Das Haus zum Kirschgarten: Ein Blick in das historische Basel und darüber hinaus
©Bild: Historisches Museum Basel, Natascha Jansen/ Montage: BAseljetzt
Stadtgeschichte
Basel-Stadt

Das Haus zum Kirschgarten: Ein Blick in das historische Basel und darüber hinaus

28.04.2024 12:14 - update 28.04.2024 12:29
Jessica Schön

Jessica Schön

Im 18. Jhd. wurde das Haus zum Kirschgarten erbaut. Seine globale Bedeutung zeigt sich bis heute in seiner Geschichte, die vom Seidenbandhandel über den Besuch berühmter Gäste bis zur Freimaurerbewegung reicht.

Zwischen 1775 und 1778 entstand der Stadtpalais zum Kirschgarten für den «Bändelherren» Johann Rudolf Burckhardt in der Elisabethenstrasse. Der Bau gilt als ein Meisterwerk des frühen Klassizismus. Seine Pracht hob sich seinerzeit gar von den übrigen Stadtpalästen über Basel hinaus ab. Wie für die Oberschicht im Basel des 18. Jahrhunderts üblich, diente der Palais mitunter vor allem der Aussenrepräsentation: Hier wurde gelebt, gearbeitet und geprotzt. Dass in die Gestaltung des Hauses ferner freimaurerische Elemente Eingang fanden, kommt nicht von ungefähr: Burckhardt gehörte der sich international ausbreitenden geheimen Bewegung an.

Ein bisschen Stadtgeschichte

Im 18. Jahrhundert galt die reiche Handelsstadt Basel mit etwa 15’000 Einwohner:innen als grösste Stadt der Eidgenossenschaft. Trotz ihrer Grösse und Bedeutung war sie in ihrer Ausdehnung und der Baustruktur noch stark von mittelalterlichen Elementen durchzogen. Diese Situation begann sich mit der Fertigstellung des Markgräflerhofs in der Hebelstrasse 1705 allmählich zu verändern: Der von französischen barocken Einflüssen inspirierte Bau bildete den Auftakt zu einer architektonischen Neuzeit im bis dahin noch gotisch geprägten Basel.

So entstanden nach dem Markgräflerhof weitere Prachtbauten: Zwischen 1728 und 1732 der Ramsteinerhof in der Rittergasse, von 1762 bis 1775 das Weisse und das Blaue Haus am Rheinsprung, sowie zwischen 1763 und 177 das Wild’sche Haus am Petersplatz. Das Haus zum Kirschgarten lässt sich in seiner baulichen Typologie als direkter Nachfolger dieser Bauten betrachten: Es übernahm einerseits wesentliche Merkmale seiner Vorläufer, orientierte sich aber gleichzeitig an neuen, gestalterischen Leitprinzipien des Frühklassizismus: Schluss mit Verzierungen, Zeit für klare Linien nach antikem Muster.

Das Haus zum Kirschgarten: Ein Blick in das historische Basel und darüber hinaus
Bild: Historisches Museum Basel

J. R. Burckhardt: «Bändelherr» und Freimaurer

Der Bauherr des Stadtpalais und Seidenbandfabrikant Johann Rudolf Burckhardt war zum Zeitpunkt der Planung gerade einmal 25 Jahre alt. Er beauftragte den noch jüngeren Architekten Johann Ulrich Büchel, damals 22-jährig, mit dem Entwurf des Hauses. Burckhardt selbst wurde 1750 in einer Familie geboren, die durch den florierenden Handel mit Seidenbändern zu grossem Reichtum gelangt war.

Infolge des frühen Todes seines Vaters wurde Burckhardt 1768 Gesellschafter der elterlichen Firma. Im gleichen Jahr trat er der Basler Freimaurerloge bei. Sein Stadtpalais zeugt dementsprechend von seiner Identifikation mit der Ordensinstitution und von seiner Absicht, diese zu repräsentieren.

Das Haus zum Kirschgarten: Ein Blick in das historische Basel und darüber hinaus
Bild: Historisches Museum Basel, Allan Eaton

Burckhardt war überaus gebildet und pflegte Kontakte zu berühmten Gelehrten und Kunstschaffenden seiner Zeit. Kein geringerer als Johann Wolfgang von Goethe besuchte das Haus zum Kirschgarten am 1. Oktober 1779.

Mit seiner Frau Sarah Rohner und den gemeinsamen vier Kindern bewohnte Burckhardt das Haus knapp 20 Jahre lang. Ein Skandal mit politischer Tragweite zwang ihn und seine Familie 1798 dazu, sich anschliessend auf das Gut in Gelterkinden ins Exil zurückzuziehen: Als Anhänger des Ancien Regime war ihm die Stadt im Kontext der Ideen der Französischen Revolution, die sich auch in Basel politisch niederschlugen, fremd geworden. Mit dem Verkauf seines Stadtpalais verlor das Kirschgarten sein Inventar.

Basel global verwoben

Der Reichtum von Familien wie derjenigen Burckhardts hatte seinen Ursprung in der Seidenbandindustrie. Basler Seidenbänder spielten als Luxusgüter und Exportprodukte sowohl im globalen als auch im regionalen Kontext eine massgebliche Rolle. Die hier ansässige Industrie hatte ihre Anfänge im 16. Jahrhundert: Italienische, französische und belgische Kaufleute, die als protestantische Glaubensflüchtlinge nach Basel gezogen waren, errichteten Produktionsstätten, in denen sie sich sowohl mit der Seidenherstellung als auch mit der Herstellung von Samt und Bändern befassten.

Strenge Zunftvorschriften führten jedoch ab dem 17. Jahrhundert dazu, dass die Kaufleute ihre Bänder fortan in umliegenden Gebieten des Bistums Basel, in der Landschaft, und sogar darüber hinaus in Heimarbeit weben lassen mussten. Demgegenüber behielten die städtischen Zünfte das Recht auf die Herstellung verzierter und damit auch teurerer Produkte für den regionalen Markt bei. Die Bändelmühle – eine Neuerung, die der Unternehmer Emanuel Hoffmann aus Holland nach Basel einführte – brachte die Bandproduktion entscheidend voran: Die Bänder, die auf diesen grossen Webstühlen auf dem Land produziert wurden, wurden bald in die ganze Welt exportiert.

Familien wie die Burkhardts schafften es in diesem Umfeld, als Produzenten, Kaufleute und Finanziers erhebliches Vermögen aufzubauen. Daraus resultierend spielten sie eine führende Rolle in der politischen, sozialen und ökonomischen Landschaft Basels, was sich auch in der Kultur der Repräsentation durch den Bau prunkvoller Stadtvillen ausdrückte. Diese und viele andere Geschichten vermittelt das Haus zum Kirschgarten, das heutzutage fest zum Stadtbild unserer Stadt gehört.

Das Haus zum Kirschgarten und das Historische Museum Basel

Das Historische Museum Basel bietet im Haus zum Kirschgarten regelmässig thematische Führungen an. Interessierte können ausserdem einen virtuellen Rundgang machen und sich über die eGuides ein Bild des Stadtpalais und des Interieurs machen.

Quellen:

  • Liliane Mottu-Weber: «Seide», in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 16.09.2020, übersetzt aus dem Französischen. Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/013965/2020-09-16/, konsultiert am 24.04.2024.
  • Anne Nagel: «Das Haus zum Kirschgarten», in: Baumann & Cie Banqiers (hg.), Basler Kostbarkeiten, Bd. 43, Basel: 2022.

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