Knapp 1000 Bauarbeiter gingen in Basel auf die Strasse
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Basel-Stadt

Knapp 1000 Bauarbeiter gingen in Basel auf die Strasse

07.11.2025 17:52 - update 08.11.2025 13:00
David Frische

David Frische

Am Freitag hat in der Region ein grossangelegter Protest im Bausektor stattgefunden. Zahlreiche Bauarbeiter legten ihre Arbeit nieder und demonstrierten in Basel für einen neuen Landesmantelvertrag. Die Baumeister verteidigen sich und kontern mit schweren Vorwürfen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Rund 1000 Bauarbeiter demonstrierten in Basel für bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und einen neuen Landesmantelvertrag (LMV)
  • Die Gewerkschaften Unia und Syna fordern unter anderem kürzere Arbeitszeiten, bezahlte Reise- und Pausenzeit sowie einen Teuerungsausgleich
  • Der Baumeisterverband kritisiert die Proteste und wirft den Gewerkschaften Gewalt und Vandalismus vor, was diese entschieden zurückweisen

Die Protestierenden versammelten sich im De-Wette-Park und zogen um 11:15 Uhr mit zahlreichen Trillerpfeifen und lauter Musik via Bankverein und Marktplatz zum Theodorskirchplatz ins Kleinbasel. «Mehr Lohn, Respekt und Solidarität» oder «Respekt für unsere Arbeit» stand auf den Transparenten.

«Das Arbeitsklima ist sehr schlecht», sagt Maurizio gegenüber Baseljetzt. Seit 30 Jahren arbeite er in der Baubranche. «Es gibt sehr viel Stress.» Vor allem der Personalmangel mache Druck auf die Bauarbeiter. «Ich mache im Moment extrem viele Überstunden. Deshalb bin ich heute hier.»

Hélder fordert bessere Rahmenbedingungen im Bausektor. «Ich bin 65 Jahre alt, die Pension ist nicht gut.» Zudem seien 45 Stunden arbeiten pro Woche zu viel.

Harzige Verhandlungen

Offizieller Anlass für die Kundgebung: In diesem Jahr läuft der Landesmantelvertrag (LMV) der rund 80’000 Bauarbeitenden aus. Die fünfte Verhandlungsrunde zwischen den Gewerkschaften und dem Baumeisterverband ging Ende Oktober ergebnislos zu Ende.

Der lautstarke und in roten Rauchschwaden gehüllte Demonstrationszug zog in der Basler Innenstadt viel Aufmerksamkeit auf sich. Immer wieder gab es Solidaritätsbekundungen von Passantinnen und Passanten für die Bauarbeiter.

Branchenstreik ein Thema

Besonders auf den Nägeln brennen den Beschäftigten gemäss den Gewerkschaften Unia und Syna die langen Arbeitszeiten und die Anfahrtszeiten von der Firma auf die Baustellen. Die Bauarbeitenden und die Gewerkschaften fordern, dass die volle Reisezeit vom Betrieb zur Baustelle bezahlt wird und nicht erst ab einer Dauer von länger als 30 Minuten, dass es eine bezahlte Znünipause, den 8-Stunden-Tag und einen garantierten Teuerungsausgleich gibt.

Mit Protesten und Arbeitsniederlegungen in allen Landesteilen machen die Gewerkschaften und die Bauarbeiter derzeit auf ihre Anliegen aufmerksam. Den ersten Protesttag gab es am 20. Oktober im Tessin, in Lausanne legten Anfang Woche rund 7000 Bauarbeiter ihre Arbeit nieder.

Sollte der auslaufende Landesmantelvertrag nicht erneuert werden, drohen die beiden Gewerkschaften mit einem Branchenstreik.

Bauunternehmer erheben schwere Vorwürfe an Gewerkschaften

Beim Verband der Bauunternehmer Region Basel hat man für die Demonstrationen wenig Verständnis. Bis jetzt haben fünf Verhandlungsrunden stattgefunden, man nähere sich an und es würden weitere Verhandlungsrunden stattfinden, sagt Verbandspräsident Daniel Allemann. «Darum fällt es uns schwer, nachzuvollziehen, wieso die Gewerkschaften jetzt solche Aktionen durchziehen, weil man sich in diesen Verhandlungen annähert.»

Der Verband erhebt zudem schwere Vorwürfe an die Gewerkschaften: «Umso schwerer fällt es uns, wenn wir den Nachrichten erreichen, dass Krawall auf der Baustelle gemacht wird, dass vermummte Leute mit der Gewerkschaft zusammen die Baustelle stürmen, dass wir Leute haben, die verletzt werden, die mit Stöcken traktiert werden, dass Autos versprayt werden und Stromkästen kaputt gemacht werden», so Allemann.

In einer Medienmitteilung schreibt der Schweizerische Baumeisterverband später von Ausschreitungen auf einer Baustelle in Basel. «Die mehrheitlich vermummten Störer fuhren mit fünf Cars vor und stürmten gewaltsam das Baugelände. Dabei kam es ebenfalls zu Übergriffen mit Körperverletzungen. Zudem wurden auch auf weiteren Baustellen in der Region Sachbeschädigungen und Störungen gemeldet.»

Der Baumeisterverband fordert von den Gewerkschaften Unia und Syna, ihre Verantwortung wahrzunehmen und die Stimmung mit ihrer Streikkampagne nicht unnötig anzuheizen und keine vermummten Personen in ihren Reihen zu dulden. Im Demonstrationszug am Mittag in Basel liefen teils auch vermummte Personen mit.

Knapp 1000 Bauarbeiter gingen in Basel auf die Strasse
Bild: Keystone

Unia hat von Gewalt und Vandalismus «keine Kenntnis»

Die Unia schreibt auf Anfrage, dass sie von den Vorkommnissen nichts wisse: «Von Gewalt oder Sachbeschädigungen im Zusammenhang mit den heutigen Mobilisierungen haben wir keine Kenntnis.» Die Gewerkschaft distanziere sich «klar und unmissverständlich» von jeglicher Form von Gewalt, Drohungen oder Sachbeschädigungen. «Wir zwingen selbstverständlich niemanden, an Demonstrationen oder Aktionen teilzunehmen. Die Teilnahme ist stets freiwillig – Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter, die an unseren Aktionen teilnehmen, tun dies aus eigenem Willen und Überzeugung.»

Bauunternehmer: «Wir haben einen sehr guten LMV»

Zu den inhaltlichen Forderungen der Mitarbeitenden entgegnet Allemann vom Verband der Bauunternehmer Region Basel: «Wir haben jetzt einen Landesmantelvertrag, der ein sehr guter LMV ist. Unsere Mitarbeiter erhalten Leistungen, welche die besten im gewerblichen Bereich von ganz Europa sind. Wir haben sehr hohe Minimallöhne». Man sei aber überzeugt davon, «dass wir ein Gesamtpaket haben werden, das nicht schlechter ist als heute, das unseren Mitarbeitenden gerecht wird».

Mitarbeit: Simon Häring, Sophie Jung

Dieser Artikel wurde ergänzt mit Informationen der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

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Kommentare

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12.11.2025 11:27

Bauarbeiter

Der Baumeisterverband soll endlich mit der Unia an einen Tisch sitzen und Lösungen finden…

0 0
08.11.2025 06:45

spalen

streik und protest sind legitim – gewalt, einschüchterung und sabotage jedoch nicht. es ist wichtig, dass da alles genau untersucht wird

3 0

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