Warum es der Aprilscherz heute schwer hat
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1. April
Schweiz

Warum es der Aprilscherz heute schwer hat

01.04.2024 11:44 - update 01.04.2024 11:48

Baseljetzt

«Heut’ ist der erste April, da schickt man den Narren, wohin man will» – der Aprilscherz war in den meisten westeuropäischen Ländern mal ein fester Brauch. In der heutigen Zeit hat er es aber eher schwer, nicht nur, weil heuer am Ostermontag keine Zeitungen erschienen.

Unklar ist, woher der Aprilscherz stammt. Ein Grund dafür könnte die Kalenderreform des französischen Königs Karl IX. gewesen sein. 1564 verlegte er Neujahr vom 1. April auf den 1. Januar.

Als «April-Narr» galt, wer an dem alten Datum festhielt. Andere Erklärungsversuche sehen den Ursprung im römischen Narrenfest zu Ehren des Kriegsgottes Mars oder im indischen «Hulfest». Bei beiden spielte Unfug eine grosse Rolle. Wahrscheinlich besteht auch ein Zusammenhang mit Frühlingsbräuchen.

Am Aprilanfang sollte man sich nicht nur vor Freunden und Familienangehörigen in Acht nehmen. Auch Politiker stellen an diesem Tag ihren Sinn für Humor unter Beweis. 1986 eröffnete der damalige dänische Ministerpräsident Poul Schlüter der internationalen Presse, Dänemark wolle sich für eine Abschaffung des Linksverkehrs in Grossbritannien einsetzen.

Ur-Scherz: Spaghetti-Ernte in der Schweiz

Aprilscherze werden auch von Medien, Institutionen und Firmen gezielt in Umlauf gebracht. Ein Klassiker stammt etwa aus dem Jahr 1957. Damals zeigt die britische Medienanstalt BBC Fernsehbilder von einer vermeintlich erfolgreichen Spaghetti-Ernte in der Schweiz.

Hunderte Zuschauer erkundigten sich darauf, wo die Pflanzen zu kaufen seien. Seitdem hat der Sender mit seinen Zuschauern mehrfach Schabernack getrieben. 2008 wollte er fliegende Pinguine entdeckt haben. Das teilweise computeranimierte Video wurde millionenfach im Internet angesehen.

Den guten alten Aprilscherz gibt es mittlerweile täglich im Internet oder den Sozialen Netzwerken. Es werden Scherzvideos millionenfach auf Social-Media-Kanälen geteilt. Sogenannte Pranks sind durch Plattformen wie Youtube und Tiktok bekannt geworden. In den Videos wird versucht, Freunde, Familienmitglieder oder Fremde durch Streiche zu ärgern.

Aprilscherz lebt vom Mini-Skandal

Der Übergang vom Scherz zur Desinformation ist fliessend. Täuschend echte, computergenerierte Bilder fluten das Netz, so etwa der Papst in der Daunenjacke oder Putin, der angeblich vor Chinas Präsidenten auf die Knie fällt. Lustig ist das nur für den, der es merkt.

Der Aprilscherz lebt von einem Mini-Skandal im öffentlichen Raum, wie der Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder der Nachrichtenagentur DPA sagte. Im Internet gebe es in Bezug auf Bilder aber fast keine Skandale mehr, weil fast alles gezeigt werden könne.

Ein weiterer Aspekt für die abnehmende Bedeutung ist laut Hirschfelder die allgemeine Kommerzialisierung der für die Bräuche etablierten Termine: Valentinstag, Halloween oder Weihnachten spielten eine immer grössere Rolle. «Dinge, die sich überhaupt nicht kommerzialisieren lassen, verlieren rapide an Bedeutung. Heutige kulturelle Marker brauchen nicht nur eine mediale, sondern eine kommerzielle Komponente. Das fehlt beim 1. April.» (sda/mik)

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