Ab Mitte Jahr gilt bei sexuellen Handlungen «Nein heisst Nein»
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Sexualstrafrecht
Schweiz

Ab Mitte Jahr gilt bei sexuellen Handlungen «Nein heisst Nein»

10.01.2024 11:40 - update 10.01.2024 13:26

Baseljetzt

Ab Mitte Jahr gilt eine neue Regelung im Sexualstrafrecht. Eine Vergewaltigung, ein sexueller Übergriff oder eine Nötigung liegen neu vor, wenn das Opfer ausgedrückt hat, dass es damit nicht einverstanden war.

Der Bundesrat hat am Mittwoch das revidierte Sexualstrafrecht per 1. Juli 2024 in Kraft gesetzt. Das Datum entspreche dem Wunsch der Kantone, schrieb er dazu. Sie erhielten damit die benötigte Zeit, um sich auf die Neuerungen vorzubereiten und die betroffenen Behörden zu schulen.

Worte, Gesten, Freezing

Die Reform bringt die neue Regelung «Nein heisst Nein», die im Parlament kontroverse Diskussionen ausgelöst hatte. Als Zeichen der Ablehnung gilt neben Worten oder Gesten auch der Schockzustand des Opfers, das sogenannte Freezing.

Erstarrt das Opfer vor Angst und kann es weder Ablehnung äussern noch sich wehren, werden Täter neu ebenfalls wegen Vergewaltigung oder sexuellem Übergriff und sexueller Nötigung bestraft – wenn sie den Schockzustand des Opfers erkannt haben.

Nach geltendem Recht liegt nur dann eine Vergewaltigung oder eine sexuelle Nötigung vor, wenn das Opfer zur sexuellen Handlung genötigt wird, es also vom Täter bedroht wird oder der Täter respektive die Täterin Gewalt gegen das Opfer ausübt. Diese Voraussetzung gilt neu nicht mehr.

Tatbestand ausgeweitet

Der Tatbestand der Vergewaltigung umfasst neu nicht nur den Beischlaf gegen den Willen des Opfers, sondern auch «beischlafsähnliche Handlungen» die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind. Damit würden deutlich mehr sexuelle Handlungen als Vergewaltigung gelten, schreibt der Bundesrat.

Strafbar werden soll neu sogenanntes Stealthing: Dieser Tatbestand liegt bei einvernehmlichem Sex vor, wenn eine beteiligte Person aber heimlich und ohne vorgängiges Einverständnis der anderen Person das Kondom abstreift oder von Anfang an keines benutzt.

Im Sinn der Prävention können Täterinnen und Täter nach gewissen Delikten schon heute verpflichtet werden, Lernprogramme zu besuchen. Neu soll auch zu einem derartigen Programm verpflichtet werden können, wer beschuldigt wird, jemanden sexuell belästigt zu haben.

«Nein heisst Nein» in Räten umstritten

Das Parlament hatte das revidierte Sexualstrafrecht im vergangenen Juni verabschiedet. Besonders umstritten war, ob nun «Nein heisst Nein» oder der Weg über «Ja heisst Ja» gewählt werden sollte. Sexuelle Handlungen hätten gemäss diesem Grundsatz nur mit ausdrücklicher Zustimmung der Beteiligten stattfinden dürfen.

Umstritten war auch, ob Cybergrooming explizit unter Strafe gestellt werden sollte – gemeint ist das Anbahnen von Kontakten mit unter 16-Jährigen mit der Absicht, eine Sexualstraftat zu begehen. Das Parlament verzichtete schliesslich auf einen solchen Passus.

Die zuständige Kommission des Ständerates, der sich in diesem Punkt durchsetzte, hatte Abgrenzungsprobleme angeführt. Ebenso hatte sie argumentiert, dass der heutige gesetzliche Rahmen genüge, um Taten dieser Art zu ahnden. (sda/mei)

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