Zürcher Böögg entgeht wegen Böen für einmal den Flammen
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Zürcher Böögg entgeht wegen Böen für einmal den Flammen

15.04.2024 18:46 - update 16.04.2024 08:23

Baseljetzt

Der Zürcher Böögg hat seine letztjährige Scharte nicht ausmerzen können: Da es am Montagabend auf dem Sechseläutenplatz zu heftig windete, konnte der Holzstoss gar nicht erst angezündet werden.

Der Zürcher Böögg hat schon viel erlebt: Er wurde einmal von Linksaktivisten gestohlen und war auch von seinem Holzstoss gefallen. Doch da stand eine Reserve-Puppe bereit beziehungsweise sein Kopf explodierte noch am Boden.

Zum ersten Mal – mit Ausnahme der sogenannten Corona-Jahre – wurde nun aber der Holzstoss auf dem Sechseläutenplatz gar nicht erst angezündet. Die heftigen Böen liessen ein Feuer aus Sicherheitsgründen nicht zu, wie Felix Boller, der Präsident des Zentralkomitees der Zünfte Zürichs (ZZZ), den mit verschiedenen Behörden gemeinsam getroffenen Entscheid begründete.

Es seien andere Möglichkeiten – etwa ein Bewässern des Bööggs – geprüft worden. Am Ende sei aber klar gewesen: «Wir hatten gar keine Alternative.» Die Gefahr sei angesichts des hohen Holzstosses und der vielen Zuschauenden zu gross gewesen.

Der Böögg im Exil?

Der Böögg entkam damit am Montagabend den Flammen. Der weissen Schneemann-Figur, die wegen des diesjährigen Gastkantons Appenzell Ausserrhoden mit Hosenträgern und einer rauchenden Pfeife ausgestattet war, dürfte es aber dennoch irgendwann an den Kragen gehen. Das ZZZ heckt bereits entsprechende Pläne aus.

Das ZZZ steht deshalb schon mit dem Gastkanton Appenzell Ausserrhoden im Gespräch. Landamman Yves Noël Balmer gab am Abend der «NZZ» an, dass es «mehr oder weniger beschlossene Sache» sei, dass der Böögg auf Appenzeller Boden verbrannt werden soll. Ähnlich war das ZZZ schon während der Corona-Pandemie verfahren; als das Fest ausfiel kam die Schneemann-Figur 2021 im Exil – in der Schöllenenschlucht im Gastkanton Uri – auf den Scheiterhaufen.

Auch ohne Feuer ein Frühlingsfest

Auch wenn das eigentliche Highlight – der brennende Holzstoss mit dem knallenden Böögg – kurzfristig abgesagt werden musste, sorgte das Sechseläuten dennoch für die gewohnte Frühlingsfeststimmung.

So hatte am Montagnachmittag der grosse Umzug der Zünfte wie üblich und erst noch bei meist schönem Wetter stattgefunden. Rund 3500 «Zoifter» (Zünfter) in Kostümen und Uniformen, über 350 Reiter und gegen 30 Musikkorps zogen durch die Zürcher Innenstadt.

Mit dabei waren rund 130 Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft und Kultur. So etwa die früheren Bundesräte Hans-Rudolf Merz aus dem Gastkanton und Ueli Maurer aus dem Zürcher Oberland, der Zürcher Zoodirektor Severin Dressen sowie Komiker Kaya Yanar und Mundart-Sängerin Sina.

Dass auch viele aktive bürgerliche Politiker dabei waren, wirkte sich bis ins Bundeshaus aus: «Wer hätte je gedacht, dass wir wegen Sechseläuten einen Minderheitsantrag zur Besteuerung von Hochseeschifffahrts-Angestellten gewinnen», schrieb die in Bern gebliebene SP-Nationalrätin Jacqueline Badran auf X.

Sommer kommt auch ohne Böögg

Den Umzug nutzten auch ungeladene Gruppen. So übergossen sich auf der Bahnhofstrasse ein paar Klimaaktivisten mit «Öl» – man wisse auch ohne Böögg, dass ein «beispielloser Hitzesommer» bevorstehe, brachten sie vor. Den Umzug blockierten sie nicht sehr; die Zünfter und ihre Gäste schritten mehrheitlich unbeirrt über die von der Polizei mit Sand abgedeckte schwarze Flüssigkeit hinweg.

Das Sechseläuten war bereits am Freitag eröffnet worden, unter anderem mit einem gemeinsamen Marsch von Gastkanton-Delegation und Zunftmeistern sowie weiteren Gästen zum Lindenhof. Am Sonntag folgte der bunte Kinderumzug bei herrlichem Sommerwetter.

Und am Montagabend dauerte der Anlass, den die Zünfte als «zünftiges Zürcher Frühlingsfest» bezeichnen, noch lange an. Die Zünfter zogen sich in ihre Stuben zurück und statteten sich bis Mitternacht gegenseitig Besuche ab, wo sie sich in Reden aufs Korn nahmen.

Traditioneller Wetterprophet

Der Zürcher Böögg gilt der Legende nach als Wetterprophet: Je früher sein Kopf in die Luft fliegt, desto früher soll der Sommer beginnen und desto schöner soll er werden.

Gemäss einer Untersuchung von Meteoschweiz gibt es zwar keinen Zusammenhang zwischen Brenndauer und den mittleren Sommertemperaturen. Doch das Sechseläuten läutet als farbiges Frühlingsfest dennoch immer den Sommer ein – dies dürfte auch diesmal ohne brennenden Holzstoss der Fall sein. (sda/amu)

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15.04.2024 18:02

gimenez83

Mein Beileid an alle Zürcher!

1 0
15.04.2024 17:09

Maxli

Ich bin zwar kein Zürcher aber ich fühle mit den Zürchern. Das ist ein ganz schlimmer Moment. Der Böög wird nicht verbrannt. Etwa wie dr Morgestraich mit Licht.

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