Eine Statistik von Galaxus und Digitec zeigt, dass im zweiten Quartal dieses Jahres mehr Tastenhandys verkauft wurden als im Vorjahreszeitraum. Die «Dumbphones» erleben eine Renaissance.

San Francisco, 2007: Steve Jobs betritt die Bühne der Macworld Conference & Expo, um das erste iPhone zu präsentieren – und damit die Welt zu verändern. Nach den Zeiten der BlackBerrys und Nokia-Tastenhandys wurde an jenem Abend eine neue Ära der Mobiltelefone eingeläutet: das Smartphone.

Unser stetiger Begleiter

Tastenlose Handys übernahmen schnell den Markt. Bereits 2013 wurden weltweit mehr Smartphones als herkömmliche Mobiltelefone verkauft. Dies sollte sich auch nicht mehr ändern. Die Telefone wurden immer besser, grösser, schneller und immer präsenter in unserem Leben: Sie ersetzten Fotoalben, Stadtpläne, Briefe, Bücher, Portemonnaies und vieles mehr. Sie wurden zu unseren täglichen Begleitern.

Das Smartphone hat unser Leben einfacher gemacht. Ein Klick für jede Information, überall und jederzeit. Wir lösen am Barfüsserplatz ein ÖV-Ticket über das Telefon, auf dem wir im Tram jede beliebige Musik hören können. Am Ziel angekommen, schicken wir einem Bekannten unseren Live-Standort, timen ihn auf 15 Minuten, bevor rasch eine Geschäftsmail beantwortet wird. Ein Klick genügt plötzlich, anstatt den mühsamen Weg in die Stadtbibliothek auf sich zu nehmen. Ein Klick für einen Lacher, ein Klick für eine Like. Das Smartphone nehmen wir so selbstverständlich mit aus dem Haus wie unsere Schlüssel.

Digital Detox ist im Trend

Die ständige Präsenz unseres Smartphones im Alltag mag zwar viele Situationen des täglichen Lebens mit wenigen Klicks lösen, ist aber gleichzeitig eine zuverlässige Quelle der Ablenkung. Der Griff in die Tasche nach unserem Handy ist so routiniert, dass er oft unbewusst und ohne konkreten Anlass erfolgt. Durch die intensive Nutzung verlieren wir immer mehr Zeit und Kontrolle.

Für Jan Johannsen, Smartphone-Experte bei Galaxus, ist der Trend zurück zum Tastenhandy nicht unbegründet: «Tastenhandys werden gern wegen der höheren Akkulaufzeit gekauft, um möglichst lange erreichbar zu sein. Dafür verzichten die Leute auch auf Apps– und das teilweise sehr bewusst» Zudem wird Digital Detox, also die digitale Entgiftung und Auszeit vom Smartphone, zunehmend zum Trend im Netz. Zahlreiche YouTube-Videos, die sich vor allem an ein junges Publikum richten, zeigen die Vorteile und die neue Lebensqualität, die der Verzicht auf das Smartphone mit sich bringt. Die digitale Auszeit soll Konzentration, Schlaf, Kreativität und Gesundheit fördern. Das Leben soll wieder im Hier und Jetzt stattfinden.

«Seniorenhandy» für die jüngere Generation

Ein Blick in die Verkaufsstatistik von Galaxus & Digitec verrät: Altmodische Tastenhandys sind keineswegs nur bei älteren Menschen beliebt. Rund 50% der Käufer:innen sind unter 45 Jahre alt.

Laut Johannsen sind Tastenhandys für die jüngere Zielgruppe auch deshalb interessant, weil sie beispielsweise den Besuch eines Festivals erleichtern. «Auf Festivals muss man sich mit dem günstigen Tastenhandy weniger Sorgen um Schaden oder Diebstahl machen. Ausserdem lassen sich Musik und Party sicherlich besser geniessen, wenn man nicht von Apps abgelenkt ist», so der Experte. Aber auch für Eltern, die ihr Kind erreichen, aber es nicht zu früh mit einem Smartphone ausstatten möchten, ist das Tastenhandy oft eine gute Alternative.

Tastentelefon in modernem Look

Tastenhandys müssen nicht immer unhandlich und kompliziert sein. So hat Nokia seinen Klassiker, das 3210 aus dem Jahr 1999, modernisiert und mit FM-Radio und Kamera ausgestattet. Viel Speicherplatz und vorhandene Kopfhörerbüchse modernisierter Tastenhandy bieten genug Platz für Bilder und Musik. Zudem gibt es die Modelle meist in unterschiedlichen Farbvarianten.

Ob Tastenhandys nur ein kurzfristiger Hype sind oder wie die Schallplatte zurückkommen, um zu bleiben, sei dahingestellt. Wer umsteigt, muss zweifellos auf einige Funktionen verzichten. Doch manchmal ist weniger mehr.