Wie Social-Media-Accounts Food Waste verharmlosen
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Cooking-Rage-Bait
Unterhaltung

Wie Social-Media-Accounts Food Waste verharmlosen

24.08.2024 16:40 - update 24.08.2024 16:41
Larissa Bucher

Larissa Bucher

Auf Instagram und Tiktok gibt es eine wachsende Zahl von Profilen, die mit absichtlich misslungenen Mahlzeiten Engagement generieren will. Diese Form von «Rage Baiting» sorgt für viel Kritik.

Die Personen hinter solchen Food-Accounts posten Videos, in denen sie «verpfuschte» Mahlzeiten für beispielsweise ihre Ehemänner kochen. Dabei erwecken sie den Eindruck, dass sie tatsächlich davon überzeugt seien, gut kochen zu können. Denn: «Cooking-Rage-Bait funktioniert besonders gut, wenn nicht sofort erkennbar ist, dass der Inhalt absichtlich negative Emotionen hervorrufen soll», erklärt Social Media-Expertin Lorella Liuzzo. So seien die Videos oft ähnlich, wie typische Rezeptvideos, aufgebaut und beginnen mit Sätzen wie „Cook dinner with me“.

Die Videos gehen derzeit viral, rufen aber auch viel Kritik hervor. Einerseits stören sich viele User:innen an dem absichtlichen Verschwenden von Essen, andere machen sich über die Person im Video lustig, da sie den Content für ernst gemeint halten und generieren somit mehr Hass im Internet. Hinzu kommt eine clevere Strategie: «Oft wird für den Ehemann oder die Kinder gekocht, was den Betrachter zusätzlich motiviert, Kommentare wie ‘Armer Ehemann’ oder ‘Wie unverantwortlich, dass du so für deine Kinder kochst’ zu hinterlassen», sagt Liuzzo. Der Ehemann oder die Kinder fungieren hierbei als weiterer Provokationsfaktor.

Oder ein anderes Beispiel: Sie schreiben zu einem absolut nicht italienischen Gericht Dinge wie «learned this recipe in Rome», was alle Italiener:innen auf TikTok veranlasst zu kommentieren.

«Rage Baiting» für mehr Klicks und Kommentare

Die Motivation hinter diesen Videos ist die Generierung von Engagement auf den jeweiligen Plattformen. Dies ist eine Art von «Rage Baiting», welches zum Ziel hat, Emotionen wie Wut, Empörung und Frustration gezielt zu schüren, um Aufmerksamkeit zu erhalten. Denn viele Kommentare und Klicks führen zu einer grösseren Reichweite und Millionen von Views. Es gehe aber nicht nur darum, andere wütend zu machen, sagt Liuzzo. «Im Ausland – anders als in der Schweiz – verdienen Creator durch TikTok-Views Geld, ähnlich wie auf YouTube. Je häufiger die Videos angesehen werden, desto mehr verdienen die Creator. Wer also wütende Kommentare hinterlässt, unterstützt die Creators letztlich auch finanziell – wenn auch indirekt.

@joshandmomma Johanna baby…thats a no…💀😂 this recipe comes straight out of the 50’s! Ask your parents if theyve ever tried it! #joshsmom #joshandmomma #cookingfail #cooking #dinner #lunch #easymeal #trending ♬ Che La Luna – Louis Prima

Cooking-Rage-Bait funktioniert in den sozialen Medien aus mehreren Gründen gut, erklärt Liuzzo. «Zum einen bieten solche Videos die Möglichkeit, soziale Normen oder Tabus auf humorvolle Weise zu brechen, ohne dass dies wirkliche Konsequenzen hat. Es ist ein bisschen wie ein visuelles Spektakel: Man ist schockiert und fasziniert zugleich und kann nicht wegsehen, auch wenn das, was passiert, völlig absurd oder unlogisch erscheint. Dieser Schockeffekt erzeugt auch ein starkes Bedürfnis, das Erlebte mit anderen zu teilen, um deren Reaktionen zu sehen und Teil einer grösseren, kollektiven Erfahrung zu sein. «Negative Gefühle wie Ungläubigkeit und Empörung machen diese Inhalte besonders ‘teilbar’, da sie zum Austausch und zur Diskussion anregen – nicht weil man es gut findet, sondern weil man die Reaktionen der anderen sehen möchte.

Food Waste als Rage Baiting

Lebensmittelverschwendung ist ein globales Problem. Schätzungen zufolge landet rund ein Drittel aller weltweit produzierten Lebensmittel auf dem Müll, was nicht nur ethische, sondern auch ökologische und ökonomische Folgen hat. Vor diesem Hintergrund erscheinen Cooking-Rage-Bait-Accounts geradezu zynisch. «Die absichtliche Verschwendung von Lebensmitteln löst so viel Empörung und Engagement aus, weil Essen etwas ist, das uns alle verbindet – unabhängig von Nation oder sozialer Klasse», erklärt Liuzzo.

@myjanebrain

My grandma taught me this pickle cake recipe

♬ original sound – JaneBrain

Gerade in Zeiten, in denen die Lebensmittelpreise aufgrund von Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheit steigen, wird das Thema noch emotionaler». Damit bietet es die perfekten Voraussetzung für «Rage Baiting». Denn viele Menschen kämpfen momentan mit einem knappen Budget. Zu sehen, wie Essen absichtlich verschwendet wird löst starke negative Emotionen bei ihnen aus. «Dieses gemeinsame Gefühl von Ungerechtigkeit und Wut schafft Engagement, weil die Menschen das Bedürfnis haben, sich dazu zu äussern und die Verschwendung in einer Zeit zu kritisieren, in der viele mit der Inflation kämpfen.»

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Kommentare

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25.08.2024 07:41

spalen

wie so oft geht es bei social media nur um den individuellen profit.

1 0
24.08.2024 16:40

Sonnenliebe

Food Waste ist leider eine schlimme Tatsache.

3 0

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