Weitere offene Fragen nach dem Ausbruch der beiden Häftlinge aus dem Bässlergut
©Bilder: Keystone / Kantonspolizei BS
Gefängnisausbruch
Basel-Stadt

Weitere offene Fragen nach dem Ausbruch der beiden Häftlinge aus dem Bässlergut

03.09.2024 14:18 - update 25.03.2025 15:08
Lea Meister

Lea Meister

Seit Montag ist bekannt, wie es den beiden Häftlingen gelungen ist, am Freitag aus dem Bässlergut zu fliehen. Dass das Überwachungsvideo ihrer Flucht öffentlich wurde, eröffnet weitere Fragen.

Am gleichen Tag, an welchem Baseljetzt darüber berichtet hat, wie den beiden Häftlingen die Flucht aus dem Gefängnis Bässlergut gelingen konnte, publizierte die Basler Zeitung ein Video, welches die Überwachungsbilder der Flucht zeigt. Auffällig daran ist: Die Aufnahmen wurden von einem Bildschirm abgefilmt.

Videoquelle: Basler Zeitung

Bei den beiden, die nach wie vor flüchtig sind, handelt es sich um einen 22-jährigen Tunesier und einen 37-jähriger Algerier. Der Tunesier floh aus dem vorzeitigen Strafvollzug. Ihm wird unter anderem versuchte vorsätzliche Tötung und versuchte mehrfache schwere Körperverletzung vorgeworfen, ebenso Raub, mehrfacher Diebstahl und Gewalt gegen Behörden. Der Algerier wurde wegen Sachbeschädigung, Hausfriedensbruch und rechtswidriger Einreise verurteilt.

Überwachungsvideo wurde in Polizei-Chat gestellt

Kann es also sein, dass ein Mitarbeitender des Bässlerguts das Überwachungsvideo abgefilmt und dieses an die Medien weitergegeben hat? Toprak Yerguz, Mediensprecher des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt, beschreibt auf Anfrage von Baseljetzt ein anderes Szenario: «Die Videosequenz wurde bewusst von den Sicherheitsmonitoren abgefilmt und dann sehr zeitnah in den polizei-internen Fahndungs-Chat gestellt.»

Ein Chat, auf welchen mehrere hundert Polizistinnen und Polizisten Zugriff haben, um in diesem Fall beispielsweise einen Eindruck des aktuellen Aussehens und von den Bewegungen und Kleidern der gesuchten Personen zu gewinnen. «Das erleichtert die Fahndung», so Yerguz. Wurde das Video also von einem Polizisten oder einer Polizistin weitergegeben? «Wir wissen nicht, wer das Video der BaZ zugespielt hat», sagt Yerguz. Auch wenn der Schaden sich in Grenzen halte, handle es sich dennoch um eine mutmassliche Amtsgeheimnisverletzung. «Diese kann personalrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, falls die Person ausfindig gemacht wird.»

«Grosse Wahrscheinlichkeit, dass sie gefasst werden»

Die beiden Häftlinge sind also noch immer auf freiem Fuss. Wie sieht der aktuelle Fahndungsstand aus? In einer ersten Phase habe man Patrouillen in der Umgebung des Gefängnisses losgeschickt, so Yerguz. Danach gehen die Polizeien (in diesem Fall trinational) eigenen Erkenntnissen und den Hinweisen aus der Bevölkerung nach. «Ist die Person ausgeschrieben, fällt dies bei der nächsten behördlichen Kontrolle auf und es erfolgt eine Festnahme.» Die Ausschreibung bleibe bestehen, bis es zur Festnahme komme.

Das Gefängnis Bässlergut befindet sich direkt neben dem Grenzübergang. Wer dort regelmässig am Abend über die Grenze fährt, beobachtet oft einen vermeintlich unbewachten Grenzübergang. Wäre eine Flucht also schwieriger gewesen, wenn mehr Zollbeamte im Einsatz stünden, wenn es langsam eindunkelt? Dieser Schein trügt, wie Toprak Yerguz betont: «Nur, weil an einem Grenzübergang niemand sichtbar ist, heisst das nicht, dass er nicht kontrolliert wird.» Das Grenzwachtkorps sei entlang der ganzem Grenze und nicht nur an den Strassengrenzübergängen tätig.

Yerguz fügt an, dass die Wahrscheinlichkeit gross sei, dass die beiden Flüchtigen früher oder später gefasst werden. «Bei der letzten Öffentlichkeitsfahndung nach einem entwichenen Insassen im Jahr 2019 wurde die Person noch am selben Tag gefasst.»

Drei Ausbrüche in 12 Jahren

Gefängnisausbrüche sind in Basel-Stadt nicht gerade an der Tagesordnung. In zehn Jahren kam es im Gefängnis Bässlergut nur zu zwei Ausbrüchen. Beim besagten Ausbruch im Jahr 2019 befand sich die Vollzugsanstalt noch im Bau, einige Trakte waren aber schon bewohnt. Eine Person konnte damals ausbrechen und nach einer Öffentlichkeitsfahndung wieder gefasst werden. Vor vier Jahren versuchten zwei weitere Personen, aus dem Bässlergut auszubrechen, kamen aber nicht weit. Sie wurden direkt nach dem Ausbruchversuch wieder gefasst.

Ein Ausbruch beschäftigte allerdings gar die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rats, die die Umstände dessen untersuchte und dabei Baumängel am Untersuchungsgefängnis Waaghof feststellte: 2012 gelang es drei Häftlingen, sich durch die Waschküchen-Mauer zu graben. Durch einen Leitungsschacht gelangten sie an die Aussenmauer, die sie ebenfalls durchgraben konnten und so ins Nachbarhaus und von dort aus durch die Decke in die Freiheit gelangten. Besonders verrückt muss dieser Ausbruch für die Bewohner der Wohnung an der Inneren Margarethenstrasse gewesen sein, die gegen Abend ein Loch in ihrer Decke bemerkten. Nach dem Durchbrechen der Aussenmauer war die Gipsdecke in der besagten Wohnung wohl kein Hindernis mehr für die drei Ausbrecher.

Dieser Fall sorgte für grosses Aufsehen in der Bevölkerung und der Medienlandschaft. Was vielen nicht bewusst ist: Ein Gefängnisausbruch an sich ist in der Schweiz nicht strafbar und kann nur Disziplinarmassnahmen nach sich ziehen – beispielsweise eine begrenzte Anzahl Tage in Einzelhaft. Delikte nach Strafgesetzbuch, die während der Flucht begangen werden, ziehen aber selbstverständlich eine Untersuchung nach sich.

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Kommentare

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04.09.2024 06:39

Thomy

Wichtig wäre das niemand nun für den Schlamassel gefährdet ist

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03.09.2024 14:58

figtree5

Intern stimmt in Basel Stadt bei den Vollzugsbehörden und der Polizei seit Jahren nichts mehr wirklich, ich weiss wovon ich rede

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