
Anklage zu Wahlbetrug und Kapitol-Attacke: Trump plädiert auf «nicht schuldig»
Baseljetzt
Trump sitzt wegen versuchtem Wahlbetrug und dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol auf der Anklagebank. Der Republikaner plädierte am Donnerstag (Ortszeit) vor Gericht auf «nicht schuldig».
Der ehemalige US-Präsident Donald Trump sitzt im Zusammenhang mit versuchtem Wahlbetrug und dem Angriff seiner Anhänger auf das Kapitol auf der Anklagebank. Der republikanische Präsidentschaftsbewerber musste am Donnerstag (Ortszeit) zur formalen Vorstellung der Anklage vor einem Gericht in Washington erscheinen. Kurz vor seiner Ankunft am Gericht wetterte er einmal mehr gegen die Justiz und behauptete, es sei ihm «eine Ehre», sich für seinen Einsatz gegen eine korrupte Wahl zu verantworten. Trump ist der erste Ex-Präsident in der US-Geschichte, der wegen einer mutmasslichen Straftat vor Gericht kommt – und das gleich in mehreren Fällen.
«Nicht schuldig»
Vor Gericht plädierte Trump auf «nicht schuldig» und weist alle Anschuldigungen zurück. Er wertete die Strafverfolgung gegen ihn einmal mehr als politisch motiviertes Manöver – als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weisse Haus zu hindern.
Bereits Ende August soll der nächste Termin in dem Fall folgen: Die Richterin setzte die erste Anhörung nach der Anklageverlesung für den 28. August an. Trumps Anwesenheit sei dafür nicht notwendig, hiess es. Dort soll über das weitere Prozedere entschieden werden, und damit möglicherweise auch über den Termin für einen Prozessauftakt.
Unmittelbar nach der Gerichtssitzung am Donnerstag, die nicht mal eine halbe Stunde dauerte, reiste Trump wieder aus Washington ab: nach Bedminster im Bundesstaat New Jersey, zu einem seiner Golfclubs. Er beklagte sich einmal mehr bitterlich über die Strafverfolgung gegen ihn. «Das ist die Verfolgung eines politischen Gegners», sagte er kurz vor seiner Abreise. «Das hätte in Amerika nie passieren dürfen.» Er werde nur deswegen strafrechtlich verfolgt, weil er im Feld der republikanischen Präsidentschaftsbewerber weit vorne liege. In Umfragen rangiert er im Rennen mit parteiinternen Konkurrenten klar an der Spitze. Trump wertet generell jedes juristische Vorgehen gegen ihn als Versuch seiner Gegner, ihn an einem Wiedereinzug ins Weisse Haus zu hindern.
Die Serie an Anklagen
Die neue Anklage ist bereits die zweite Anklage auf Bundesebene gegen Trump, und insgesamt die dritte. In den vergangenen Monaten war Trump bereits in zwei anderen Fällen angeklagt worden: im Zusammenhang mit Schweigegeldzahlungen an einen Pornostar vor mehreren Jahren und wegen der unrechtmässigen Aufbewahrung geheimer Regierungsdokumente nach dem Ende seiner Amtszeit.
Nun ist er mit den bislang schwerwiegendsten Vorwürfe konfrontiert. In der 45-seitigen neuen Anklageschrift werden Trump vier formale Anklagepunkte zur Last gelegt, darunter Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten. Erstmals geht es um mutmassliche Straftaten während seiner Amtszeit im Weissen Haus. Im Falle einer Verurteilung könnte dem 77-Jährigen eine jahrzehntelange Haftstrafe drohen. Experten zufolge würde eine Verurteilung Trump rechtlich nicht davon abhalten, bei der Wahl 2024 anzutreten – zumal höchst fraglich ist, ob bis dahin überhaupt ein rechtskräftiges Urteil vorliegen wird.
«Sperrt ihn ein»
Vor dem Gerichtsgebäude in Washington herrschte am Donnerstag enormer Medienandrang. Es kamen aber so gut wie keine Unterstützer oder Gegner Trumps zum Gericht. Ein Trump-Kritiker, Domenic Santana, streifte in einem Häftlingskostüm und einem Schild mit der Aufschrift «Sperrt ihn ein» um das Gebäude. Er war bereits zu Trumps vorherigen Anklageverlesungen in New York und Miami gereist. «Er ist ein Betrüger», schimpfte Santana über Trump. Unweit von ihm schwenkte ein eiserner Trump-Unterstützer, Dion Cini, eine gewaltige Fahne mit dem Konterfei des Ex-Präsidenten. Trump sei der beste Präsident, den das Land je gehabt habe, sagte Cini. Die Justiz versuche Trump mit der Anklage nur von einer weiteren Präsidentschaft abzuhalten.
Verschwörung gegen USA
Der zuständige Sonderermittler Jack Smith hatte die beispiellose Anklage gegen den ehemaligen Präsidenten am Dienstag bekanntgegeben. Trump wird beschuldigt, eine Verschwörung orchestriert zu haben, um die Vereinigten Staaten zu betrügen, Wählern ihr Wahlrecht zu entziehen und ein offizielles Verfahren zu behindern. In der Anklageschrift wird Trump vorgeworfen, er habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. «Trotz seiner Niederlage war der Beschuldigte entschlossen, an der Macht zu bleiben», heisst es. Trump habe gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien.
Trump habe eine Verschwörung gegen die Vereinigten Staaten angeführt. Dabei habe er sich mit sechs Komplizen zusammengetan, die in der Anklageschrift nicht namentlich erwähnt sind. Es handelt sich um vier Anwälte, einen Mitarbeiter der Justiz und einen politischen Berater.
Sturm aufs Kapitol
Trump hatte die Präsidentenwahl 2020 gegen den Demokraten Joe Biden verloren. Er gestand seine Niederlage aber nie ein, sondern verbreitet seitdem falsche Behauptungen, er sei durch Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden. Trump und sein Umfeld versuchten damals auf diversen Wegen, das Ergebnis nachträglich zu kippen.
Der Feldzug gegen den Wahlausgang gipfelte schliesslich am 6. Januar 2021 in einem nie dagewesenen Gewaltausbruch: An jenem Tag erstürmten Anhänger Trumps den Sitz des US-Kongresses, wo zu der Zeit Bidens Wahlsieg formal bestätigt werden sollte. Trump hatte seine Unterstützer in einer Rede kurz zuvor einmal mehr mit der Behauptung angestachelt, dass er durch massiven Wahlbetrug um einen Sieg gebracht worden sei. Mehrere Menschen starben durch die Krawalle. (kae/sda/nas)
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mil1977
Der Prozess wird vermutlich nicht viel bringen.
Proteste nach Wahlen der verlierenden Seite sind nichts ungewöhnliches. Auch als D. Trump 2016 überraschend gewonnen hat, gab es zum Teil in Gewalt ausartende Proteste der Anhänger von H. Cllinton. Auch einen Marsch von tausenden Demonstranten zum Trump Tower gab es. D. Trumps Anwälte werden also darlegen, dass solche Proteste ein Bedürfnis der unterlegenen Seite sind. Und wenn es legal war, dass man zu einem Marsch zum Trump Tower aufrief, dann ist es auch legal, wenn man zu einem Marsch zum Capitol aufrief. Die Eskalation der Situation ergibt sich keineswegs aus dem Aufruf selbst. D. Trump hat nämlich nie gesagt, dass die Demonstranten das Capitol stürmen sollen.