77 Jahre Polaroid: Eine revolutionäre Entwicklung begeistert bis heute
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77 Jahre Polaroid: Eine revolutionäre Entwicklung begeistert bis heute

21.02.2024 06:10 - update 21.02.2024 12:58
Lino Klein

Lino Klein

In einer Welt, die von digitalen Bildern dominiert wird, erlebt eine analoge Kamera aus vergangenen Zeiten einen bemerkenswerten Aufschwung: die Polaroid.

Eine Kamera, ein Mann, 60 Sekunden und die Welt staunt. Am 21. Februar 1947, vor genau 77 Jahren, wird die erste Sofortbildkamera in New York vorgestellt. Erfunden von Edwin H. Land, bot sie eine bahnbrechende Lösung für sofortige Bildentwicklung. Land gründete seine anfangs kaum bekannte Firma mit dem Namen Polaroid in den späten 30er-Jahren. Sein Unternehmen wurde erst mit der Einführung der Sofortbildkameras zu einer milliardenschweren Weltmarke.

77 Jahre Polaroid: Eine revolutionäre Entwicklung begeistert bis heute
Bild: KeystoneEdwin H. Land aus dem Jahr 1947, wie er bei der Demonstration seiner Kamera ein Polaroidfoto von sich selbst abzieht

Bei der ersten Sofortbildkamera musste das Positiv vom Negativ noch selbst abgezogen werden, mit dem Erscheinen der Polaroid SX-70-Kamera in den 1970er Jahren wurde dieser Prozess erheblich vereinfacht. Die Kamera mit dem kleinen Motor, welcher surrend das fertige Foto ausspuckte, machte Edwin Land zum Multimillionär. Die Ära der Polaroid war damit eingeleitet.

Im Jahr 1980 trat Land als Firmenchef zurück und verstarb elf Jahre später. Den Niedergang seines Unternehmens erlebte er nicht mehr. Polaroid litt enorm unter der Digitalisierung. Fotos konnten nun innerhalb weniger Sekunden aufgenommen, versschickt und geteilt werden. Plötzlich wirkten die einst so schnellen Kameras langsam. Doch inmitten der Bilderflut sehnen sich die Menschen wieder nach unbearbeiteten Fotos. Man spricht von einer «Renaissance der Sofortbildkameras».

Ein Blick hinter die Linse: Wie funktioniert eine Polaroid-Kamera?

Anders als bei gewöhnlichen Kameras spuckt die Polaroid-Kamera das Foto direkt aus. Wenn der Auslöser gedrückt wird, öffnet sich der Verschluss der Kamera und das Bild wird belichtet. Das belichtete Fotopapier enthält Chemikalien, welche durch bestimmte Prozesse in der Kamera entwickelt werden. Dies geschieht in der Regel durch Hitze, die durch ein integriertes Heizelement erzeugt wird.

Das fertige Foto wird aus der Kamera ausgegeben, normalerweise an der Vorderseite oder Oberseite. Es entwickelt sich langsam, während es rauskommt, und innerhalb weniger Minuten ist das Bild vollständig sichtbar.

Weshalb erlebt die Polaroid-Kamera ein Comeback?

Polaroid-Fotos sind Unikate. Im digitalen Zeitalter, in dem Bilder leicht reproduziert und geteilt werden können, bieten Polaroids eine einzigartige und authentische Möglichkeit, Momente festzuhalten. In einer Welt, die von digitalen Bildern und Technologien dominiert wird, suchen viele Menschen nach analogen Erfahrungen und einer Pause vom Bildschirm. Polaroid-Fotografie bietet eine Möglichkeit, sich vom Digitalen zu trennen und den Moment bewusst zu erleben.

Ausserdem erzeugen die Sofortbilder eine emotionale Verbindung und erinnern an vergangene Zeiten. Viele Menschen schätzen diesen nostalgischen Wert und den einzigartigen Charme der Kamera. Der Wunsch, sich in eine Zeit zu versetzen, in welcher das Gefühl der Leichtigkeit und Unbeschwertheit aufkommt, löst bei vielen Euphorie aus.

Durch die Polaroid Fotografie wird man gewissermassen eingeschränkt. Der Fotograf oder die Fotografin hat nur wenige Augenblicke Zeit, das passende Foto zu schiessen. Viele sind vom Gedanken, sich einer kreativeren Herausforderung zu stellen, angetan. Die manuellen Einstellungen fördern, mehr auszuprobieren und mutig zu sein.

Verbindung zwischen Polaroid und Kunst

Viele Künstlerinnen und Künstler nutzen die aussergewöhnliche Technik der Polaroid-Kameras. So auch Popart Künstler Andy Warhol. Dieser dokumentierte beispielsweise anhand von Polaroid-Fotos das New Yorker Nachtleben der 1970er- Jahre. Die Schnelligkeit und Einfachheit der Polaroid-Technologie ermöglichte es Warhol, seine künstlerischen Ideen sofort festzuhalten und weiterzuentwickeln. Er experimentierte mit Belichtung, Farben und Kompositionen, um neue visuelle Effekte zu erzielen. Darüber hinaus nutzte er die Sofortbilder als Grundlage für seine berühmten Siebdrucke, indem er sie abfotografierte und vergrösserte.

Auch bei Schweizer Fotografinnen und Fotografen fanden die Kameras Anklang. Die Schweizerin Hannah Villiger etwa erkundete in den 70er-Jahren ihren Körper, indem sie Bilder von sich selbst schoss. Die Selfie-Pionierin stellte ihre Werke in wichtigen europäischen Institutionen wie der Kunsthalle Basel, dem Museum für Gegenwartskunst in Basel und dem Kunstverein in Frankfurt aus. Villiger spielte eine bedeutende Rolle in der Entwicklung der Selbstporträts.

Polaroid-Fotografie zeichnet sich vor allem heute durch ihre einzigartige Ästhetik aus. Die Körnung, die Farben und Kontraste, sowie die unvorhersehbaren Ergebnisse machen jedes Polaroid-Bild zu einem einzigartigen Kunstwerk.

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