
«Er hat ein junges Leben ausgelöscht»: Staatsanwältin fordert 12 Jahre Haft für den Schützen
Leonie Fricker
Beim Mordprozess in Muttenz wurden am Dienstag die Plädoyers gehalten. Die Staatsanwaltschaft fordert zwölf Jahre Haft für den 60-jährigen Beschuldigten. Er soll vor 25 Jahren seinen Dealer erschossen haben.
Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft wirft dem Beschuldigten Mord vor. Am Dienstagmorgen legte die Staatsanwältin in ihrem Plädoyer die Gründe für die Anklage dar. Der Beschuldigte habe von Anfang an geplant, die zwei Kilogramm Kokain gewaltsam an sich zu bringen, das sei «unbestritten», so die Staatsanwältin.
Die Aussage des 60-Jährigen, es habe sich bei der Schussabgabe im Auto um einen Unfall gehandelt und er habe die Waffe lediglich als Drohmittel einsetzen wollen, sei nicht glaubwürdig. Dass die Pistole, die er am Tatabend auf sich trug, manipuliert gewesen sei, hätten die Sachverständigen widerlegen können. «Die Spuren erlauben den Rückschluss, dass die Hülse problemlos funktioniert hat», erklärte die Staatsanwältin. Der Beschuldigte habe sich bei der Unfallversion einen «für ihn passenden Sachverhalt zurechtgelegt».
Ein «lukratives Geschäft»
Die Aussage des Beschuldigten, er sei davon ausgegangen, das Opfer hätte den Verlust von zwei Kilogramm Kokain ohne grosse Konsequenzen «verschmerzen» können, sei nicht plausibel, führte die Staatsanwältin aus. «Gerade zu jener Zeit war ein Deal mit zwei Kilo Kokain ein grosser Deal.»
Das Kokain, das nach der Tat nicht mehr auffindbar war, sei laut Aussagen aus dem Umfeld des Opfers von hoher Reinheit gewesen. Durch weiteres Strecken der Drogen und den Verkauf an Kleinhändler hätte sich für den Beschuldigten «ein lukratives Geschäft» ergeben. Die Staatsanwältin rechnete vor, dass mit der Menge bis zu 310’000 Franken hätten umgesetzt werden können.
Zwölf Jahre Haft gefordert
Der Beschuldigte habe am Tatabend auf engstem Raum auf das Opfer geschossen, ohne diesem die Möglichkeit zur Abwehr oder Flucht zu geben. «Er hat damit ein junges Leben ausgelöscht», so die Staatsanwältin. Aufrichtige Reue habe der Mann nicht gezeigt, ebenso wenig Empathie gegenüber dem Opfer oder dessen Umfeld. Der Beschuldigte habe aus Habgier gehandelt und sei bei der Tat besonders heimtückisch vorgegangen. Deshalb plädiere die Staatsanwaltschaft auf Mord und fordert eine Freiheitsstrafe von zwölf Jahren für den 60-Jährigen.
Die Privatklägerschaft schliesst sich dem Antrag an und verlangt eine Genugtuung von 15’000 Franken für die Privatklägerin. Zudem soll der Beschuldigte die Verfahrenskosten übernehmen.
Verteidiger will einen Freispruch
Der Verteidiger beantragte am Dienstagvormittag die vollständige Freisprechung seines Mandanten, die Einstellung des Verfahrens sowie sofortige Haftentlassung. Zusätzlich forderte er eine Entschädigung von 89’000 Franken und den Verzicht auf Verfahrens- und Verteidigungskosten.
Zur Begründung führte der Verteidiger an, dass bei seinem Mandanten kein Tötungsvorsatz nachgewiesen werden könne. Der Beschuldigte habe stets erklärt, der Schuss sei ein Unfall gewesen. Dies sei der Kern der Aussage, die stets «klar, konstant und unmissverständlich» geblieben sei. Angesichts der bald 25 Jahre, die seit der Tat vergangen seien, könne man heute «nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Klarheit» rekonstruieren, was am Tatabend im Oktober 2000 genau im Auto geschehen sei.
Die Beweislage bezeichnete die Verteidigung teils als widersprüchlich und ungenügend. So entspreche die 3D-Tatrekonstruktion, die am Montag vor Gericht präsentiert wurde, nicht den Erkenntnissen des Obduktionsberichts. Die Sitzpositionen von Täter und Opfer sowie der genaue Ablauf der Schussabgabe würden auf Annahmen beruhen und liessen sich heute nicht mehr zuverlässig nachvollziehen. Auch über den Zustand der Walther PPK könne heute nur noch «spekuliert» werden, da diese nach der Tat nicht mehr auffindbar war. Der Verteidiger betonte abschliessend, sein Mandant sei kein «Brutalo-Gangster, der sich mittels Gewalt den Weg durch sein Leben pflügte», sondern habe die Drogen ohne Gewalt an sich bringen wollen, ohne dass ein konkreter Tötungsplan bestanden habe.
Das Urteil wird am Freitag erwartet. Für den Angeklagten gilt weiterhin die Unschuldsvermutung.
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Waldrapp
Mord sollte niemals verjähren…
Lupege
Wenn jemand als Privatperson mit einer geladenen Pistole herumläuft, kann davon von ausgegangen werden, dass er auch bereit ist, sie einzusetzen, also kann getrost von einem Vorsatz ausgegangen werden. Wenn es also Todesfall gibt, ist von einem geplanten Mord auszugehen. Zudem frage ich mich manchmal, ob Verteidiger die Ethik zuhause gelassen haben. Sie sollten nicht nur das Beste für den Angejlagten, sondern auch da Beste für die Gesellschaft im Auge behalten. So etwas wie ein “Hippokrates-Eid” für Juristen täte Not..