Doku über Flugzeugentführung von 1970: Basler Ex-Geisel (77) erinnert sich
©Bild: «Swissair Flug 100 – Geiseldrama in der Wüste» / Baseljetzt, Montage: Baseljetzt
«Swissair Flug 100»
Schweiz

Doku über Flugzeugentführung von 1970: Basler Ex-Geisel (77) erinnert sich

22.01.2024 18:15 - update 22.01.2024 23:59
Tim Meyer

Tim Meyer

Jean-Michel Weiss (77) erlebte eine Flugzeugentführung vor über 50 Jahren hautnah. Eine neue Doku rollt die Geschehnisse rund um den Flug Swissair 100 neu auf. Baseljetzt begleitete den Basler an die Première.

Am 6. September 1970 entführen palästinensische Terroristen vier Flugzeuge. Darunter die Swissair 100 – mit Jean-Michel Weiss als Maître de Cabine an Board. Die Piloten wurden gezwungen die Maschine mitten in der jordanischen Wüste zu landen. Hintergrund der Entführung: Die PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas) fordert die Schweiz auf, drei inhaftierte Palästinenser:innen frei zu lassen und hält die Schweizer Geiseln als Tauschmittel gefangen. Für die Passagiere und Crew von Flug Swissair 100 beginnt ein Spiessroutenlauf: Eine Woche gefangen auf engstem Raum – bei Temperaturen bis zu 50 Grad.

Auf Sprengstoff sitzen und Witze erzählen

Jean-Michel Weiss kann sich noch gut erinnern, wie das Flugzeug voller Sprengstoff war. Mit seinem Humor versuchte er, die Situation zu beruhigen und die Passagiere irgendwie bei Laune zu halten: «Ich hatte das Glück, viele Witze zu kennen. Ich habe mit diesen Witzen versucht, die Passagiere zu entspannen. Weil diese Spannung in der Kabine war unglaublich. Ich fühlte diese Angst». Auch versuchte die Besatzung, die Passagiere mit Arbeit abzulenken. Die Toilette reinigen und Wache stehen vor dem Wasser, waren zwei dieser Aufgaben. Man wolle sich nicht vorstellen, wie ein Flugzeug-WC nach einer Woche in der Wüste riecht, scherzt Weiss weiter.

Weltpremiere an den Solothurner Filmtagen

Mit dem Film «Swissair Flug 100 – Geiseldrama in der Wüste» kommt die Geschichte von Jean-Michel Weiss und den anderen ehemaligen Geiseln nun auf die Leinwand. Am Freitag wurde der Film von Adrian Winkler und Laurin Merz zum ersten Mal an den Solothurner Filmtagen gezeigt. Der Film arbeitet die «Schweizer Terrorjahre» auf und es werden viel Archivaufnahmen und Gespräche von Zeitzeugen gezeigt. Vor Ort an der Première waren Jean-Michel Weiss und viele andere von Swissair Flug 100. Für sie alle war es ein emotionaler Abend.

Der Film in trockenen Tüchern und dann kommt der Krieg

Über sechs Jahren haben Adrian Winkler und Laurin Merz an dem Film gearbeitet. Und dann, als er fertig war, bricht am nächsten Tag der Krieg im Nahen Osten aus. Die Beiden waren gefordert: bringen wir den Film? Müssen wir warten? Was machen wir? Sie entschieden sich den Film nochmals zu überarbeiten – gewisse Szenen anzupassen. Sie sahen nun anders auf die Geschehnisse von damals und es zeigten sich viele Parallelen zum heutigen Konflikt. Doch eine Pressekonferenz mitten in der Wüste ist heute wohl kaum mehr möglich, wie damals 1970.

Eine Schicksalsfamilie

Für Jean-Michel Weiss und seine Besatzungsmitglieder war die Filmpremiere ein Wiedersehen. Das letzte Mal haben sie sich im Herbst 2020 zum 50. Jahrestag der Entführung getroffen. Und auch nach über 50 Jahren treffen sich die Betroffenen regelmässig. So ein Ereignis bleibe ein Leben lang in Erinnerung. Daher sei der Austausch untereinander umso wichtiger, betont Weiss.

Nach der Premiere unterhielten, lachten und verbrachten die Besatzungsmitglieder und Passagiere Zeit bei einem Apero. Und das nächste Treffen steht bereits schon wieder fest. Am 6. September 2024 – 54 Jahre nach der Entführung.

Der Film «Swissair Flug 100 – Geiseldrama in der Wüste» wird am 22. Februar um 20:05 auf SRF 1 gezeigt.

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