
Der Kanton wusste es längst: Giftige Altlasten auch im Klybeck
Shahed Staub
Ein vertraulicher Bericht legt nahe, dass der Kanton das Klybeckareal wegen der Schadstoffbelastung nicht gekauft hat. Die Basler Regierung sieht das differenzierter. Es ist eine Chronik verwickelter Widersprüche und Kontroversen.
150 Jahre Produktion haben ihre Spuren hinterlassen. Die Industriearbeiten auf dem Klybeckareal sind zwar längst eingestellt und der Boden in Besitz der Investorengruppen Rhystadt und Swiss Life. Doch auch heute gibt das Gelände noch immer viel zu reden. Während die politischen Weichen für die Entwicklung des Gebietes, auf dem dereinst über 8000 Menschen wohnen und über 7000 Arbeitsplätze entstehen sollen, gestellt sind, ist die Frage der Altlastensanierung noch immer ungeklärt. Kontaminierte Bodenluft und giftige Schadstoffe könnten in die Gebäude eindringen respektive erst aufwändige Sanierungsmassnahmen nötig machen.
Seit 1864 wurden auf dem Basler Klybeckareal chemische und pharmazeutische Produkte produziert. Es ist längst bestätigt, dass der Boden voller Chemikalien ist, darunter Schwermetalle, Chrom und krebserregende Stoffe wie Benzidin. Die Altlasten haben das Areal stark gezeichnet zurückgelassen. Seit Jahren hagelt es deswegen Kritik am Kanton: Das Areal hätte systematisch untersucht und saniert werden müssen. Schliesslich könne man kontaminierte Bodenluft unbekannter Giftigkeit vorfinden. Das Amt für Umwelt und Energie (AUE) beschwichtigt jedoch – das Areal sei gründlich untersucht und, weil der Boden versiegelt sei, sicher. Was allerdings geschieht, wenn die Bagger auffahren, sagt das AUE nicht.
Vertraulicher Bericht: Kanton war Altlasten-Risiko im Klybeck zu hoch
Recherchen der SRF-«Rundschau» zeichnen nun ein anderes Bild. Es gibt Gründe, warum der Kanton vor fünf Jahren auf den Kauf eines Teils des Klybeckareals verzichtete. Der Kanton soll mehr über den Zustand der Böden gewusst haben, als er erkennen liess. 2018 wollten die Pharmakonzerne Novartis und BASF das Areal für rund 500 Millionen Franken verkaufen, der Kanton Basel-Stadt bot zunächst gemeinsam mit der heutigen Investorengruppe Rhystadt mit. Letztlich wurde das Gelände jedoch für 1,2 Milliarden Franken an Letztere verkauft.

Ein vertraulicher Bericht lässt nun erahnen, warum der Kanton wohl nicht weiter für das Areal mitgeboten hat und auf den Kauf verzichtete. Der Bericht wurde der Basler Regierung von der Verwaltung vorgelegt. Darin heisst es, dass es der Verkäuferin des Areals «nicht so sehr um ein transparentes Verfahren» ging, sondern vielmehr darum, «dem Käufer möglichst alle Risiken vollumfänglich zu übertragen». Zudem sei «das Altlastenrisiko nicht abschätzbar». Daher sollte das Angebot unter der Bedingung stehen, dass der Boden des Areals vollständig saniert werde.
Der Vorwurf an den Kanton, den Kritiker aus dem Bericht ableiten, ist scharf: Der Kanton sei durch den Bericht längst über die kritische Altlastensituation im Boden des Areals informiert gewesen, habe sich dazu jedoch nur unzureichend geäussert.
Auch Tonja Zürcher, Grossrätin der Basta, ist empört über die fehlende Transparenz des Kantons. Sie fordert, dass alle Ergebnisse der Untersuchungen transparent veröffentlicht werden und ein klares Konzept für die Sanierung des Areals vorgelegt wird. Schliesslich sollen dort künftig Menschen leben und Kinder spielen.
Basler Regierung wehrt sich gegen Vorwürfe der Verharmlosung
Die «Rundschau» wirft dem Kanton eine Verharmlosung der tatsächlichen Schadstoffbelastung vor. Davon distanziert sich Regierungssprecher Marco Greiner. Gegenüber Baseljetzt erklärt er: «Der Kanton als Aufsichtsbehörde kannte und kennt die Altlastensituation im Klybeck. Das Amt für Umwelt und Energie hat sichergestellt, dass die Käufer alle verfügbaren Informationen zu den Belastungen erhalten haben. Das ehemalige Industrieareal ist belastet und grösstenteils überwachungsbedürftig. Das ist im kantonalen Kataster der belasteten Standorte hinterlegt.»
Für jenen Teil des Klybeck-Areals, das an die Rhystadt verkauft wurde, habe der Kanton gar kein Kaufangebot eingereicht. Laut Greiner waren dafür auch die Kosten für anstehende Sanierungsarbeiten mitentscheidend. Dies trotz jahrelanger Beschwichtigung der Situation. «Eventuelle spätere Sanierungskosten mussten bei den damaligen Kaufüberlegungen berücksichtigt werden. Die Stadt Basel konnte diese Kosten 2018/2019 nicht mit ausreichender Sicherheit abschätzen. Dies war einer der Gründe, weshalb die Stadt das Gelände bzw. Teile davon nicht gekauft hat.»
Wann auf dem Klybeckareal mit dem Bauen begonnen wird, ist unklar. Einblick in das vertrauliche Papier wurde Baseljetzt auf Anfrage verwehrt.
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Juventus96
Da will keiner Wohnen
akjo
Das Projekt sollte nicht statt finden. Ich habe dort früher gearbeitet, die Regel für Umweltschutz waren noch kein Thema. Ich würde dort nie wohnen!