«Basler Anhängerschaft bis zur Winterpause unter verschärfter Beobachtung»
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«Basler Anhängerschaft bis zur Winterpause unter verschärfter Beobachtung»

11.09.2024 10:32 - update 11.09.2024 18:00
Lea Meister

Lea Meister

Im Vorfeld des Auswärtsspiels des FC Basel gegen den FC Sion kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Die KKJPD hat am Mittwoch über die beschlossenen Massnahmen informiert. Der FCB zeigt sich irritiert.

Vor dem Auswärtsspiel des FC Basel gegen den FC Sion vom 31. August kam es zu einem Angriff zweier Gruppen. «Eine teilweise vermummte Gruppe von rund 20 Basler Anhängern suchte dabei gezielt ein bekanntes Fan-Restaurant in der Sittener Innenstadt auf», hiess es danach in einer Mitteilung der Behörden.

Videos zeigten schwarz gekleidete vermummte Personen, die aufeinander losgingen. Eine Person sei laut Polizei verletzt und ins Spital eingewiesen worden. Beim Rückmarsch zum Bahnhof sei ausserdem ein Jugendlicher beim Filmen des Fanmarsches von einem Teilnehmenden tätlich angegriffen worden. Der Angriff fand statt, als der Extrazug aus Basel noch relativ weit von Sion entfernt war. Es wurde deshalb die Kritik laut, dass keine Beweise dafür bestünden, dass es sich bei den Angreifern wirklich um Basler gehandelt hat.

Auswärtssektor in Sion beim nächsten FCB-Spiel gesperrt

Inzwischen sei «gesichert, dass die Aggressionen von Basler Anhängern provoziert worden sind», heisst es in der Mitteilung der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) vom Mittwoch. Es kommt nicht – wie vermutet – zu einer Sperrung der Muttenzerkurve gegen den FCZ oder YB, denn die Bewilligungsbehörden von Sion haben beschlossen, beim nächsten Auswärtsspiel des FC Basel gegen den FC Sion den Gästesektor zu schliessen.

Zudem werden auch keine Tickets für das Tourbillon an Basler Fans verkauft. Der FC Basel soll seine Fans zudem dazu bringen, beziehungsweise, «auf sie einwirken», nicht ans Spiel nach Sion zu reisen. «Die Basler Anhängerschaft steht ausserdem bis zur Winterpause unter verschärfter Beobachtung», heisst es in der Mitteilung weiter.

FCB-Fans «auf Bewährung» bis zur Winterpause

Auf den Start der aktuellen Saison hin wurde das Kaskadenmodell in Kraft gesetzt. Es gibt vor, wie Gewalt im Umfeld von Sportveranstaltungen sanktioniert werden soll. In einer Sitzung vom 3. September hatte die KKJPD beschlossen, die Ereignisse in Sion genauer anzuschauen, um «angemessene Massnahmen zu ergreifen».

Informationen zum Kaskadenmodell

Das Kaskadenmodell wird angewendet, wenn die betroffenen Fussballclubs oder die lokalen Bewilligungsbehörden nach einem Spiel zum Schluss kommen, dass eine schwerwiegende Handlung durch eine Fangruppe begangen wurde. Danach wird in einem strukturierten Prozess der Sachverhalt unter Anhörung der involvierten Parteien geklärt und gegebenenfalls eine Kaskadenstufe festgelegt. Der finale Entscheid über die zu treffende Massnahme liegt in jedem Fall bei der zuständigen Bewilligungsbehörde.

Das ursprünglich von der AG Bewilligungsbehörden vorgesehene Kaskadenmodell umfasste fünf aufsteigende Kaskadenstufen. Die fünfte Stufe sah dabei den «Bewilligungsentzug» (Forfait-Niederlage) vor. Auf Wunsch der SFL wurde die fünfte Stufe des Kaskadenmodells durch die mildere Massnahme «Geisterspiel für zwei Spiele» ersetzt. Anlässlich der Sitzung vom Donnerstag erklärten sich die Bewilligungsbehörden zudem bereit, die fünfte Stufe gänzlich zu streichen. Das finalisierte Kaskadenmodell sieht damit vier Kaskadenstufen vor.

Ausschreitungen, bei denen es zu keiner Gewalt gegen Personen gekommen ist, lösen auf den ersten zwei Kaskadenstufen mildere Massnahmen aus. Im Fokus stehen dabei der Dialog und eine strengere Einlasskontrolle und Videoüberwachung bei den nächsten Spielen. Auf den Stufen drei und vier werden strengere Massnahmen vorgesehen, wie die Sektorenschliessung der Fankurve und der Zuschauerausschluss. Bei allen vier Stufen bleibt weiterhin der ergänzende Dialog zwischen Behörden und Clubs zentral. (Informationen aus der Mitteilung von «Progresso»)

«Basler Anhängerschaft bis zur Winterpause unter verschärfter Beobachtung»

Sollte es in der Phase bis zur Winterpause zu «weiteren Aggressionen» seitens der FCB-Fans gegen andere Anhänger mit Verletzungsfolgen kommen, werde die Bewilligungsbehörde in Basel die Muttenzerkurve für eines der nächsten Spiele schliessen. «Die Bewilligungsbehörden fordern die Verantwortlichen des FC Basel auf, ihrer Anhängerschaft die Konsequenzen von weiterem Fehlverhalten für den eigenen Club klarzumachen», so die KKJPD weiter.

Auffällig an den getroffenen Massnahmen ist: Gewalt gegen Personen mit Verletzungsfolge führt zu Stufe 3 des Kaskadenmodells und kann eine Bewährungsphase von maximal fünf Spielen mit sich bringen. Im hiesigen Fall fällt die Bewährungsphase bis zur Winterpause aber länger aus. Florian Düblin, Generalsekretär der KKJPD, sagt auf Anfrage von Baseljetzt: «Das Kaskadenmodell soll Transparenz über das zu erwartende Vorgehen der Bewilligungsbehörden bringen.»

Bei der Anwendung brauche es allerdings einen gewissen Ermessensspielraum. Die Bewilligungsbehörde Basel-Stadt habe auf eine Sperrung der Heimkurve verzichtet – als Folge davon gelte die «Bewährungsfrist» dafür etwas länger.

Stephanie Eymann, Vorsteherin des Justiz- und Sicherheitsdepartements Basel-Stadt, sagt auf Anfrage von Baseljetzt, dass man sich in der Arbeitsgruppe darauf geeinigt habe, dass die Sperrung des Gästesektors beim nächsten FCB-Auswärtsspiel in Sion die angemessene Massnahme nach den Vorfällen vom 31. August sei. «Wir haben unseren Ermessensspielraum als zuständige Bewilligungsbehörden genutzt und auf eine Sperrung in Basel verzichtet, nehmen aber dafür die Fans des FCB bis zur Winterpause unter verschärfte Beobachtung», so Eymann.

Der FC Basel zeigt sich irritiert

Am Mittwochnachmittag äussert sich der FC Basel in einem Statement zu den von der KKJPD getroffenen Massnahmen. So verurteile der Klub «selbstredend» auch den Vorfall vom vorletzten Samstag in Sion – «unabhängig davon, wer daran beteiligt war». Es sei jedoch nicht nachvollziehbar, dass gemäss dem aktuellen Entscheid nun unschuldige FCB-Fans für einen Vorfall bestraft werden sollen, der sich weit über eine Stunde vor dem Eintreffen des Extrazuges und somit nachweislich ohne Beteiligung der gemeinsam anreisenden FCB-Supporter zugetragen habe.

Zudem werde der Klub von der KKJPD aufgefordert, «seiner Anhängerschaft die Konsequenzen von weiterem Fehlverhalten für den eigenen Klub klarzumachen». «Dies jedoch ohne jeglichen Hinweis darauf, welcher Teil seiner Anhängerschaft am Vorfall beteiligt gewesen sein soll und somit der korrekte Adressat eines solchen Aufforderung wäre», heisst es in der Mitteilung.

Entsprechend irritiert zeigt man sich beim FC Basel über das Vorgehen der Behörden in diesem Fall. Es sei dem Klub nicht bekannt, aufgrund welcher Tatsachen die Beteiligten dem Anhang des FCB zugeordnet wurden. «Konkrete Informationen zum Sachverhalt wurden nicht mit dem FCB geteilt.» Der Entscheid bekomme dadurch unweigerlich den Anschein von «behördlicher Willkür und von Aktionismus». Das mache es für den FCB unmöglich, eine «derart kontraproduktive Massnahme zu unterstützen».

Der neuste Entscheid bestätige die Tendenz seitens der Behörden, «die zuletzt öfters einseitig in Richtung pauschale Kriminalisierung von Fussballfans ging». Die Massnahme fühle sich an wie eine Kollektivstrafe, die keinerlei präventive Auswirkungen auf die weitere Entwicklung habe – «im Gegenteil». Der FCB hoffe auf einen konstruktiveren Dialog und die Erkenntnis der Behörden, dass Kollektivstrafen nicht zielführend sind.

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Kommentare

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12.09.2024 07:40

pserratore

🔥❤️💙🔥

1 0
11.09.2024 11:22

spalen

wer gewalttätig ist, muss die konsequenzen spüren.

aber den ganzen club und die vielen friedlichen normalen fans in sippenhaft zu nehmen, finde ich schwierig.

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