Basels bekannteste Polizistin «Mamafuma» kehrt aus der Pension zurück
©Bild: Baseljetzt
Personalmangel
Basel-Stadt

Basels bekannteste Polizistin «Mamafuma» kehrt aus der Pension zurück

29.05.2024 18:21 - update 30.05.2024 08:32
David Frische

David Frische

Die Basler Polizei kämpft mit Personalmangel – und holt nun Pensionierte zurück in den zivilen Dienst. Sie sollen die jüngeren Kolleg:innen entlasten. Eine der Rückkehrerinnen ist die stadtbekannte frühere Polizistin Brigitta Fumagalli.

«Warum nicht?», sagt Brigitta Fumagalli mit fragendem Blick. Vor wenigen Monaten sei sie von der Kantonspolizei Basel-Stadt angefragt worden, ob sie als Zivilangestellte in den Dienst zurückkehren möchte. Lange überlegen musste die heute 69-jährige und mittlerweile pensionierte Polizistin nicht. Sie sagte zu.

März 2018: Brigitta Fumagalli, von allen Bekannten liebevoll «Mamafuma» genannt, hat ihren letzten Arbeitstag als Leiterin des Polizeipostens Spiegelhof. «Was für ein Tag», erinnert sich Fumagalli heute. Ihr Team musste wegen allerlei Notrufe ausrücken, inklusive eines Bankalarms. «Wir rasten herum wie blöd!» «Mamafuma» strahlt, wenn sie an jenen Tag zurückdenkt. Wild gestikulierend erzählt Fumagalli, sie habe es stets geliebt, wenn es viel zu tun gab. Deshalb leitete ihr Mitarbeiter an jenem 3. März 2018 sämtliche Notrufe an die Polizeistelle Spiegelhof. Und bescherte seiner Chefin so einen letzten Arbeitstag, den sie nie mehr vergessen werde: «Es war so cool!», sagt Fumagalli heute in einem Café in der Clarastrasse. Und geniesst einen Schluck aus einem Glas mit kalter Schoggi.

Am Abend des 3. März 2018 gab die damals 63-Jährige ihren Dienstausweis und ihre Uniform ab. Mit der Pensionierung begann für die Baslerin ein neuer Lebensabschnitt.

Eine der fünf ersten Polizistinnen in Basel

Brigitta Fumagalli startete ihre Polizeikarriere im Jahr 1979: Mit 24 Jahren bewarb sie sich bei der Basler Polizei. Es war eine Zeitenwende. «Wir waren fünf Frauen, die 1980 die Polizeischule anfingen», sagt Fumagalli. Sie wurden zu den ersten Polizistinnen in der Kantonspolizei Basel-Stadt ausgebildet. Eine Frau bei der Polizei? Damals etwas Ungewohntes.

Basels bekannteste Polizistin «Mamafuma» kehrt aus der Pension zurück
Brigitta Fumagalli als Mitglied der ersten Polizeischule mit Frauen im Jahr 1980/81. Bild: Buch «Basler Polizei 1816–2016», Schwabe-Verlag

«Mamafuma» wagte diesen Schritt aus einem speziellen Grund: «Ich hatte in Spanien ein Erlebnis, das mich sehr prägte». Fumagalli arbeitete Ende der Siebzigerjahre in Madrid in der Schweizer Schule. Eines Tages habe sie mit eigenen Augen gesehen, wie eine niederländische Familie in ihrem Auto von der spanischen Polizei erschossen wurde. Die Familie sei der baskischen Terroroganisation ETA zugerechnet worden. Ein Irrtum, wie sich später herausstellte. Fumagalli sei unter Schock gestanden. «So etwas würde in der Schweiz nie passieren», war sie sich sicher.

«Polizistin ist eine Berufung»

Zurück in der Schweiz, entschied sie sich, Polizistin zu werden. «Ich bin eine Macherin. Und ich wollte mithelfen, die Sicherheit hierzulande zu wahren», erklärt sie. Aber sie war eine Frau. Und Fumagalli musste sich gegen Widrigkeiten durchsetzen. Der damalige Staatsschreiber habe auf ihre Bewerbung mit einem lauten «Das gibt’s ja nicht, es gibt in der ganzen Schweiz keine Frau in der Polizei!» reagiert und laut herausgelacht. «Mamafuma» erinnert sich, als wäre es gestern gewesen. «Aber ich überzeuge jeden», sagt sie mit ruhigem, aber bestimmtem Ton. 1979 konnte Fumagalli schliesslich loslegen und 1980 die Polizeischule antreten.

Seitdem war «Mamafuma» Polizistin. Und das aus einer Überzeugung, die sie bis heute hat. «Polizistin ist für mich kein Beruf, es ist eine Berufung.» Ihre Augen leuchten. Für sie ist klar: Diese Berufung ist mit der Pensionierung nicht zu Ende. Sie sehe sich auch heute als «Schugger». Einfach ohne Uniform und Dienstausweis.

Comeback beim Adventsessen schmackhaft gemacht

Im Juni 2024 wird «Mamafuma» in den Dienst zurückkehren. Sie werde in einem 20-Prozent-Pensum ihre Arbeit als Zivilangestellte bei der Polizei wieder aufnehmen. Stolz und Vorfreude schwingen in ihren Aussagen mit. Fumagalli greift auf dem Stuhl neben sich in einen Plastiksack und zückt ihren früheren Dienstausweis. Ebenfalls dabei hat sie ihre damalige Dienstnummer und einen silbernen Becher ihres Ausbildungsjahrgangs 1980/81. Fumagalli belegte damals im Sporttest bei den Frauen den 1. Platz.

Basels bekannteste Polizistin «Mamafuma» kehrt aus der Pension zurück
Brigitta Fumagalli präsentiert Erinnerungsstücke an ihre über 40-jährige Polizeikarriere. Bild: Baseljetzt

Ein mögliches Comeback bei der Basler Polizei sei erstmals letzten Dezember zum Thema geworden. Beim gemeinsamen «Niggi Näggi»-Abendessen der pensionierten Polizist:innen habe die Kantonspolizei Basel-Stadt aktiv für einen Wiedereinstieg als Zivilangestellte geworben. «Pensioniert, aber noch voller Tatendrang?», sei da auf den Tischen liegenden Flyern gestanden. Für zwei Hände voll Pensionierte, darunter Brigitta Fumagalli, war klar: Sie sind es noch.

Bewaffneter Dienst nicht mehr möglich

Dass die Kantonspolizei Probleme bei der Suche nach zusätzlichem Personal hat, ist kein Geheimnis. Wegen des allgemeinen Fachkräftemangels habe man Schwierigkeiten, genügend Polizistinnen und Polizisten zu rekrutieren. Deshalb hat man verschiedene Massnahmen ergriffen, wie Polizeisprecher Stefan Schmitt gegenüber Baseljetzt mitteilt. «Eine dieser Massnahmen ist die Rekrutierung von pensionierten Mitarbeitenden, die als zivile Mitarbeitende in den Dienst der Kantonspolizei Basel-Stadt zurückkehren wollen. Bewerben konnten sich Interessentinnen und Interessenten für verschiedene Aufgabenbereiche.»

Dabei handelt es sich beispielsweise um administrative Aufgaben wie das Erfassen von Anzeigen auf dem Polizeiposten. Sie sollen den Polizist:innen Unterstützungsaufgaben abnehmen. In den bewaffneten Dienst können pensionierte Polizistinnen und Polizisten nicht zurückkehren, wie Schmitt erklärt. Das will «Mamafuma» aber auch gar nicht. «Ich werde wieder auf dem Polizeiposten arbeiten, damit der Kollege raus gehen, oder sich wieder einmal frei nehmen kann.» Entlastung sei das Ziel.

Fumagallis Teilzeitanstellung auf Stundenlohnbasis ist vorerst auf ein Jahr befristet. Ebenfalls mit dabei: Eveline Schwizer. Wie Fumagalli begann auch sie im Jahr 1979, bei der Basler Polizei zu arbeiten, und kehrt nun als Frau der ersten Stunde in den Dienst zurück. Fumagalli und Schweizer sind bis heute gut befreundet.

«Mamafuma» packt ihre Erinnerungsstücke wieder in den Plastiksack. Sie muss los. In 15 Minuten beginnt ihr Kurs bei der Kantonspolizei, den sie seit diesem Monat besucht. «Rund ein Dutzend ehemalige Polizistinnen und Polizisten werden noch diesen Monat geschult und bei Interesse und Eignung ab Juni als zivile Mitarbeitende angestellt», erklärt Polizeisprecher Schmitt. Heute steht für Fumagalli und die anderen Rückkehrer:innen unter anderem auf dem Programm: ein Fototermin für den neuen Dienstausweis. Den wird «Mamafuma» brauchen, wenn sie ab Juni wieder auf der Polizeiwache Clara anzutreffen ist.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.