisst es in der Stellungnahme.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.