Vom «schwebenden» Pausenplatz bis zum Ozeanium: Diese Bauprojekte wurden nie realisiert
©Bilder: Keystone/Facebook/Peter Suter Sammlung / Montage: Baseljetzt
Architektur
Basel-Stadt

Vom «schwebenden» Pausenplatz bis zum Ozeanium: Diese Bauprojekte wurden nie realisiert

23.03.2023 05:02
Jennifer Weber

Jennifer Weber

Kein Rhein in Basel, ein «schwebender» Pausenplatz und ein «Ozean» an der Heuwaage. Es gibt unzählige Bauvorhaben in Basel, die nie umgesetzt wurden. Hier findest du sieben spannende Projekte.

Stöbert man im Buch «Basel ungebaut» (Christoph Merian Verlag, 2022), findet sich so manch extravagantes Basler Bauprojekt, das nie realisiert wurde. In einigen Fällen vielleicht besser so, in anderen Fällen eher bedauerlicherweise.

Wie Basel architektonisch gesehen heute aussehen könnte, möchte ich dir anhand von sieben Beispielen aus «Basel ungebaut» zeigen.

«Schwebender» Pausenhof für die Petersschule

In der internationalen Architekturwelt ist es das wohl bekannteste Basler Schulhaus – obwohl es gar nie gebaut wurde. Die Petersschule gilt als «vermutlich das am häufigsten publizierte unrealisierte Bauprojekt» von Basel, heisst es im Text von Tilo Richter.

Platz für elf Mädchenklassen, Turnhalle, Zeichensaal und ein Schulbad bietet der Wettbewerbsentwurf für den Neubau der Petersschule. Der Basler Architekt und Dozent Hannes Meyer (Architekt des Freidorfs in Muttenz (1921) und Nachfolger von Walter Gropius als Direktor des Bauhauses von 1928 bis 1930) und sein Büropartner Hans Wittwer reichten den Entwurf 1926 ein.

Die Petersschule von Meyer und Wittwer hätte zwischen Peterskirche, Stiftsgasse und Nadelberg erbaut werden sollen. Da, wo auch heute die Petersschule zu finden ist. Viel Stahl und Glas hätten zu einem von Licht und Luft durchfluteten Schulhausbau beitragen sollen.

Besonders originell war der «schwebende» Pausenplatz: Zwei an Stahlseilen hängende Terrassen hätten die Kinder für ihre Znüni-Pause nutzen können. Auch sonst bestach der Entwurf durch seine Innovationsfreude. Die Architekten lösten sich von traditionellen Formen und verzichteten auf klassische Grundrisse, Konstruktionsmethoden und Materialien.

Der Entwurf wurde zwar in der ersten Runde abgelehnt, bleibt jedoch ein fester Bestandteil der Architekturgeschichte des 20. Jahrhunderts.

Mittlere Rheinbrücke mal zwei

Du liest richtig: Aus einer Mittleren Rheinbrücke mach zwei. Das war zumindest die Idee von Friedrich Keck im Jahr 1899. Er war verantwortlich für den Entwurf «Rhein-Brücken-Project mit Markt- & Volkshalle für Basel». Neben der doppelten Brücke war – wie der Projektname schon sagt – ausserdem eine Markt- und Volkshalle aus Gusseisen und Glas mitten auf den Brücken vorgesehen. Diese sollte als Verbindungsglied der beiden Brücken dienen.

«Fischmarktbrücke» hätte der neue, flussabwärts liegende Teil heissen sollen. Auch der Basler Ingenieur Wilhelm Hetzel hätte sich eine Halle mitten auf den Brücken, wo an lauen Sommerabenden Konzerte über dem Rhein hätten stattfinden sollen, bestens vorstellen können. Doch der Grosse Rat entschied sich im April 1899 für eine einzige Mittlere Rheinbrücke am Ort der alten Rheinbrücke.

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So kennen die Basler:innen ihre Mittlere Brücke. Im November 1905 wurde die neue Mittlere Brücke mit einem Volksfest «eröffnet». Bild: Keystone

Man stelle sich vor, es gäbe die doppelte Mittlere Brücke mit der Markthalle tatsächlich, vielleicht würde es das Floss Festival am Kleinbasler Rheinufer neben der Brücke heute so gar nicht geben…

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Das Floss Festival lockt Sommer für Sommer die Basler:innen ans Kleinbasler Rheinufer. Bild: Keystone

Sterne gucken beim Petersplatz

Wäre es nach Ludwig Maring gegangen, stände heute beim Petersplatz eine Sternwarte. Um 1863 fertige er einen Grundriss dafür an. Private wollten der Universität Basel eine Sternwarte stiften und unter der Leitung von Eduard Hagenbach-Bischoff und Johann Jacob Stehlin d.J. entwickelte sich die Idee 1864 zu einer universitären Anstalt für Physik, Chemie und Astronomie weiter – dem heutigen Bernoullianum.

Doch realisiert wurde eine reine Sternwarte in Basel nie. Stattdessen findet man in Binningen die nächstgelegene Sternwarte. Wie praktisch heutzutage eine solche mitten in der Stadt mit all der Lichtverschmutzung noch wäre, ist fraglich.

Vom «schwebenden» Pausenplatz bis zum Ozeanium: Diese Bauprojekte wurden nie realisiert
Die Aussicht von einer Sternwarte mitten in Basel wäre wohl doch ein wenig anders. Hier im Bild ist die Sternwarte in Arosa zu sehen. Bild: Keystone

Um den Petersplatz herum entstanden in den folgenden Jahren universitäre Gebäude und damit wurde der Hauptsitz der Universität Basel vom Rhein weg weiter westwärts verschoben.

Vom «schwebenden» Pausenplatz bis zum Ozeanium: Diese Bauprojekte wurden nie realisiert
Einstige Anstalt für Physik, Chemie und Astronomie: Das Bernoullianum wurde von 1872 bis 1874 in der Nähe des Petersplatzes gebaut. Bild: Kanton Basel-Stadt: www.bs.ch/bilddatenbank

Bevölkerung lehnt Stadtcasino von Stararchitektin ab

Abgeschmettert an der Urne durch die Basler Stimmbevölkerung: Mehr als 60 Prozent lehnten im Juni 2007 das Siegerprojekt zum Umbau des Stadtcasinos der britisch-irakischen Stararchitektin Zaha Hadid ab. Die Enttäuschung der Initiant:innen war gross. Sollte doch das moderne Musikgebäude, in dem fünf Jahre intensive Projektarbeit steckten, über die Stadtgrenzen hinaus Bekanntheit erlangen.

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Ein Modell des Stadtcasinos von Zaha Hadid. Bild: Keystone

Ein gläsernes Erdgeschoss, um eine räumliche Verbindung zum Barfüsserplatz und Steinenberg zu schaffen. Eine flache Treppe, die den Barfi quasi in sich aufnimmt. Eine Lochblechfassade über dem verglasten Erdgeschoss. So hätte das Stadtcasino aussehen können.

Schliesslich wurde das Stadtcasino durch Herzog & de Meuron doch noch umgebaut und erweitert. 2020 feierte das Projekt nach knapp vier Jahren Bauzeit Eröffnung.

Schwimmen beim Wettsteinplatz

Im 19. Jahrhundert war fliessendes, und gar warmes Wasser in Arbeiterwohnungen noch eine Seltenheit. Deshalb waren öffentliche Anlagen zur Körperwäsche und -pflege, sogenannte Brausebäder, umso wichtiger. Und auch Orte für die Basler:innen, um schwimmen zu lernen, waren aufgrund der Angst vor Hochwasser gefragt. So entstanden die ersten Rheinbäder. Doch es fehlte ein Hallenbad.

Pläne für ein Hallenbad fertigte unter anderen der Basler Architekt Erwin Rudolf Heman 1907 an. Sein Entwurf des Schwimmbads hätte auf der Theodorsanlage beim Wettsteinplatz entstehen sollen, wäre opulent ausgestattet gewesen und im Jugend- und Heimatstil gebaut worden.

Auch andere Entwürfe für ein Hallenbad beim Wettsteinplatz entstanden zu dieser Zeit, doch keines wurde realisiert. Immer wieder scheiterten die Schwimmbad-Projekte an der Finanzierung. Erst im Jahr 1934 erhielt Basel sein erstes Hallenschwimmbad, das Rialto Hallenbad. Derzeit wird dieses umfassend saniert und ist bis voraussichtlich Ende August 2024 geschlossen.

Dass auch heute noch Schwimmbäder für grosse Diskussionen in Basel sorgen, beweist jüngst das Musical Theater. Es soll einem Olympia-Schwimmbecken weichen.

«Z’Basel an mym Rhy» – oder doch nicht?

Wohl niemand kann sich Basel ohne den Rhein, der sich elegant durch die Stadt schlängelt, vorstellen. Oder kannst du dir unsere Stadt ohne ihren Fluss ausmalen? Keine Fähren, keine offizielle Trennung von Gross- und Kleinbasel, keine warmen Sommerabende am Rheinufer, kein «die Stadt am Rheinknie». Glücklicherweise, möchte man fast schon sagen, wurde die 1932 von den Basler Brüdern Franz und Paul Wilde, die beide als Künstler arbeiteten, vorgeschlagene Umleitung des Rheins nie in die Tat umgesetzt.

Vom «schwebenden» Pausenplatz bis zum Ozeanium: Diese Bauprojekte wurden nie realisiert
So hätte der Rhein umgeleitet werden sollen, wenn es nach den Brüdern Franz und Paul Wilde gegangen wäre. Bild: Peter Suter Sammlung

Durch die Umleitung des Rheins sollte mehr Bauplatz gewonnen werden. Nur noch die viel schmalere Birs sollte durch die Innenstadt Basels fliessen. Gemäss des Entwurfs der Brüder Wilde hätte das Rheinbett von Birsfelden, hinter das Landgut Bäumlihof, über die Lange Erlen nach Weil-Friedlingen und dort wieder in den alten Flusslauf verlegt werden sollen. Der Titel für dieses Projekt: «Zukunftsbasel» beziehungsweise «Neu Basel». Franz Wilde hielt seinerzeit fest, «dass die Ausführungsmöglichkeit sehr wohl vorhanden ist».

Ein «Ozean» an der Heuwaage

Mehr als zehn Jahre steckte der Zoo Basel «viel Herzblut in das Projekt Ozeanium», doch auch dieses Vorhaben wurde von der Basler Stimmbevölkerung im Mai 2019 an der Urne abgelehnt – 54,6 Prozent waren dagegen. Der riesige Bau hätte in der Nähe des Zollis an der Heuwaage errichtet werden sollen.

15 Architekturbüros qualifizierten sich 2012 in einem international durchgeführten Wettbewerb, das Projekt «Seacliff» der Zürcher Boltshauser Architekten konnte schliesslich die Jury überzeugen. Doch nicht nur die Jury war überzeugt von diesem Stampflehmbau, der ein durchdachtes energetisches Konzept in sich vereinigte, auch im Grossen Rat konnte das riesige Aquarium die Mehrheit überzeugen. Die Baukosten von 100 Millionen Franken hätte der Zoo Basel mit privaten Spenden finanzieren wollen.

In der Bevölkerung aber überwogen die Bedenken bezüglich Tierschutz und Nachhaltigkeit und so wurde das Ozeanium, sehr zum Bedauern des Zollis, wieder begraben.

Hauptquelle für diesen Artikel: «Basel ungebaut», Christoph Merian Stiftung (Hg.), 2022.

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