Strafgericht spricht 38-Jährigen vom Vorwurf der sexuellen Misshandlung frei
©Bild: baselland.ch/Tom Bisig
Keine Beweise
Baselland

Strafgericht spricht 38-Jährigen vom Vorwurf der sexuellen Misshandlung frei

08.03.2024 09:14 - update 08.03.2024 13:15
David Frische

David Frische

Ein 38-jähriger Mann stand wegen mehrerer mutmasslicher Sexualdelikte vor dem Baselbieter Strafgericht. Er soll unter anderem eine Frau im Sommer 2022 sexuell genötigt haben. Das Gericht sprach ihn am Freitag von den Vorwürfen frei.

«Wir müssen ihn freisprechen, wenn die Überzeugung der Schuld fehlt», begründete der Richter das Urteil am Freitagmorgen am Baselbieter Strafgericht.

Was war geschehen? Ein 38-jähriger Basler soll in der Nacht vom 16. auf den 17. August eine Bekannte nach dem Ausgang bei sich zu Hause in Muttenz sexuell genötigt und geschändet haben. Der Angeklagte bestreitet die Anschuldigungen.

Einen ausführlichen Bericht über die Anklagepunkte findest du hier:

Unbestritten ist, dass der Mann und die Bekannte in der besagten Nacht Geschlechtsverkehr hatten. In einer ersten Phase war dieser einvernehmlich. Über den weiteren Verlauf gibt es unterschiedliche Versionen der Frau und des Beschuldigten. Das Gericht schliesst nicht aus, dass sich der 38-jährige Mann gegen den Willen der Bekannten an ihr verging. Es kann es aber auch nicht beweisen. Wenn Zweifel bestehen, müsse für den Beurteilten die günstigste Variante zum Zug kommen, erklärte der Richter. «So verlangt es das Gesetz. Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit reicht nicht.»

Beide Seiten mit widersprüchlichen Aussagen

Der Angeklagte machte im Strafverfahren und vor Gericht teils widersprüchliche Aussagen zu den Geschehnissen in der besagten Nacht. Sowohl der Beschuldigte als auch die Frau standen in der Nacht vom 16. Auf den 17. August unter Alkohol- und Kokaineinfluss. Die intimen Kontakte fanden zudem in den frühen Morgenstunden des 17. August statt, wodurch auch Müdigkeit ins Spiel kam. Auch die Bekannte des Beschuldigten habe vage und sich zum Teil widersprechende Angaben zum Ablauf der Geschehnisse gemacht, führte das Gericht am Freitag aus. So auch zur Phase des unbestrittenen einvernehmlichen Geschlechtsverkehrs. Sie habe sich nicht mehr an die genauen Stellungen beim Sex erinnern können und ob es zu Oralverkehr kam.

Die Aussagen könnten weder belegen, dass der Beschuldigte die Bekannte sexuell nötigte und/oder schändete, noch könnten sie das widerlegen. Somit müsse das Gericht im Zweifel für den Angeklagten entscheiden, begründet der Richter das Urteil.

Forensik und Sprachnachrichten liefern keine Beweise

Die forensischen Untersuchungen schaffen ebenfalls keine Klarheit über die Vorgänge in jener Nacht. Am After der Frau wurden frische Hautdefekte festgestellt, die laut dem Gericht aber zum einen nicht zwingend von analem Verkehr stammen müssen und zum anderen keine gewaltsamen Handlungen belegen. «Das IRM (Institut für Rechtsmedizin, Anm. d. Red.) belegt nichts, was nicht schon klar war», so der Richter.

Nach der gemeinsamen Nacht schickte der Beschuldigte der Frau mehrere Sprachnachrichten, in denen er bei ihr nachfragte, ob alles in Ordnung sei und dass er sich nicht sicher sei, was genau passiert sei. Sie blieben unbeantwortet. Am Abend erkundigte er sich nochmals bei der Bekannten, ob alles okay sei.

Laut Gericht zeigen die Nachrichten, dass der Angeklagte befürchtete, dass etwas passiert sein könnte, was die Frau im Nachgang bereut haben könnte. Konkreter wurde der Beschuldigte in den Nachrichten aber nicht. Dadurch lässt sich für die Justiz damit auch keine Tat beweisen.

Ein Freispruch ohne Antworten

Was am Ende bleibt, ist ein Freispruch für den Angeklagten. Er beantwortet aber nicht, ob der Mann wirklich unschuldig ist. Ein bekanntes Problem bei 4-Augen-Situationen, wie es hier der Fall ist. Das Gericht sei sich dessen bewusst, so der Richter. «Es ist die Realität, dass es in vielen solchen Fällen zu diesem Ergebnis kommt.» Das könne unbefriedigend sein, dass im Zweifel für den Angeklagten entschieden werde. «Aber dieses Prinzip entspricht unserem Rechtsstaat», schliesst der Richter seine Urteilsbegründung.

Kein Nachweis für sexuelle Belästigung

Der 38-Jährige wurde auch von der Anschuldigung freigesprochen, an einem Abend im Sommer 2022 eine andere Frau beim Schwimmen im Rhein sexuell belästigt zu haben. Auch hier kam für das Gericht das Prinzip «in dubio pro reo» zum Tragen. Aus den widersprüchlichen Zeugenaussagen lasse sich nicht schliessen, ob der Mann die Frau absichtlich im Intimbereich berührt und sie sexuell belästigt hatte, begründete der Richter den Freispruch.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Parteien können innert zehn Tagen in Berufung gehen.

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