Freiwillige der Rehkitz-Rettung sind im Dauereinsatz
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Freiwillige der Rehkitz-Rettung sind im Dauereinsatz

28.05.2023 18:15 - update 28.05.2023 21:02
Leonie Fricker

Leonie Fricker

Seit rund drei Wochen hat die Rehkitzrettung alle Hände voll zu tun. Denn die Landwirte machen den ersten Schnitt für ihr Heu. Die Freiwilligen retten täglich Kitze vor dem Mähtod, kommen aber kaum nach.

Um 4 Uhr morgens, wenn die meisten noch schlafen, sind die Drohnenpilotinnen und -piloten des Vereins Rehkitzrettung Dorneckberg bereits auf den Feldern im Einsatz. Ausgerüstet mit einer Wärmebilddrohne suchen sie die Wiesen der Landwirte nach Rehkitzen ab, die sich im hohen Gras verstecken. Das muss in den frühen Morgenstunden geschehen, wenn die Felder noch kühl sind. Dann sind die Kitze auf dem Wärmebild am besten zu erkennen. Eine effiziente Methode, um die kleinen Tiere vor dem sicheren Mähtod zu bewahren. Doch die Sache hat einen Haken.

Die ehrenamtlichen Helfer des Vereins kommen wegen der grossen Nachfrage aus der Landwirtschaft kaum nach. Etwa zwölf Felder kann ein Pilot pro Tag abfliegen. Das reicht aber bei weitem nicht aus, um allen Anfragen gerecht zu werden. Viele Felder müssten die Freiwilligen deshalb ablehnen, sagt Vereinspräsident Reto Baumgartner. «Wir können nicht mehr alle Felder abfliegen und müssen unterscheiden, wo kritische Gebiete sind und wo nicht.»

Freiwillige der Rehkitz-Rettung sind im Dauereinsatz
Auf dem Wärmebild (oben) erkennt man das Kitz als kleinen, weissen Punkt. Bild: Rehkitzrettung Dorneckberg

Tote Rehkitze können Futter verderben

Manche Landwirte müssten dann eben andere Wege finden, um ihre Wiesen vor dem Mähen von den Jungtieren zu befreien. Eine Alternative ist, das Feld mit weissen Fahnen zu «verblenden». Die Rehmütter wittern dann Gefahr und holen ihre Jungen aus dem Gras. Das System ist aber nicht perfekt und funktioniert bei den frisch geborenen Kitzen oft nicht.

Und wenn die Mähmaschine ein Kitz erwischt, hat das wirtschaftliche Folgen für die Landwirte. Gelangt ein verwesendes Reh ins Futter von Kühen oder Rindern, kann es zu tödlichen Vergiftungen kommen, erklärt Thomas Wiggli, Landwirt aus Seewen SO. Er lässt sich deshalb von der Rehkitzrettung Dorneckberg unterstützen. Das hat für ihn neben wirtschaftlichen auch ethische Gründe: «Ich will nicht, dass die Tiere zu Schaden kommen. Ich bin selbst auch Jäger und sollte mit gutem Beispiel vorangehen», sagt der 29-Jährige. Für den Einsatz der Drohnenpilotinnen und -piloten auf seinen Feldern muss er nichts bezahlen. «Ich freue mich, dass sie kommen und gebe ihnen dafür eine Spende», sagt Wiggli.

Freiwillige der Rehkitz-Rettung sind im Dauereinsatz
Auch wenn die Mähmaschine kommt: die Kitze bleiben im Gras geduckt.Bild: Baseljetzt

Vier bis fünf Mal im Jahr muss Thomas Wiggli seine Wiesen mähen. Doch nur beim ersten Schnitt braucht er die Drohnen. Danach sind die Rehkitze gross genug, um selber wegzulaufen. Auf seinen Wiesen konnten die Freiwilligen innerhalb von zwei Tagen bereits sieben Kitze aufspüren und retten. In den drei Wochen, in denen der Verein diese Saison bereits Einsätze hatte, seien es insgesamt 84 gewesen, sagt Präsident Reto Baumgartner.

«Eine Herzensangelegenheit»

Für ihn ist die Arbeit des Vereins eine Herzensangelegenheit. An seine erste Rehkitzrettung erinnert er sich noch genau. «Es war unglaublich faszinierend, was das in einem auslösen kann. Ein Wildtier so hautnah zu erleben, das hat mich sogar zu Tränen gerührt», erinnert sich Baumgartner. Seither hat er es sich zur Aufgabe gemacht, die Bevölkerung ins Boot zu holen. «Es geht nur darum, diesen kleinen Wesen die Chance zu geben, erwachsen zu werden.»

Um weitere Drohnen anschaffen zu können, ist der Verein aber weiterhin auf Spenden angewiesen. Denn eine Drohne inklusive Ausrüstung kostet rund 10’000 Franken. Ebenso wichtig ist es, dass der Verein weitere Drohnenpilotinnen und -piloten findet, die sich für Rehkitze begeistern können und bereit sind, ehrenamtlich mitzuarbeiten. «Es ist zwar ein Aufwand, aber er ist zeitlich begrenzt», sagt Baumgartner.

Freiwillige der Rehkitz-Rettung sind im Dauereinsatz
Das ganze Equipment und die Drohnen mit Wärmebildkamera sind eine teure Angelegenheit. Bild: Baseljetzt

Wie läuft eine Rettung ab?

Der Landwirt kann seine Felder auf einer Plattform anmelden. Der verantwortliche Pilot fliegt dann, wenn zeitlich möglich, das Feld am Vorabend ab, um die Wegpunkte auf den Wiesen zu markieren. Am frühen Morgen fliegen die Drohnen dann selbstständig die Felder ab und erkennen auf den Bildschirmen, ob sich Rehkitze im hohen Gras verstecken. Sobald ein Junges gefunden ist, geht ein Jäger auf das Feld, deckt das Tier mit einer Harasse ab und steckt eine Fahne in den Boden. Anschliessend mäht der Landwirt um die Fahne herum, damit das Tier nicht verletzt wird. Gegen Abend wird die Fahne entfernt und die Mutter holt das Junge.

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Das Kitz wird mit einer Harasse abgedeckt und mit einer Fahne markiert, damit es beim Mähen nicht übersehen werden kann. Bild: Baseljetzt

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