Ständerat will minderjährig geschlossene Ehen entschiedener schützen
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Heiraten
Schweiz

Ständerat will minderjährig geschlossene Ehen entschiedener schützen

12.03.2024 11:47

Baseljetzt

Der Ständerat will minderjährig verheiratete Personen besser und länger schützen. So soll ein Gericht künftig minderjährig geschlossene Ehen neu bis zum 25. Lebensjahr für ungültig erklären können.

Heute ist das nicht möglich, wenn die minderjährig verheiratete Person das 18. Lebensjahr vollendet hat und damit volljährig geworden ist. In Zukunft sollen nach Erreichen der Volljährigkeit primär die betroffene Person, aber auch die Behörden genügend Zeit bekommen, um allenfalls gegen die Ehe vorzugehen.

Ein zweiter Kernpunkt der Vorlage ist, dass Minderjährigenheiraten in der Schweiz in Zukunft generell ungültig sein sollen, wenn einer der Ehegatten im Zeitpunkt des Eheschlusses seinen Wohnsitz in der Schweiz hatte.

«Ferien-Hochzeiten» im Ausland einen Riegel schieben

Diese Regelung zielt insbesondere darauf ab, sogenannte Sommerferienheiraten zu verhindern. Damit ist gemeint, dass in der Schweiz wohnhafte Minderjährige während ihrer Ferien im Ausland verheiratet werden. Im Weiteren sollen im Ausland geschlossene Ehen, in denen der eine Partner noch nicht 16-jährig ist, generell nicht anerkannt werden.

Der Ständerat hat am Dienstag die entsprechende Bundesratsvorlage, welche aus Änderungen mehrerer Erlasse besteht, nach kurzer Diskussion einstimmig gutgeheissen. Sie geht nun in den Nationalrat.

Interessenabwägung bleibt bestehen

Das geltende Recht sieht bei Minderjährigenheiraten die Möglichkeit vor, sie in Einzelfällen zu tolerieren. Daran soll künftig festgehalten werden. Ist eine Person zum Zeitpunkt der Beurteilung noch minderjährig, soll die Ehe fortgeführt werden können, sofern dies dem überwiegenden Interesse der Betroffenen entspricht.

Ist die Person allerdings zwischen 18 und 25 Jahre alt, so muss sie aus freiem Willen erklären, dass sie an der Ehe festhalten will.

Es sei sinnvoll, an dieser Interessenabwägung festzuhalten, sagte am Dienstag Daniel Jositsch (SP/ZH), der Präsident der ständerätlichen Rechtskommission. Vorstellbar sei etwa der Fall, dass eine 17-Jährige aus einem Land, das die Ehe schon ab 16 Jahren zulasse, einen Volljährigen heirate, in die Schweiz komme und schwanger werde. Ein solcher Fall sei spezifisch zu prüfen.

Nicht jede Minderjährigenheirat sei eine Zwangsheirat. Für diese Art der Heiraten gebe es spezielle Regelungen.

Der Ständerat debattierte über Änderungen des Zivilgesetzbuches, des Ausländer- und Integrationsgesetzes, des Asylgesetzes, des Partnerschaftsgesetzes und des Bundesgesetzes über das Internationale Privatrecht.

Er folgte auch dem Antrag seiner vorberatenden Kommission, eine Änderung im Schweizerischen Strafgesetzbuch vorzunehmen: Durch eine Spezifizierung eines Artikels sollen sich Zwangsheiraten künftig unabhängig davon, ob es sich dabei um zivile oder religiöse Zwangsheiraten handelt, strafrechtlich ahnden lassen.

350 Verdachtsfälle zwischen 2013 und 2017

Erzwungene Ehen und Ehen mit Minderjährigen sind in den vergangenen Jahren vermehrt ins Bewusstsein einer breiten Öffentlichkeit gerückt. In der Schweiz zählten Behörden in einer Erhebung zwischen 2013 und 2017 insgesamt rund 350 Verdachtsfälle ungültiger Ehen wegen Zwang oder Minderjährigkeit.

Der Bundesrat präsentierte den Entwurf seiner Vorlage zum Schutz von Minderjährigen vor Zwangsehen im vergangenen August. (sda/daf)

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