«Man sieht dem Einsatz und Ehrgeiz an, dass nicht alles selbstverständlich ist»
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«Man sieht dem Einsatz und Ehrgeiz an, dass nicht alles selbstverständlich ist»

21.03.2023 05:10 - update 21.03.2023 05:20
Lea Meister

Lea Meister

Der 32-jährige Theo Karapetsas ist seit Februar als Sportchef bei den FCB Frauen tätig. Besonders schätzt er an seinem neuen Job die Möglichkeit, viel vorhandenes Potenzial auszuschöpfen.

Einen Tag vor Weihnachten 2022 kommunizierte der FC Basel einen Wechsel, der im Frauenfussball aufhorchen liess: Theo Karapetsas wechselt von den FCZ-Frauen ans Rheinknie. Seit Februar des laufenden Jahres waltet der schweizerisch-griechische Doppelbürger nun in Basel.

Während er kurz vor seinem Wechsel noch tragende Spielerinnen des FC Basel zum FC Zürich abzog, sieht er sich bei Rotblau jetzt mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Aufgrund vieler Langzeitverletzten verstärkte er das Team der FC Basel Frauen für die Rückrunde gleich auch mit mehreren Spielerinnen.

An seinem neuen Job schätzt er besonders die Chance, das Potenzial ausschöpfen zu können, welches er im Team und in den Strukturen sieht, wie er im Interview mit Baseljetzt sagt. Der 32-jährige Zürcher wohnt in Fällanden, unweit vom Heerenschürli, der Heimat der FCZ Frauen.

Theo Karapetsas, die Klischeefrage zu Beginn: Wie hast du dich als Zürcher in Basel eingelebt?

Theo Karapetsas: Sehr gut. Man hat mich hier sehr herzlich empfangen. Man kann also auch als Zürcher in Basel gut arbeiten (grinst).

Was hast du für eine Arbeitsumgebung angetroffen hier in Basel?

Sehr tolle Menschen, die direkt auf mich zugekommen sind und mich sehr herzlich willkommen geheissen haben. Alle freuen sich darauf, die Frauenabteilung aufzubauen und zu optimieren.

Was sind deine Hauptaufgaben beim FC Basel?

In erster Linie ist es wichtig, dass wir die ganze Frauenabteilung – vom Nachwuchs bis zur NLA – in Ruhe analysieren. Das geht von Projekten wie Fussballcamps bis hin zur Professionalisierung und Optimierung der Prozesse in der NLA.

Sind dir in den vergangenen Wochen schon Punkte mit Optimierungspotential aufgefallen?

Optimieren kann man in jedem Verein und in jeder Abteilung. Natürlich gibt es aber Ideen, die wir zukünftig umsetzen möchten. Vieles ist aber schon vorhanden. Sehr viel Potenzial ist da. Es ist sicher eine meiner Hauptaufgaben, noch mehr Struktur reinzubringen.

Inwiefern unterscheidet sich dein jetziger Job von deinem vorherigen Job?

Nicht gross. Ich glaube, dass hier in Basel mehr Potenzial vorhanden ist, woraus man noch schöpfen kann. Vom Rekordmeister zum FC Basel in die Frauenabteilung zu kommen ist eine andere Ausgangslage, aber die Aufgaben sind grundsätzlich eigentlich die gleichen.

Wie sieht dein typischer Alltag aus?

Chaotisch (lacht). Nein, ganz unterschiedlich. Ich führe Gespräche mit dem Sportamt, kümmere mich um Strukturen, die aufgebaut werden müssen, ich bin gemeinsam mit dem Technischen Leiter Nachwuchs Frauen, Pascal Troentlé, an der Planung für den Sommer, an der Organisation von Girls Camps, die wir aufbauen wollen. Ausserdem stehe ich in Kontakt mit Fussballschulen und baue Verträge in der ersten Mannschaft auf, bei denen ich dann auch dafür zuständig bin, diese verlängern zu können.

Du hast ziemlich rasch einige Transfers getätigt. Hattest du diese Spielerinnen schon länger auf «deiner Liste»?

Klar, die waren auf meiner Liste. Es hat sich aber auch so ergeben, weil wir sehr viel Langzeitverletzte haben. Dadurch mussten wir in der Breite und der Qualität nochmals neue Spielerinnen holen.

Und wie machen sich die Neuen bis jetzt?

Es ist natürlich schwierig, im Winter zu einem neuen Team dazuzustossen. Deshalb braucht es immer eine gewisse Zeit, bis die ersten Spiele durch sind und sich dann wirklich alle auf die Playoffs vorbereiten können.

Was ist für dich der Hauptreiz, im Schweizer Frauenfussball zu arbeiten?

Ich glaube, dass noch vieles möglich ist. Es ist zwar keine «grüne Wiese», aber in der Schweizer Liga lässt sich im Allgemeinen noch vieles aufbauen. Auch die Platzierung als Ausbildungsliga ist sehr wichtig. Dass man sich darauf konzentriert, jungen Spielerinnen eine Plattform zu bieten, die einen Wechsel in die Schweiz als wichtigen Zwischenschritt sehen. Gleichzeitig ist es aber auch cool, dass die Vergangenheit gezeigt hat, dass sich auch Schweizer Vereine für die Champions League-Gruppenphase qualifizieren können.

Eigentlich klingt das ziemlich ähnlich, wie der Männerfussball. Ausbildungsliga, Sprungbrett und ab und an internationale Auftritte…

Absolut. Ich glaube auch, dass es da sehr viele Parallelen gibt.

Welche beruflichen Ziele hast du dir für die nächsten zehn Jahre gesetzt?

Das ist eine schwierige Frage. Ich habe persönlich keine spezifischen Ziele, wo ich in zehn Jahren genau stehen muss. Das A-Diplom habe ich jetzt einmal abgeschlossen. Im konzeptionellen und strategischen Bereich zu arbeiten, macht mir aber auf alle Fälle grossen Spass. Was sich in Zukunft ergeben wird, kann ich noch nicht sagen.

In welchen Bereichen müsste der Schweizer Frauenfussball noch vorwärts machen?

Die ganze Liga muss sich stets weiterentwickeln. Das hat sie aber auch bereits, wenn man die Situation von vor fünf Jahren mit der heutigen vergleicht. Heute wird jedes Spiel gestreamt, man kann sich die Partien also anschauen, wenn man möchte. Immer mehr Vereine setzen auch auf den Frauenfussball. Wir müssen jetzt gemeinsam die ganze Liga aufwerten.

Weisst du, wie viele Frauen deines Teams neben dem Fussball noch arbeiten gehen?

An der Tatsache, dass Spielerinnen neben dem Fussball noch einer Arbeit nachgehen, wird sich in der Schweiz wohl auch in naher Zukunft nicht so schnell etwas ändern. Ich glaube aber, dass das auch wichtig ist und wir uns da nicht zu stark am Männerfussball orientieren sollten. Einerseits sollten die professionellen Strukturen seitens des Vereins sichergestellt sein. Andererseits finde ich es sehr wichtig, neben dem Fussball noch auf ein zweites Standbein setzen zu können und beispielsweise ein Studium in der Tasche zu haben.

Sorgt diese Einstellung auch für Charakterunterschiede zwischen dem Männer- und dem Frauenfussball?

Das glaube ich schon, ja. Das macht den Frauenfussball auch aus. Man sieht dem Einsatz und dem Ehrgeiz der Spielerinnen an, dass eben nicht alles selbstverständlich ist.

Spürst du, dass der FC Basel im Frauenfussballbereich vorwärts machen möchte?

Auf jeden Fall. Aus diesem Grund bin ich auch nach Basel gekommen. Der FCB sagte mir klar, dass er die Frauenabteilung pushen und mit einem langfristigen Plan aufbauen wolle. Das gilt für den Nachwuchs wie auch für die 1. Mannschaft.

Daran hat die finanziell nicht so rosige Situation des Vereins nichts geändert?

Das Finanzielle ist nicht immer der wichtigste Aspekt. Gewisse Strukturen muss man aufbauen und etwas bieten können. Um diese Strukturen dann erhalten zu können, braucht es dann auch das Finanzielle, das ist klar. Wir werden aber i Zukunft auf alle Fälle sehr gut arbeiten können.

Wie ist die interne Zusammenarbeit auf Content-Ebene? Der Servette FC Chênois Féminin ist bezüglich Social Media-Inhalten ja schon ein ziemlicher Vorreiter…

Die Vermarktung ist sicher auch ein grosses Thema. Ein grosser Vorteil ist hier, dass wir das Team der Herrenabteilung nutzen können. Und im Hinblick auf die neue Saison sind wir auch in Gesprächen und in der Planung neuer Ideen. Warten wir mal ab, was da noch kommt (grinst).

Wenn du dir weltweit drei Spielerinnen deiner Wahl aussuchen und zum FCB holen könntest, welche wären das?

Das ist sehr schwer. Diese Frage stelle ich mir eigentlich gar nicht, weil das Wichtigste immer ist, dass die Spielerinnen auch zum FCB passen. Es macht keinen Sinn, eine Spielerin von Lyon, Bayern München oder Wolfsburg hierhin zu holen. Es muss einfach passen. Ich kann mir gut vorstellen, dass in Zukunft jemand kommt, der das Team als erfahrene Spielerin mitentwickelt. Diese drei Wunschspielerinnen habe ich jetzt aber nicht im Kopf.

Und für dich ganz persönlich, unabhängig vom FCB?

In der Schweizer Nati hat es sicher einige gute Spielerinnen wie Ramona Bachmann oder Ana Maria Crnogorčević, die sehr interessant wären.

Beim FCZ hattest du aus Frauenfussballsicht das absolute Nonplusultra in der Schweiz. Beim FCB stehst du vor einigen Herausforderungen – magst du Herausforderungen?

Ja, aber es ist nicht nur eine Herausforderung, sondern eine mit viel Potenzial. Dieses muss man erkennen, es aufbauen und weiterentwickeln. Das macht mir Spass und deshalb bin ich da.

Was würdest du hier langfristig gesehen gerne erreichen?

Langfristig gesehen ist es wichtig, dass wir uns an der Spitze platzieren können. Wir wollen langfristig gesehen guten Fussball spielen und jede Saison in den Playoffs oben dabei sein. Vom Titel reden müssen wir dabei nicht unbedingt, aber Servette und Zürich wollen wir angreifen können.

Ist es auch ein Ziel, eine gewisse Konstanz ins Teamgefüge zu bringen?

Ein Teil meiner Arbeit ist es auch, langfristigere Spielerinnenverträge aufsetzen zu können. Ein Team zusammenhalten zu können führt auch zu einer gewissen Planungssicherheit für die Spielerinnen selbst, aber auch für uns, um erfolgreichen Fussball spielen zu können.

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