Eine unbeliebte Nachbarin, die sich eingenistet hat, um zu bleiben
©Bild: Keystone
Saatkrähen
Basel-Stadt

Eine unbeliebte Nachbarin, die sich eingenistet hat, um zu bleiben

01.12.2023 05:19 - update 06.12.2023 16:26
Lea Meister

Lea Meister

Seit 1963 brüten Saatkrähen in Basel. Der Bestand hat seither deutlich zugenommen und Basel ist zum wichtigsten Überwinterungsgebiet geworden. 10’000 Saatkrähen verbringen hier die kälteste Zeit des Jahres. Zum Unmut einiger.

Wer regelmässig beim St Johanns-Tor sein Altglas entsorgen geht, der weiss, dass eine Regenpellerine dabei nicht schaden kann. Weshalb? In den grossen Bäumen über der Recycling-Stelle haben sich schon vor längerer Zeit Krähen eingenistet. Zeitweise waren es Saatkrähen, momentan sind es tatsächlich Rabenkrähen, wie Jean-Pierre Biber von der Fachstelle für Vogelfragen auf Anfrage sagt. Auch bei den gefiederten Bewohnern der Baumkronen verhält es sich ganz nach dem Motto «wo gewohnt wird, wird auch geschissen». Nicht selten landen die «grusigen» weissen Grüsse dabei auf den Köpfen der Quartiersbewohner:innen.

Nicht nur Menschen, auch Autos, die unter den grossen Platanen parkieren, sind alles andere als sicher. So kann es schon einmal sein, dass ein schwarz lackiertes Fahrzeug nach ein paar Stunden plötzlich weiss erscheint… Die Kot-Belästigung ist ein Faktor, ein weiterer ist die Lärmbelästigung, die durch die Quartiersmitbewohner in den Bäumen entstehen. Krähen krächzen, was in grösseren Gruppen ziemlich laut werden kann.

Eine unbeliebte Nachbarin, die sich eingenistet hat, um zu bleiben
Nachbarin von Baslerinnen und Baslern in dicht besiedelten Gebieten: Die Saatkrähe.Bild: Keystone

Basel ist Winter-Hotspot

Die Saatkrähe, welche als die lästigere der Krähen-Arten gilt, brütet in Kolonien, heisst, sie baut in einem Baum bis zu 12 Nester gleichzeitig. Für den Nestbau bevorzugt sie Platanen, wie dem Informationsblatt der Stadtgärtnerei zu entnehmen ist. Das gesellige Tier geht lebenslange Ehen ein und soll den jeweiligen Lebenspartner schon von sehr weit weg an seiner Stimme erkennen – man kann sich also vorstellen, wie laut die Balz-Rufe oder die Schimpf-Tiraden sein können.

Während viele Vogelarten, die im Landwirtschaftsgebiet vorkommen, gefährdet sind, vermehrt sich die Saatkrähe im Siedlungsgebiet immer weiter. Seit nunmehr 60 Jahren brütet die Saatkrähe in Basel. Unterdessen ist Basel zum bedeutendsten Überwinterungsgebiet der Schweizer Saatkrähen geworden. Rund 10’000 Saatkrähen verbringen ihre Winter in der Stadt am Rhein.

Zurückschneiden der Bäume

So sind in der Stadt mehrere Hotspots entstanden, beispielsweise am Altrheinweg, der Kannenfeldstrasse, am Steinenring, auf der Pruntrutermatte oder im Margarethenpark, wie Simon Leuenberger, Leiter Grünflächenunterhalt beim Bau- und Verkehrsdepartement (BVD), auf Anfrage von Baseljetzt bestätigt.

Eine unbeliebte Nachbarin, die sich eingenistet hat, um zu bleiben
Die Platanen an den Hotspots werden regelmässig zurückgeschnitten. Symbolbild: Keystone

Um die Saatkrähen zu vertreiben, werden in Basel alle zwei bis drei Jahre Bäume zurückgeschnitten, auf welchen die Vögel nisten. Dies passiert jeweils im Januar, so auch im kommenden ersten Monat des Jahres. Dann sind die Bäume am Altrheinweg und in der Kannenfeldstrasse dran.

Auf andere Bäume setzen

Das Zurückschneiden der Bäume bleibt aber Symptombekämpfung, denn langfristig erzielt diese Methode keine Wirkung. Die Vögel kehren meist nach wenigen Jahren wieder zurück. Europaweit gibt es keine Methode, um Saatkrähenkolonien zu dislozieren, wie Jean-Pierre Biber von der Fachstelle für Vogelfragen auf Anfrage sagt.

Die einzige Möglichkeit bestehe darin, beim Absterben von Platanen andere Baumarten als Ersatz zu pflanzen, auf welchen die Krähen keine Nester bauen können. «Aber die Wahl der Bäume wird immer schwieriger mit dem Klimawechsel und den vielen Krankheiten bei vielen Baumarten.»

Abschuss wäre nicht nachhaltig

Konflikte rund um Saatkrähen gibt es in der ganzen Schweiz und auch in vielen Städten Mitteleuropas. Entsprechend wird auch europaweit nach Lösungen gesucht. Personen, die vom Lärm und Dreck der Vögel in den Wohnquartieren betroffen sind, verlangen regelmässig den Abschuss der Tiere von den Behörden. Der Abschuss wäre zwar ausserhalb der Schonzeit erlaubt, aus Sicherheitsgründen aber nicht wirklich umsetzbar.

Eine unbeliebte Nachbarin, die sich eingenistet hat, um zu bleiben
Die Saatkrähe, Nachbarin und gelegentlich Feindin der Basler Quartiersbewohner:innen. Bild: Keystone

Im Siedlungsgebiet muss der Schutz der Bevölkerung gewährleistet werden, was in diesem Fall nicht möglich wäre, wie Polizeisprecher Stefan Schmitt bestätigt. Der Abschuss einzelner Vögel wäre ausserdem wiederum Symptombekämpfung, denn er würde die Anzahl der Tiere nicht nachhaltig reduzieren.

5-10 Anfragen jährlich

«Mit diesen Kolonien lebt die Bevölkerung, aber natürlich ohne grosse Begeisterung», stellt Biber von der Fachstelle für Vogelfragen fest. Dennoch gehen relativ wenige Anfragen beim BVD ein, welche Saatkrähen betreffen – 5-10 sind es gemäss Leuenberger jährlich.

Die Stadtbevölkerung und die Saatkrähen werden also miteinander auskommen müssen. Und, sind wir einmal ehrlich – manch eine Saatkrähe wird sich wohl auch schon über lautstarke Familienstreits aufgeregt haben, die durch geöffnete Fensterscheiben und den Wind an ihre Brutstätte getragen worden sind.

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Kommentare

Dein Kommentar

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01.12.2023 09:17

akjo

Ich mage Krähen, sind sehr intelligente Vögel und schließlich müssen sie ja irgendwo “wohnen”! Noch sage ich dass es kein hässliche Vogel ist, sondern sehr elegant ist wenn er sich am Boden bewegt. Tauben sind viel schlimmer…

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03.12.2023 16:24

Maxli

wenn du beim St. Johanns Tor wohnen würdest, würdest du das nicht schreiben

2 0
01.12.2023 07:34

Eliora

Ich hasse diese hässlichen Viecher! Dass es keine Lösung gibt um diese Vögel loszuwerden, glaube ich keine Sekunde. Ich denke mal, dass es der Stadt am Ar*** vorbei geht ob diese Mistviecher die Bewohner stören oder nicht.

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