¿Quo Vadis, Luzerner Polizei?
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Fussballchaos
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¿Quo Vadis, Luzerner Polizei?

09.03.2023 13:55 - update 09.03.2023 16:54
Maximilian Karl Fankhauser

Maximilian Karl Fankhauser

Nach den neuerlichen Vorkommnissen rund um das Spiel geht die Fehde zwischen der Kantonspolizei Luzern und der Muttenzerkurve in die nächste Runde. Die Polizei sieht sich immer grösserer Kritik ausgesetzt.

Tatort, Luzern. Zeitraum? Seit Januar 2022 eigentlich jedes Mal, wenn der FC Basel in der Innerschweiz zu Gast ist. Was mit einem Marschverbot vom Bahnhof zur Swissporarena begonnen hat, gipfelte am letzten Samstag in einer zerstörten S-Bahn und dem darauf gedrohten zukünftigen Ausschluss des Basler Anhangs bei Super-League-Spielen in Luzern. Dass es aber auch anders rum geht, beweist Zentralplus. Dort kommt nämlich Fanarbeiterin Ornella Pessotto zu Wort, die das Verhalten der Kantonspolizei klar kritisiert. Gleichzeitig betont sie aber mehrfach, dass sie die Vandalen in der S-Bahn deutlich verurteilt.

«Wieso kam die Luzerner Polizei plötzlich, ohne eine Rücksprache mit den Involvierten, von ihrer jahrelang erfolgreichen Praxis ab, die Basler kompakt und begleitet zum Stadion marschieren zu lassen?», fragt sie gegenüber Zentralplus. «Hätte die Polizei die Basler marschieren lassen, wären diese am Samstag nicht in die S-Bahn oder auf die Linienbusse gegangen, hätten im Januar 2022 keine VBL-Busse beschädigt und es wäre kein schwerverletzter FCB-Fan zu beklagen gewesen.»

Fanmärsche mit absurden Auflagen

Denn laut Pessotto wurde man damals mit einem Zweizeiler abgespeist, dass die Fanmärsche nicht mehr geduldet werden. Ein Gespräch habe nicht stattgefunden. Auch die Reaktion der Polizei auf die Eskalationen nach dem Spiel versteht sie laut «Zentralschweiz» nicht. Die FCB-Fans reagierten damals ebenfalls mit harscher Kritik am Vorgehen der Polizei.

Denn zwei Tage nach den Geschehnissen bat Pessotto bei der Swiss Football League um ein Debriefing, was diese auch sofort unterstützt hätten – nur um dann mehrmals nachfragen zu müssen und rund neun Monate zu warten. Dann, zwei Wochen vor dem nächsten Aufeinandertreffen der beiden Vereine in Luzern, sei dies aber kein Debriefing gewesen, das etwas mit Aufarbeitung zu tun hatte.

Die Polizei habe alle Videoaufnahmen gelöscht. Ausser zweien, welche sie der FCB-Delegation, der auch David Degen angehörte, aber nicht zeigen wollte, schreibt die «Zentralschweiz». Zusätzlich wurde ein Vorschlag unterbreitet. Der Wortlaut: Wird kein Gesuch um Marschbewilligung gestellt, wird die Anreise im Extrazug verboten. Und weitere, laut Pessotto absurde Auflagen, seien auferlegt worden. So hätten die Fans einen Teil des Marsches ohne Gesänge auskommen müssen. Dies, weil vom Bahnhof Luzern bis nach der Langensandbrücke ein Singverbot geherrscht hätte.

Hoffnung auf die Rückkehr zur angestammten Methode

Eine Marscherlaubnis hätte sie nur pro Forma einholen müssen, sagt Pessotto. «Nebst dem, dass ich weder Veranstalterin noch Verantwortliche dieses Marsches bin, wurde mir auch juristisch dringend davon abgeraten, in meinem Namen den Fanmarsch anzumelden.»

Die Fanarbeiterin sagt gegenüber «Zentralschweiz», dass man sich eine Rückkehr zur angestammten, vor 2022 praktizierten Methode wünsche. Denn diese habe, mit Ausnahme von ein zwei Ausreissern, zehn Jahre lang geklappt. Doch Pessotto glaubt nicht daran. «Manchmal könnte man fast den Eindruck bekommen, die Polizei hätte ein Interesse am Erreichen der nächsten Eskalationsstufe», sagt sie in Bezug auf das späte Eingreifen der Polizei in die Massenschlägerei im letzten November vor dem Luzerner Fanlokal «Zone 5». Auch aus Luzerner Kreisen käme laut «Zentralschweiz» ein ähnlicher Verdacht.

Auch den erneuten Aufschrei nach ID-Pflicht in den Schweizer Fussballstadien kann Pessotto nicht nachvollziehen. «Wie soll denn das personalisierte Ticket Sachbeschädigungen in einer S-Bahn oder Ausschreitungen ausserhalb der Stadien verhindern?» Auch eine Gästesektor-Schliessung würde laut ihr die Fans nicht davon abhalten, ihrem Lieblingsverein nachzureisen. Zudem wird von der Luzerner Politik die Abwälzung der entstandenen Kosten auf die Vereine verlangt. Für Pessotto ist dies schlicht unmöglich. Denn kein Verein könne alle seine Fans ausserhalb des Stadions kontrollieren. Sie betont aber immer wieder, dass sie die Vandalismusakte der Fans in keinster Art und Weise unterstütze und diese klar verurteile und bedaure.

Kein Kommentar zur Aufhebung der Fanmärsche

Zu den Vorfällen und Vorwürfen der FCB-Fans im Januar 2022 wollte die Kantonspolizei Luzern gegenüber «Zentralschweiz» keine Stellung beziehen, da sie das bereits getan hätte. Laut «Bajour» passierte dies gar zwei Mal, wobei die Gesetzeshüter ihr Narrativ veränderten. Dies, weil die Basler Fans die Glaubwürdigkeit mit Hilfe von Videos in Frage gestellt haben. Klar wehrt sie sich aber gegen den Vorwurf, die Situation vor der «Zone 5» absichtlich eskaliert haben zu lassen. Man sei mit grosser Präsenz vor Ort gewesen.

Der späte Zeitpunkt des Debriefings sei darauf zurückzuführen, dass erst einmal mit allen Parteien ein passender Termin gefunden werden musste. Intern habe man kurz nach dem Spiel eines durchgeführt. Auch, dass Videomaterial gelöscht wurde, hält die Kantonspolizei Luzern für eine Unwahrheit. Des Weiteren habe die Polizei nie mit einem Extrazugverbot gedroht. Sie sei dazu gar nicht befugt.

Es bleibt offen, wie es weitergeht

Weshalb man von der angestammten Methodik der eng begleiteten Fanmärsche weggekommen ist, bleibt laut «Zentralschweiz» unkommentiert. Die Polizei weise lediglich darauf hin, dass diese bewilligungspflichtig sind und dies in der Obhut der Stadt liegt.

Bis zum nächsten Aufeinandertreffen der beiden Vereine in der Leuchtenstadt fliesst noch viel Wasser den Rhein, respektive die Reuss hinab. Was aber sicher ist: Im Herbst dieses Jahres wird das Drama zwischen der Muttenzerkurve und der Kantonspolizei Luzern um einen Akt reicher.

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