
Schweizer Medien uneinig über EU-Verhandlungen
Baseljetzt
Schweizer Medien beleuchten die EU-Verhandlungen unterschiedlich. Das SRF befürchtet Widerstand, die «Handelszeitung» betont die Notwendigkeit der Zusammenarbeit, während der «Blick» mehr Transparenz fordert.
SRF warnt vor anhaltender Kritik und Skepsis
So äussert sich das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) online zu den Verhandlungen mit der EU:
«Im Frühling 2021 tat der Bundesrat etwas, was sich die EU nicht gewohnt ist: Die Schweizer Regierung brach die Verhandlungen über das Rahmenabkommen ab. Rückblickend sind sich viele einig: Es war damals der wohl richtige Entscheid. Denn das nun vorliegende Vertragspaket mit der EU ist substanziell besser als das Rahmenabkommen. Die Schweizer Unterhändler haben zwar nicht alles, aber dennoch einiges erreicht. […] Doch der Widerstand ist nicht kleiner geworden. Neben den kritischen Gewerkschaften und der SVP, die neue Verträge mit der EU kategorisch ablehnt, mischen nun auch deutlich mehr skeptische Unternehmer mit. […] Wenn die Gewerkschaften die neuen Verträge mit der EU am Schluss nicht unterstützen, gibt es innenpolitisch keine Mehrheit.»
Handelszeitung betont wichtige Zusammenarbeit
Auch die «Handelszeitung» gibt ihre Meinung ab. Sie schreibt online zu den Verhandlungen mit der EU:
«Die Bundesräte haben zu Recht auf den grösseren Zusammenhang der ganzen Übung hingewiesen. Da sind zum einen die wirtschaftlichen Abhängigkeiten: Die Schweiz ist sehr eng mit der EU verflochten – beim Handel, bei den Wertschöpfungsketten und bei der Personenfreizügigkeit. Unsere Unternehmen sind auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen und sie tragen zu unserem Wohlstand bei. Und dann gibt es da den geopolitischen Kontext: Die Welt spaltet sich immer stärker in sich feindlich gesinnte Blöcke auf. Da ist es nicht ratsam, sich der Zusammenarbeit mit Europa zu verweigern; jenem Block, der uns historisch und wirtschaftlich am nächsten steht und für uns am wichtigsten ist. […] Dass die erzielte Einigung die Debatten in der Schweiz fundamental verändert, ist nicht zu erwarten. Wer auf kompletter Eigenständigkeit in der Rechtssetzung der Schweiz beharrt – bei der Zuwanderung, wie bei Regeln in anderen Bereichen des bilateralen Austauschs – wird mit dem Erreichten unzufrieden sein und es ablehnen. Mit einer solchen Haltung ist aber jeder Versuch, eine geregelte Übereinkunft zu finden, zum Scheitern verurteilt. Zum einen kann die EU der Schweiz nicht mehr anbieten, als die eigenen Mitgliedsländer zu befolgen haben. Zum zweiten existiert eine komplette Unabhängigkeit in keiner Art von Beziehung.»
Vom Blick hagelt es Kritik
Schliesslich äussert sich auch der «Blick«. Er kritisiert den Bundesrat:
«Noch bevor das Verhandlungsergebnis überhaupt auf dem Tisch lag, wurde das Abkommen zerredet und zerpflückt. Der Bundesrat hielt stur an seiner Nicht-Kommunikation fest. Ein groteskes Verhalten in einer Zeit des Dauersendens, in der jede Lücke gnadenlos gefüllt wird. Nun schlägt die Stunde der Wahrheit: Schluss mit «Low Level»! Hat der Bundesrat mehr Lust zu erklären, warum es aus seiner Sicht ein Abkommen braucht? Wollen Cassis und Co. die Debatte drehen? Wenn ja, braucht der Bundesrat eine Strategie, wie er Parlament und Volk vom EU-Deal überzeugen will. Vor allem aber muss er ehrlich aufzeigen, welche Verpflichtungen die Schweiz eingeht. Was das Land gewinnt – und was es verliert. Oder haben im Bundesrat längst die Skeptiker das Sagen? Glaubt die Mehrheit insgeheim gar nicht mehr an den Erfolg eines neuen Abkommens? Auch dann wäre Ehrlichkeit gefragt. Sonst werden die Endlos-Konsultationen nach den Endlos-Verhandlungen zur Alibiübung.» (sda/jab)
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akjo
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