«Das ist unsolidarisch»: Grosse Diskussionen um Pflegende aus den Philippinen am KSBL
©Keystone
Fachkräftemangel
Baselland

«Das ist unsolidarisch»: Grosse Diskussionen um Pflegende aus den Philippinen am KSBL

05.01.2024 11:51 - update 06.01.2024 05:43
Manuela Humbel

Manuela Humbel

Das Personal brennt aus, Patient:innen leiden: Frustration. Jetzt sollen sieben Pfleger:innen aus den Philippen dem Kantonsspital Baselland aus dem Personalmangel verhelfen. Das wird von vielen kritisiert.

Der Personalmangel in der Pflege beschäftigt nicht nur die Schweiz, auch die Philippinen trifft es. Jetzt haben sieben Landesangehörige eine neue Stelle angefangen, nicht aber in Manila, sondern in Liestal, wie das SRF-Regionaljournal berichtet.

Dass im Kantonsspital Baselland jetzt neu diese Pflegefachkräfte arbeiten, das kritisieren linke Politiker:innen. Es sei unsolidarisch, sagt die Basler Politikerin Sarah Wyss in der Sendung. Sie ist für die SP in der Gesundheitskommission des Nationalrats. «Es ist unsolidarisch gegenüber all jenen Ländern, aus denen diese Menschen kommen», führt sie weiter aus. «Weil auch diese Länder sind auf Fachpersonen angewiesen. Wenn wir Fachkräfte aus diesen Ländern abziehen, dann fehlen sie dort – und dann ist auch dort die Gesundheitsversorgung in Gefahr.»

«Keine nachhaltige Verbesserung für bestehendes Personal»

Ebenfalls kritisiert Miriam Locher, Präsidentin der Baselbieter SP, das Vorgehen des Spitals. Das Einarbeiten der neuen Arbeitskräfte würde unterschätzt werden, sagt sie gegenüber dem Regionaljournal. «Diese Aufgabe kommt zusätzlich zu allem hinzu, was das Spital schon jetzt leisten muss. Zu all dieser Belastung, die heute schon besteht, oben drauf.» Nachhaltig sehe sie überhaupt keine Verbesserung für das bestehende Personal.

Gleich sieht es die Solothurner SP-Nationalrätin Farah Rumy. Gegenüber 20 Minuten sagt sie: «Vom wenigen bestehenden Personal braucht es viel Zeit und Energie, die neuen einzuarbeiten und für den Arbeitsalltag fit zu machen.» Sie hat selber eine Ausbildung in der Pflege abgeschlossen, ist in der Pflege-Gewerkschaft SBK aktiv und Lehrerin an der Berufsfachschule für Gesundheit im Baselbiet.

«Heikel, um komplizierte Fachgespräche zu führen»

Wie das Regionaljournal berichtet, sollen die Philippiner:innen zuerst drei Monate eingearbeitet werden und einen Deutschkurs besuchen. Danach werden sie wie ihre Schweizer Kolleg:innen arbeiten und den gleichen Lohn erhalten.

Der Zürcher GLP-Nationalrat Patrick Hässig, selbst Pflegefachmann, kritisiert gegenüber 20 Minuten diese Ausbildung für die neuen Arbeitskräfte: Drei Monate Deutschkurs seien heikel. «Das ist sehr wenig, um komplizierte Fachgespräche führen zu können.»

«Es ist eine Verzweiflungstat»

Die Fachexpertin für Pflege, Farah Rumy, spricht von einer «Verzweiflungstat», die Arbeitskräfte von so weit weg zu holen, wie sie gegenüber 20 Minuten sagt. Die Massnahme sei bestimmt gut gemeint, aber die weltweite Rekrutierung helfe nicht gegen den «Pflexit». Fachkräfte aus dem Ausland zu holen verhindere also nicht, dass immer mehr Pfleger:innen aus ihrem Beruf aussteigen. Und Patrick Hässig fügt an: «Man schwächt andere Länder, die die Leute brauchen, da geht es nicht nur um die Philippinen.»

Bloss ein «Buebetrickli» gegen den Fachkräftemangel?

Normalerweise ist es für Personen, die nicht aus Europa kommen, schwierig, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Weil es vom Bund aber seit 2002 ein spezielles Austauschprogramm zwischen den Philippen und der Schweiz für Pflege-Praktika gibt, ist es für die Interessierten einfacher, eine Arbeitsbewilligung zu erhalten. Für bis zu eineinhalb Jahre dürfen sie damit in der Schweiz bleiben.

Auf Anfrage von 20 Minuten sagt das Staatssekretariat für Migration, dass zwischen 2014 und 2023 im Durchschnitt jährlich sechs philippinische Pflegefachkräfte eine befristete Anstellung in der Schweiz erhalten haben, hingegen hat kein:e einzige:r Schweizer Pfleger:in eine Stelle in den Philippinen angenommen. Das werfe die Frage auf, ob die Philippiner:innen ausgebeutet würden und das Regionaljournal fragt: «Wird dieses Austauschprogramm also einfach für ein Buebetrickli gegen den Fachkräftemangel in der Pflege ausgenutzt?»

«Nein», sagt Anita Kuoni, Mediensprecherin des Kantonsspitals Baselland, gegenüber dem Regionaljournal. «Wir wünschen uns, dass die Schweiz selbst so viele Pflegefachkräfte ausbilden würde, wie es unser System benötigt. Aber es ist Tatsache, dass es einfach zu wenig Leute gibt.» Und: Die sogenannten Stagiaires würden nach ort- und branchenüblichen Normen entlöhnt.

Tausende verlassen ihre Heimat

Wie SRF News berichtet, würden andere Länder wie Deutschland oder England bereits auf Pflegepersonal aus den Philippinen setzen. Bereits jetzt würden jährlich tausende Philippiner:innen ihre Heimat verlassen, um im Ausland als Pfleger:innen zu arbeiten.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

14.02.2024 13:08

Principessa

Es ist eine absolute Schweinerei von Herr Huber. Er soll die Arbeitsbedingungen endlich zu Gunsten der Pflege im KSBL anpassen! Bundesgerichtsentscheide ignoriert er einfach.

0 0
05.01.2024 11:14

mil1977

War wohl doch nichts mit den zig tausenden Fachkräften aus Nahost und Afrika die über Asylbetrug in die Schweiz zuwanderten. Muss man sich eben anderswo umsehen.

3 0

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.