
Geschlossene Jugi Münchenstein: Das sind die Vorwürfe der Mitarbeitenden
Shahed Staub
Die Jugi Münchenstein musste schliessen: Alle Jugendarbeiter haben gekündigt, weil sie die finanziellen Mittel als unzureichend empfanden. Der zuständige Gemeinderat wehrt sich.
Seit 25 Jahren besuchten Kinder und Jugendliche die Jugi Münchenstein – einen Ort für Freizeit, Kreativität und Freiraum. Doch nun ist das Haus an der Tramstrasse in Münchenstein geschlossen, wie die bz letzte Woche berichtete. Wer hier derzeit anklopft, hofft vergeblich auf offene Türen.
Der Grund dafür: Alle vier Jugendarbeiter:innen haben innerhalb eines Jahres gekündigt. Sie werfen dem Gemeinderat von Münchenstein zu wenig finanzielle Mittel und fehlende Arbeitsressourcen vor – freie Stellen in der Jugi wurden nicht mehr besetzt. Das führte zu grossem Unmut bei den Mitarbeitenden, darunter auch bei Maximilian Becker. Er reichte seine Kündigung Ende Mai ein.

«Wenn offene Stellen nicht neu besetzt werden, leidet natürlich die Arbeitsqualität. Die Verantwortung, die dann auf nur einer Schulter lastet, ist einfach zu gross.» Dadurch habe man Aufgaben übernommen, die gar nicht im Stellenbeschrieb standen: Beratungsgespräche mussten gleichzeitig mit der Kinderbetreuung geführt werden, man verlor den Überblick bei den Treffpunkten, und plötzlich musste auch noch ein Praktikant für Betreuungsaufgaben eingearbeitet werden.
Gemeinderat Münchenstein: «Nichts gegen den Billiardtisch, aber uns fehlte ein Konzept»
Dies sei gravierend für die Jugendlichen. Sozialräume wie die Jugi seien wichtiger denn je, die Verwirklichung von Ideen elementar, und die Pflege sozialer Kontakte ein Grundbedürfnis. «Nur so können junge Menschen heranwachsen und zu einem wichtigen Teil der Gesellschaft werden», so Becker. Genau das habe er trotz der finanziellen Kürzungen bis zu seiner Kündigung den Jugendlichen vermitteln wollen.
«Das reichte jedoch nicht», meint David Meier, Gemeinderat in Münchenstein. Er ist mitunter verantwortlich für die finanziellen Kürzungen beim Jugendhaus. «Der Aufgabenkatalog einer Jugi hört nicht damit auf, für zwanzig Jugendliche einen Treffpunkt anzubieten. Das hat in den 1980er Jahren mal funktioniert. Wir haben jedoch höhere Erwartungen an die Jugendarbeit.“ So hätte man verstärkt Themen wie Medienkompetenz, Cybermobbing und Sexualprävention bei Jugendlichen angehen müssen. All diese Themen seien aber nicht aktiv bewirtschaftet geworden. «Nichts gegen den Kinosaal, nichts gegen den schönen Raum mit dem Billardtisch, das ist alles super. Aber mir fehlte ein Konzept, mir fehlten die Projekte, von denen gesamte Gemeinde profitieren konnten».

Dass die freien Stellen nach den ersten Kündigungen nicht neu besetzt wurden, habe mit einer Bedingung des Gemeinderats zu tun: «Der Gemeinderat wollte die Abgänge nur dann ersetzen, wenn klar definiert würde, welche grösseren Projekte priorisiert werden. Projekte, die der Gesamtsituation und der gesamten Gemeinde zugutekommen. Dafür verlangten wir ein Konzept. Dieses wurde von den Jugendarbeitern leider nicht vorgelegt.» Daher sah der Gemeinderat auch keinen Grund, die finanziellen Mittel wieder zu erhöhen.
Ein ungutes Gefühl: Wird die Jugi jemals wieder aufmachen?
Maximilian Becker spielt den Ball jedoch zurück: «All diese Vorwürfe wurden uns erst nach den Kürzungen der Gelder mitgeteilt.» Zeit zum Reagieren sei somit kaum geblieben. Becker bleibt daher das ungute Gefühl, dass hinter den Sparmassnahmen ein Plan der Gemeinde stecke: Die gesamte Budgetkürzung sei nur ein Vorwand politischen Eigensinns gewesen, um den Standort neu zu nutzen.
Ob Becker mit seinem unguten Gefühl richtig liegt, will Meier nicht kommentieren: «Das ist halt so, wie es halt mit Gefühlen ist. Das kann durchaus sein, dass es Menschen in der Politik gibt, die das Haus umnutzen wollen. Das weiss ich nicht». Und so bleibt die Situation verzottelt und ein Wiedereröffnungstag rückt in weiter Ferne. Die Lichter in der Jugi bleiben jedoch vorerst aus.
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Deha
Tschulding aber im Jugi will man doch nichts von “Themen wie Medienkompetenz, Cybermobbing und Sexualprävention” hören. Das sollen gerne die Schulen machen, wo man so oder so lernen muss. Im Jugi will man die Freizeit geniessen, darunter natürlich auch Kino schauen und Billard spielen.
Senfbrot
Hier wurden motivierte junge Sozialarbeiter mit echtem Interesse an den Judendlichen für Sparmassnahmen der Gemeinde geopfert. Ich würde mich schämen…..