Kein Platz mehr für Jugi im 4057: «Unsere Hoffnungen werden immer kleiner»
«Chill out»
Basel-Stadt

Kein Platz mehr für Jugi im 4057: «Unsere Hoffnungen werden immer kleiner»

15.09.2023 05:09 - update 15.09.2023 05:11
Manuela Humbel

Manuela Humbel

Das Jugi Chill out ist ein wichtiger Ort für Kinder und Jugendliche. Jetzt muss es umziehen – wohin es als nächstes geht, ist jedoch unklar.

Es war der erste Jugendtreff nach ganzen 14 Jahren ohne entsprechendes Angebot, der Jugendliche im Klybeck- und Kleinhüningen-Quartier niederschwellig beraten hat: Das Jugi Chill out. Ausserhalb von Zuhause und Schule können die Mitarbeitenden die Kinder und jungen Erwachsenen hier auffangen. Jetzt soll aber genau dieser Treffpunkt Ende Mai 2024 aus der Neuhausstrasse 21 verschwinden, das schreibt das Online-Medium 20 Minuten.

Erst im Jahr 2020 eröffnet, seither zweimal umgezogen und jetzt muss das Jugi nochmals von vorne anfangen – heisst, einen neuen Standort suchen. Das Gebäude, in dem es momentan eingemietet ist, wird nämlich abgerissen. Bei den Mitarbeitenden sinkt langsam die Zuversicht: «Die Hoffnungen werden immer kleiner, das muss ich ganz ehrlich sagen», so Claudia Gunzenhauser, Leiterin des Jugis. «Wir sind jetzt seit drei Jahren immer wieder auf der Suche und ziehen von Provisorium zu Provisorium.»

«Das ED kann uns keine Räumlichkeiten herbeizaubern»

Im dicht besiedelten Kleinhüningen sei es sehr, sehr schwierig, einen Platz für die Jugendlichen zu finden. Natürlich würde das baselstädtische Erziehungsdepartement (ED) bei der Standortsuche helfen und die Jugendarbeit (JuAr) unterstützen, aber: «Es ist halt schwierig, das ED kann uns auch nicht einfach irgendwelche Räumlichkeiten herbeizaubern, die es gar nicht gibt», so Gunzenhauser. «Wir können nicht einfach eine Wohnung mieten. Wir brauchen schon etwas Platz.»

Und mit «etwas Platz» ist «eine passende Grösse» von 150 bis 200 Quadratmeter gemeint. Das schreibt auch das ED auf Anfrage. Zudem benötige das Gebäude drei bis vier Räume, sanitäre Anlagen sowie eine Küche. «Idealerweise verfügt das Jugi auch über einen Aussenbereich, zum Beispiel einen Vorplatz oder einen Garten», so Gaudenz Wacker, Mediensprecher vom ED.

Ist dann ein solches Gebäude gefunden, das auf all diese Punkte zutrifft, ist es aber noch nicht geschafft. «Wir hatten schon fast neue Standorte gefunden, aber dann hat es geheissen, es sei schwierig mit den Anwohner:innen dort», so Gunzenhauser.

«Können viele Dinge auffangen, die Schule nicht kann»

Würde kein neuer Standort im Quartier gefunden werden, wäre das ein Verlust für das Quartier. Ein Quartier, in dem viele sozial benachteiligte Familien leben, Eltern, die vielleicht nicht immer die nötigen Mittel oder Zeit für ihre Kinder haben und Lehrpersonen, die nicht auf jedes einzelne Kind eingehen können. Es würde ein Ort fehlen, an dem die Jugendlichen ihre Freund:innen treffen können, bei den Hausaufgaben unterstützt werden oder sonstige Hilfe erhalten.

«Das Jugi ist ein Ort, an dem die Jugendlichen sehr niederschwellig Unterstützung erhalten. In den Gesprächen mit den Jugendarbeitenden hier kommen dann die Themen auf, die sie beschäftigen. Wir können viele Dinge auffangen, die beispielsweise an einer Schule nicht unbedingt Platz haben», so Gunzenhauser.

«Hier erzähle ich meine Geheimnisse»

Im Jugi sind Kinder und Jugendliche von zwölf bis zwanzig Jahren willkommen. Seit dem Jahr 2022 haben über 3’500 junge Menschen den Standort an der Neuhausstrasse besucht. Darunter auch Halime, Mustafa und Arin. Es ist ein Ort, an den sie kommen, wenn ihnen langweilig ist, sie ihre Freundin:innen treffen oder Spass haben wollen.

Aber auch dann, wenn sie Probleme haben und mit jemandem darüber sprechen wollen. «Hier erzähle ich meine Geheimnisse. Ich kann dem Jugi vertrauen. Dieser Ort bedeutet mir sehr viel», sagt die zwölfjährige Halime. «Es sind coole Leute hier, ich vertraue ihnen», stimmt ihr der ein Jahr ältere Mustafa zu. Es würde viel fehlen, wenn es das Jugi nicht mehr gebe, auch der «Spass», sagt der 13-Jährige ernst.

«Es wird mega schade und traurig sein. Ich habe den Ort wirklich gerne», so die gleichaltrige Arin. Auch Halime stimmt den Gedanken an ein Klybeck ohne Jugi Chill out traurig: «Ich würde niemandem mehr vertrauen können und würde auch keine Hilfe mehr bekommen. Dem Jugi vertraue ich sehr, sonst vertraue ich nicht so vielen», so Halime.

Falls der Jugendtreffpunkt im Quartier tatsächlich keinen Standort mehr findet, würden die Verantwortlichen versuchen, sich in einen Quartiertreffpunkt einzumieten, mobil oder draussen unterwegs zu sein. Denn: «Unser Angebot wollen wir auf keinen Fall verschwinden lassen», so Gunzenhauser.

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Kommentare

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15.09.2023 15:54

DAH1

Nur noch traurig und ein Schämer für das ED. Jetzt müssen die verantwortlichen Stellen ruhig sein wenn sich die Jugend auf der Strasse aufhält.

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