Zwischen Sensation und Frust: Die Basler Achterbahnfahrt
©Bilder: Keystone
Saison 2022/2023
FCB

Zwischen Sensation und Frust: Die Basler Achterbahnfahrt

19.05.2023 15:57 - update 20.05.2023 21:25
Florian Metzger

Florian Metzger

Das 58. Saisonspiel bedeutet für den FCB das Aus in Europa. Eine glorreiche Conference-League-Kampagne findet damit im Halbfinal sein Ende. Eine Einschätzung über die Achterbahnfahrt zwischen Stolz und Enttäuschung.

Zuerst muss die gesamte Fussball-Schweiz dem FCB für diese überragende Conference League-Kampagne danken. Einmal mehr bringen die Basler dem Schweizer Fussball internationale Strahlkraft. Der FCB gewinnt in der Fünfjahres-Wertung die meisten internationalen Punkte für den Schweizer Fussball. Und das, obwohl es in der Meisterschaft alles andere als gut läuft.

Entsprechend mussten die Basler jeweils den langen Weg über die Qualifikation in Angriff nehmen. In dieser Saison hatten sie ganze drei Qualifikationsrunden zu überstehen, um in die Gruppenphase der Conference League zu gelangen. Auch deswegen war es am Donnerstag bereits das 58. Pflichtspiel dieser Saison. Eine unglaubliche Zahl. Verständlich, dass die Spieler auf dem Zahnfleisch laufen.

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Euphorie am 11. August 2022, als dem FCB im Penaltyschiessen im Joggeli das Weiterkommen gegen Bröndby gelingt. Bild: Keystone

So ist die 1:3-Niederlage im Rückspiel gegen Fiorentina auch nachvollziehbar. Nach dem Ausgleich für Basel in der 55. Minute kam offensiv nicht mehr all zu viel. Gerade in einem solchen Spiel, in dem der Gegner hauptsächlich den Ball in den eigenen Reihen zirkulieren lässt, ist die physische Belastung enorm hoch. Der FCB versuchte sich noch mit letzten Kräften ins Elfmeterschiessen zu retten – vergeblich. Die Enttäuschung nach der Entscheidung kurz vor Ende der Verlängerung ist natürlich riesig.

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Am 3. September 2022 jubelt Sion nach dem 2:1-Sieg gegen einen FC Basel, der zuvor ZSKA Sofia zweimal besiegt hatte. Bild: Keystone

Riesig ist die Enttäuschung dann auch, wenn es um das nationale Geschäft geht. Seit Bestehen der Super League hat der FCB noch nie so wenig Punkte gesammelt, wie in dieser Saison. Dabei fällt auf, dass die Basler den schwierigen Spagat zwischen Liga und Europa nicht auf die Reihe bekamen. Das Fazit: Unter dem europäischen Erfolg leidet die Meisterschaft. Nach 16 internationalen Spielen (inklusive Qualifikationsrunden) folgte jeweils unmittelbar ein Ligaspiel. Davon gingen ganze sechs Spiele verloren, sieben endeten mit einem Unentschieden und nur gerade drei Spiele konnte der FCB für sich entscheiden. Wenn er das internationale Spiel gewinnen konnte, hagelte es in der Liga sogar doppelt so viele Niederlagen (4), als wenn er das Spiel zuvor verloren oder Unentschieden gespielt hat (2).

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Am 16. März ging es für den FCB wieder ins Penaltyschiessen. Slovan wurde im Achtelfinale eliminiert. Bild: Keystone

Ein Grund für diese Diskrepanz zwischen Liga und Europa könnte bei der Einstellung der Spieler liegen. Für viele von ihnen ist der FCB nur ein Mittel zum Zweck. Eine Zwischenstation für eine grössere Liga. International sind die Augen von grossen Clubs aus Europa auf sie gerichtet. Ein Tor in der Schweizer Liga hat also den geringeren Einfluss auf ihren Marktwert, als ein Tor auf der europäischen Bühne. Gutes Beispiel dafür sind die Tore von Andy Diouf und Zeki Amdouni gegen Florenz, die ihren Marktwert wohl um Millionen erhöht haben. Das wissen auch die Spieler und es kann dazu führen, dass sie international vielleicht wenige Prozente näher an ihre Leistungsgrenze kommen und so über sich hinauswachsen können.

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Am 14. Mai dann der Hammer: Basel verliert mit 6:1 gegen den FC St. Gallen. Bild: Keystone

Ein weiterer Grund für die Basler Achterbahnfahrt liegt wohl auch bei den Gegnern. In der Liga ist der FCB oft der Favorit, der das Spiel gegen meist tiefstehende Gegner machen muss. International spielen die Kontrahenten öfter mit und der FCB findet aus einer kompakten Defensive nach schnellem Umschalten grosse Räume vor. Da er gegen Ende der Kampagne auch klar der Aussenseiter war, konnte er befreit aufspielen. Etwas, das in der Liga aufgrund der Tabellensituation nicht mehr möglich ist.

Nach dem Verpassen des europäischen Endspiels ist bei den Spielern nicht nur die Enttäuschung sondern auch der Druck enorm hoch. In den letzten drei Ligaspielen muss der FCB mindestens noch den fünften Platz erreichen, um die Chance zu wahren, auch nächste Saison international zu spielen. Erreicht er keinen europäischen Platz, hätte dies erhebliche Folgen. Der sowieso schon angeschlagene FCB würde sich in der Sommerpause gezwungen sehen, Spieler zu verkaufen und die Mannschaft zu verschmälern. Ohne europäische Belastung braucht er diese Breite im Kader nicht mehr. Zusätzlich fallen direkte Gelder für eine europäische Qualifikation weg. Vor allem die indirekten Einnahmen dürfte den FCB aber schmerzen. Ohne die europäische Bühne werden zukünftige Transfernachfragen und damit auch -Summen deutlich abnehmen.

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Grosse Enttäuschung am 18. Mai: Die Mittel gegen Fiorentina reichen nicht aus. Im Conference-League-Halbfinale endet eine tolle internationale Kampagne. Bild: Keystone

Bleibt zu hoffen, dass sich die Spieler dessen bewusst sind. Vielleicht können sie genau deshalb in den letzten drei Ligaspielen die so dringend nötige Leistungssteigerung schaffen. Ganz nach dem Vorbild der diesjährigen internationalen Kampagne.

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