Regierungsrat
Wahlen BS

Einen Tag grün sein mit Anina Ineichen

06.11.2024 06:01 - update 06.11.2024 06:28
Shahed Staub

Shahed Staub

Anina Ineichen kämpft für einen Platz in der Basler Regierung. Ihr Alltag: Wahlkampf, Familie und ein grünes Engagement, das bis in die Kindheit auf dem Bauernhof zurückreicht.

Anina Ineichen tickt durch und durch grün. Für das Amt der Basler Regierungspräsidentin war sie gegen den wiedergewählten Conradin Cramer zwar chancenlos – besser stehen die Chancen jedoch für einen Sitz in der Regierung. Diese sind intakt. Für den siebten und letzten freien Platz müsste sie sich gegen Esther Keller durchsetzen: Ein Duell Grün gegen Grünliberal, eine Herausforderin gegen die Amtsinhaberin.

Schon früh zum grünen Stift gegriffen

Es ist ein Wahlkampf, der Kraft kostet. Job, Sitzungen, Pro Velo, Kinder, Beziehung, Wahlkampf – all das muss Ineichen derzeit unter einen Hut bringen. Für eine ehrgeizige Person ist das keine leichte Aufgabe: «Oft nehme ich mir mehr vor, als am Ende des Tages überhaupt möglich ist. Da bleibt leider auch Privates auf der Strecke, wie zum Beispiel entspannte Treffen mit Freund:innen zum Essen.»

Einen Tag grün sein mit Anina Ineichen
Anina Ineichen und ihr Sohn sind oft mit dem Fahrrad unterwegs Bild: Baseljetzt

Herausforderungen im Alltag erfordern ebenso alltagstaugliche Lösungen. Ineichen findet diese mit einer klar strukturierten Terminplanung und schafft so Voraussetzungen, die ihr den Rücken freihalten – nur so lasse sich Politik betreiben. Dieses Privileg geniesst Ineichen: «Zweimal die Woche hüten meine Eltern die Kinder und holen sie auch mal von der Schule ab. Das macht mir meine politische Arbeit deutlich einfacher».

Heute bringt sie aber ihren Sohn, Erstklässler am Thiersteinerschulhaus, selber mit dem Cargobike zu den Eltern auf den familiengeführten Hof auf dem Bruderholz. Über den Gundeldingerrain sind das rund 20 Minuten Velofahrt – ein Katzensprung für Ineichen: «Ich wohne im Gundeli, fahre zum Hof, von dort zur Arbeit in Arlesheim und dann wieder zurück in die Stadt. Ich bin es mir gewohnt täglich über eine Stunde mit dem Fahrrad unterwegs zu sein.“

Ineichen ist auf dem Bauernhof ihrer Eltern aufgewachsen. Der Ort, welcher sie geprägt und zu der Person gemacht hat, die sie heute ist. Früher waren auf dem Hof viele Mitarbeitende angestellt, erinnert sie sich. Am Küchentisch ihrer Eltern war sie deshalb selten allein: «Es wurde wahnsinnig viel diskutiert, auch über politische Themen. Hier habe ich gelernt, mich gegenüber anderen durchzusetzen. Wenn ich gehört werden wollte, musste ich mich melden.»

Einen Tag grün sein mit Anina Ineichen
Der politische Weg von Ineichen – er ist grünBild: Baseljetzt

«Hier wurde ich politisch geprägt». Schon früh entwickelte sie ein Bewusstsein für die Natur und erkannte bereits als Kind die Auswirkungen des Klimawandels auf die Landwirtschaft. «Der Klimakrise kann man auf einem Bauernhof kaum die Augen verschliessen. Ich sah, wie Pflanzen nicht mehr blühten, wie sich die Erntezeiten verschoben und der Boden austrocknete.»

Für Ineichen sind diese Erfahrungen auch auf das städtische Leben übertragbar. Ein besonderes Anliegen ist ihr die Wohnverdichtung in der Stadt, ein direkter Antagonist zu den Grünflächen, wie sie empfindet: «Wir brauchen eine gesunde Umgebung, um selbst gesund zu bleiben. Wenn wir in der Stadt stark verdichten müssen, sollte ausserhalb genügend Grünfläche für Erholung zur Verfügung stehen.»

Basel auf den grünen Zweig bringen

Anina Ineichen will Basel Wohlfühloasen erschaffen. Es ist eines ihrer zentralen Ziele. Und damit meint sie nicht nur Grünflächen zur Erholung – wohlfühlen müsse man sich in Basel beispielsweise auch bei der Wahl des Fortbewegungsmittel: «Viele Menschen wählen im Nahverkehr nicht das optimale Verkehrsmittel für ihre Strecke, sondern das bequemste. Daher muss eine Infrastruktur geschaffen werden, die den Menschen Sicherheit bietet – vor allem für jene, die zu Fuss oder mit dem Fahrrad unterwegs sind.» Fahrradfahren soll nicht nur möglich, sondern auch attraktiv sein. Dabei setzt sie auf einfache Lösungen: «Eine Tempoverringerung ist ein erster, wirkungsvoller Schritt. Zudem ist es wichtig, in eine bessere Fahrradinfrastruktur zu investieren, um den Verkehr sicherer zu gestalten. In Basel-Stadt passieren noch immer zu viele schwere Unfälle.»

Das Departement für Bau und Verkehr bietet Ineichen den idealen Hebel, um die Klimaziele zu erreichen. Den Kran auf den Kopfstellen möchte sie jedoch auch nicht, dennoch se es wichtig, hinzuschauen und bestehende Fehler zu korrigieren: «Viele Menschen aus der Bevölkerung sprechen mich an und sagen, dass im Bau- und Gewerbeinspektorat in Basel einiges nicht stimmt. Hier muss bald eine Verbesserung eintreten», erklärt Ineichen. Konkret meint sie, dass es wichtig ist, das Augenmass wiederzufinden – das Ziel im Blick zu behalten und pragmatisch an den Projekten zu arbeiten. Nur so könne Basel attraktiv gestaltet werden.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

09.11.2024 09:36

Sonnenliebe

Frau Ineichen sagt nicht nur “grün”, sondern handelt auch danach.
Dies macht Frau Keller nicht, sagt, sie sei für den Umweltschutz und ist für mehr Strassen, Beton, für den Rheintunnel. Da ist mehr als widersprüchlich, reden und umgekehrt handeln, das ist für mich wischiwaschi Politik. Sie ist für mich deshalb nicht wählbar.

1 3
06.11.2024 14:40

Sonnenliebe

Das ist ein spannender Einblick in das Leben von Frau Ineichen.
Sie ist auch nicht meine bevorzugte Wahl, aber immerhin noch besser als Frau Keller.
Frau Keller ist nämlich verantwortlich für das wenige Grün in der Freien Strasse, sie ist für den Rheintunnel und somit für die Schliessung von wertvollen Schrebergärten, Bioversität die so verloren geht, Naturraum für Lebewesen, für Mensch und Tier.

1 5

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.