Dem Schnee zum Opfer gefallen: «Es war mein Lieblingsbaum»
Shahed Staub
Von wegen Schnee von gestern: Die Aufräumarbeiten der Stadtgärtnerei Basel sind in vollem Gange, viele Bäume werden gefällt. Der plötzliche Wintereinbruch hinterliess auch bei Anwohnenden tiefe Trauer.
Um jeden einzelnen Jahresring abzuzählen, reichte die Zeit letztlich nicht aus. Doch der Zürgelbaum in der Elisabethenanlage beim Bahnhof SBB in Basel dürfte zwischen 80 und 100 Jahre alt gewesen sein. Nun wurde er gefällt.
«Die nassen Schneemassen auf den Blättern waren einfach zu gross, und die Baumkrone knickte in die Leitungsmasten der Tramlinie 2», erklärt Marco Hug, Baumpfleger bei der Stadtgärtnerei Basel. «In Kombination mit der Neigung und der Holzstruktur des Baums wäre es zu gefährlich gewesen, ihn stehen zu lassen».
Aufräumarbeiten bis Weihnachten
Der plötzliche Wintereinbruch vergangene Woche stellte Basel komplett auf den Kopf. Das Rekordhoch von 50 Zentimetern Neuschnee aus dem Jahr 2006 wurde zwar nicht erreicht, dennoch löste der Schnee ein ähnlich grosses Chaos aus. Wie gross das Ausmass der Zerstörung war, zeigte sich erst, als der Schnee wieder geschmolzen war: Mehrere Anlagen in der Stadt mussten von der Stadtgärtnerei geschlossen werden, zahlreiche Bäume wurden gefällt. Auch zwei junge Eichen stehen am Dienstag vor einem ähnlichen Schicksal. Bis wann die Aufräumarbeiten abgeschlossen sein werden, sei laut Hug schwer abzuschätzen: «Gut möglich, dass wir noch bis Weihnachten damit beschäftigt sind.»
Doch nicht nur in den Basler Parkanlagen, auch in den Wohnquartieren ist das Ausmass des Schneesturms noch sichtbar. Und hinterlässt bei den Anwohnenden teils grossen Herzschmerz. «Ich habe meinem Baum vom Balkon aus beim Sturm zugesehen und nur noch geweint», erzählt Lucia Moreno. Seit 36 Jahren kennt sie den grossen amerikanischen Nadelbaum vor ihrer Haustür im Iselin-Quartier. Sie ist mit ihm gross und alt geworden, sah jeden morgen zu wie Eichhörnchen hoch und runter rannten.
Jetzt muss das Team der Ninja Baumpflege Bridge die Baumkrone wieder instand setzen – beziehungsweise das, was von ihr übrig geblieben ist. Viele Äste sind angeknickt oder abgebrochen. Dem nassen Schnee hatten sie nichts mehr entgegenzusetzen.
Keine präventiven Massnahmen möglich
Viel hätte man präventiv dagegen nicht tun können, weiss auch Stadtgärtner Marco Hug. Natürlich hätte man alle Bäume zurückschneiden können, damit sie weniger Angriffsfläche für den Schnee bieten und dadurch stabiler sind. Sinnvoll sei das jedoch nur bedingt: «Wir wollen ja einen gesunden, vitalen Baumbestand. Jedes Mal, wenn man einen Baum zurückschneidet, entstehen Wunden – der Baum reagiert darauf mit Füllholz.» Das hätte in der Stadt längerfristig nur zu «Affenbäumchen» geführt, die ihr Leben lang von Krankheiten geplagt sind.
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Thanatos
Im Sommer Hitzestress und jetzt noch aussergewöhnlich viel Schnee.
In der Grün80 sieht es übrigens auch nicht viel besser aus. Da liegen teilweise bei jedem Baum massive Äste am Boden.
Sonnenliebe
Es ist Natur und der Schnee hat so viel Freude gebracht.