Der kleine Lebensretter der Diabetes-Community
©Bildmontage: Baseljetzt
Aus dem Leben
Unterhaltung

Der kleine Lebensretter der Diabetes-Community

09.09.2023 11:52
Lea Meister

Lea Meister

Wer kennt sie nicht, die Tütchen mit dem Röhrchen zum Einstecken? Was manche früher mit zur Schule genommen haben, ist für andere zum kleinen Lebensretter geworden. Eine Ode an die Capri Sun.

Nach meinem Auszug aus dem Elternhaus vor vielen Jahren freute ich mich auf etwas ganz besonders: Auf den allerersten Grosseinkauf im Lebensmittelgeschäft meines Vertrauens – ganz ohne Einfluss meiner Eltern. In meiner Vorstellung gab es nichts Schöneres, als all das kaufen zu können, was es in der heimischen Küche meist aus vernünftigen Gründen nicht gegeben hat.

So zog ich los und griff zuerst nach einer grossen Packung Capri Sun. Die silbrigen Beutel mit dem drangeklebten Röhrchen hatten mich in meiner gesamten Schulzeit verfolgt. Man könnte sogar fast sagen, dass sie die Schülerschaft gespalten haben, denn manche hatten die Tütchen in der Pause dabei und manche eben nicht. Weil zu ungesund. Zu süss. Zu bääh.

Tütchen für den Notfall

Zuhause angekommen kam mir wieder in den Sinn, dass ich ja Diabetikerin bin und nicht einfach wahllos Zuckergetränke trinken kann, ohne dass mein Blutzucker rebelliert. So entschied ich mich kurzerhand dafür, das Fläschchen Cola, welches mich immer begleitete, um mich bei Unterzuckerungen zu retten, durch zwei Capri Sun-Tütchen zu ersetzen.

Diabetes Typ 1

Der Diabetes Typ 1 wurde früher auch als insulinabhängiger Diabetes oder juveniler Diabetes bezeichnet und ist eine Autoimmunerkrankung. Diese entsteht, wenn die Betazellen der Bauchspeicheldrüse, welche das für die Regulierung des Blutzuckers notwendige Insulin herstellen, vom Immunsystem des Körpers zerstört werden. Der Typ-1-Diabetes tritt häufiger bei Kindern und jungen Erwachsenen auf, kann aber Personen in jedem Lebensalter treffen.

Der Diabetes Typ 1 kann bei genauer Beobachtung frühzeitig erkannt werden, da die typischen Symptome normalerweise stark ausgeprägt sind:

  • grosser Durst
  • übermässiges Wasserlassen
  • Gewichtsverlust
  • Müdigkeit

Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 sind lebenslang auf die Gabe von Insulin angewiesen, Heilungsmöglichkeiten bestehen bisher noch nicht. (diabetesschweiz.ch)

Seither – wir reden von 15 Jahren – habe ich in den «Fruchttütchen» einen treuen Begleiter gefunden. Immer, wenn Unterzuckerungssymptome auftauchen (Schwindel, unklare Sicht, Kribbeln in den Lippen…), hole ich ein Tütchen aus der Tasche und trinke es in Lichtgeschwindigkeit, um bald wieder auf der Höhe zu sein.

42 Millionen potenzielle Kund:innen

Ein Blick in die Diabetes-Community in den Sozialen Medien und meinem Umfeld zeigt: Ich bin bei Weitem nicht alleine! «Erfrischende Abwechslung zum Traubenzucker.» «Praktische Grösse, leicht zum Mitnehmen, als Mehrfachpack kaufbar.» «Gute Grösse & Anzahl Kohlenhydrate, erfrischend und ich habe es schon vor meiner Diagnose gern getrunken, jetzt „gönn“ ich es mir halt einfach nur noch bei Unterzuckerungen.» «Beim Stillen entdeckt – super praktisch während dem Stillen.» Das sind nur ein paar Rückmeldungen aus einer Diabetes-Whatsapp-Gruppe, in welcher ich mich befinde.

Es scheint also, als hätte die Firma Capri Sun eine neue, von der Grösse her nicht zu unterschätzende Zielgruppe erschlossen, ohne wirklich davon zu wissen. Immerhin sind etwa 42 Millionen Menschen weltweit an Diabetes Typ 1 erkrankt. Doch wie reagiert das Unternehmen darauf, dass ihr Getränk rege genutzt wird, um schnellstens aus Unterzuckerungen auszubrechen? «Wir freuen uns unseren Konsumenten eine breite Auswahl an verschiedenen Getränken mit unterschiedlichem Zuckergehalt anbieten zu können», schreibt das Presse-Team auf Anfrage und fügt an: «Ob unsere Produkte ohne zugesetzten Zucker wie Fruit Crush oder unsere klassische Capri-Sun mit dem Original Geschmack und moderatem Zuckerlevel – für jeden Geschmack und jedes Bedürfnis ist etwas dabei!»

Weniger Plastik, mehr Zucker

Nun ja, nicht gerade die Antwort, die ich mir als Diabetikerin erhofft habe. Viel mehr hätte ich auf einen Sponsoring-Vertrag gehofft. Schliesslich gehöre ich wohl zu den absoluten Top-Konsumentinnen ihres Produkts, da mein Konsum in etwa demjenigen einer Familie mit vier Kindern entspricht.

Aber gut, ich komme zum Schluss, dass man nicht alles haben kann. Und, dass ich darauf hoffen muss, dass es Capri Sun nicht plötzlich nur noch ohne Zucker gibt. Denn dann müsste ich mir einen neuen kleinen Lebensretter suchen. Nichts gegen Gesundheitsfanatismus, aber vergesst nicht: Es gibt Menschen, die ab und an auf Zucker angewiesen sind, um nicht das Zeitliche zu segnen. Und genau dann gibt es nichts Besseres als ein silbriges Tütchen. Auch wenn das Einstecken der Röhrchen zu einer Qual geworden ist, seit sie nicht mehr aus Plastik sind. Aber wer braucht bei einer Unterzuckerung schon Plastik, wenn er genug Zucker in der Tasche hat…

*Bei dieser Kolumne handelt es sich um unbezahlte Werbung

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.