Interview
FCB

Für FCB kam Frei-Abgang unerwartet: «Wir wurden auf dem falschen Fuss erwischt!»

11.09.2024 20:38 - update 11.09.2024 20:52
Florian Vögeli

Florian Vögeli

Der Abgang von Rekordspieler Fabian Frei hat in den letzten Tagen für viel Wirbel gesorgt. Nicht nur die Fans, auch die Verantwortlichen wurden vom Abgang überrascht. Am Mittwoch nahm FCB-Sportchef Daniel Stucki erstmals Stellung.

Baseljetzt: Daniel Stucki, mit Fabian Frei und Michael Lang haben in dieser noch jungen Saison zwei langjährige FCB-Spieler den Verein auf eher skurrile Weise verlassen. Gibt es beim Umgang von verdienten Spielern noch Verbesserungsbedarf?

Daniel Stucki: Als ich noch im Nachwuchs tätig war (Stucki war in den Jahren vor seiner Ernennung zum Sportchef im Mai 2024 im Nachwuchs des FCB tätig, Anm. d. Red.), war die Wertschätzung oder der Umgang mit verdienten Spielern nicht gut. Das haben wir damals auch in der Sportkommission diskutiert und mussten lernen. Jetzt bin ich im operativen Geschäft und sehe, dass es wirklich sehr schwierig ist, einen guten Abgang zu ermöglichen.

Was geschah im Fall Lang?

Schon vor der Saisonpause habe ich mit Michael Lang darüber gesprochen, wie es weitergehen soll. Sportlich gab es wenig Perspektiven. Aber durch die Sommerpause sind bei uns zwei Innenverteidiger verletzt ausgefallen. Da hat der Trainer gesagt, dass er ihm noch eine Chance geben will. Von Vereinsseite hat sowieso nichts dagegen gesprochen. Wir haben uns dann am Ende der Vorbereitung noch einmal zusammengesetzt und geschaut, wie viele Einsatzminuten er bekommen kann. Vonseiten des Trainers ging es aus rein sportlichen Gründen gegen Null. Beide Seiten wollten nicht, dass so ein verdienter Spieler ein Jahr bei uns auf der Tribüne sitzt. Dann gäbe es nur Unruhe um seine Person. Für beide Seiten wäre dies unangenehm.

Kein Kontakt mit Winterthur

Die Vertragsauflösung war also eine gute Lösung?

In den Medien wurde das anders kommuniziert, meiner Meinung nach war das aber eine saubere Lösung. Ich hatte immer einen sehr guten und transparenten Austausch mit Lang. Er wollte diesen Abschied im Stadion so und wollte nichts Grösseres daraus machen. Wir als Verein sind bereit, solchen Spielern im Rahmen unserer Möglichkeiten alles für einen optimalen Abschied zu ermöglichen. Ein Abschiedsspiel wäre zum Beispiel denkbar gewesen.

Und wie verlief die Trennung von Fabian Frei?

Das war ganz anders. Nach dem ersten Saisonspiel und der Niederlage gegen Lausanne haben wir nicht nur mit ihm ein sehr kritisches Gespräch geführt, sondern mit einigen Spielern. Dann hat der Trainer im zentralen Mittelfeld gewechselt. Das hatte auch mit dem System zu tun. Danach kam er nur noch zu Teileinsätzen. Seitdem haben wir nicht mehr über eine Trennung gesprochen.

Der Verein wusste also nichts von einem möglichen Wechsel nach Winterthur?

Ich habe den Medien entnommen, dass Winterthur ein Thema sein soll. Von Winterthur selber habe ich bis vergangenen Montagmorgen nichts gehört. Auch nicht von Frei oder seinem Berater (Gaetano Giallanza, Anm. d. Red.). Deshalb war es für mich sehr überraschend, als mich der Berater am Montag um 9:30 Uhr anrief und mir mitteilte, dass Frei nach Winterthur wechseln wolle. Auch wir wurden ein wenig auf dem falschen Fuss erwischt.

Wie war die Reaktion?

Dass es für uns in Ordnung gehen würde. Das ist das Gleiche wie bei Lang. Auch für uns ist es schwierig, wenn solch ein Spieler nicht mehr zum Einsatz kommt oder gar auf der Tribüne sitzen muss. Aber es gibt immer viele Facetten, warum es zu einer Trennung kommt. Sie öffentlich zu machen, ist dann die nächste grosse Schwierigkeit. Für mich ist wichtig, dass ich ein gutes Verhältnis zu den Spielern hatte und transparent mit ihnen umgegangen bin. Aber ganz ehrlich: Wir haben den Abgang von Frei nicht geplant.

Trotzdem ist dieser Abgang eines Rekordspielers nicht wirklich würdig …

Es ist natürlich sehr schwierig, etwas Tolles auf die Beine zu stellen, wenn man nur 12 Stunden Zeit hat, bevor der Spieler geht. Aber wir wollen ihm natürlich den Abschied ermöglichen, den er sich wünscht. David Degen hat ihm zudem gesagt, dass die Türen offen stehen, wenn er in Zukunft eine Trainerkarriere einschlagen sollte. Allgemein sind solche Trennungen enorm schwierig. Mich würde schon sehr interessieren, wie man das optimal lösen könnte und ob das überhaupt möglich ist.

Wer wollte dann nicht mehr mit ihm weitermachen? Der Verein oder der Trainer?

Nicht alles ist für die Öffentlichkeit bestimmt. Wir müssen unseren Trainer und auch die Spieler schützen. Zu unserem Schutz, aber auch zum Schutz von Fabian würden wir nie alles preisgeben. Fakt aber ist: Frei hat in der Rückrunde sehr viel unter Fabio Celestini gespielt. Auch in der Vorbereitung war er ein wichtiger Bestandteil.

Ist Xhaka der Nächste?

Was geschah dann?

Fussball ist unglaublich dynamisch und alles kann sich sehr schnell ändern. Plötzlich spielen wir nur noch mit zwei zentralen Mittelfeldspielern, die enorm viel laufen und Defensivarbeit leisten müssen. Frei hat vor allem seine Stärken am Ball, die in diesem System zwar auch zum Tragen kommen, aber nicht so entscheidend sind. Denn in der Spitze haben wir drei Spieler, die defensiv nicht so viel arbeiten. Frei ist diesem System auch ein bisschen zum Opfer gefallen. Deshalb finde ich es schwierig zu sagen, dass der Trainer plötzlich nicht mehr auf ihn setzt. Ich habe mit Frei sehr viele Gespräche geführt. Deshalb sehe ich das ganz anders, als es in den Medien dargestellt wird. Manches stimmt, einiges aber auch ganz sicher nicht.

Folgt nach Lang und Frei nun auch die Vertragsauflösung von Taulant Xhaka?

Für mich ist es nicht entscheidend, welchen Jahrgang ein Spieler hat. Der Trainer entscheidet, wer spielt. Für mich als Vertreter der Vereinsseite ist es nicht wichtig, wie viele Einsatzminuten ein solcher Spieler hat. Für mich ist wichtiger, dass die Wertschätzung stimmt. Und dann spielt es eher eine Rolle, welchen Einfluss er auf die Mannschaft hat, wie motiviert und mit wie viel Herzblut er dabei ist.

Es gab also noch keine Gespräche mit Xhaka in diese Richtung?

Mit Xhaka hatte ich bisher nur ein einziges negatives Gespräch. Als er zu der Gruppe gehörte, die vor dem ersten Saisonspiel in den Ausgang ging. Wir sind nicht dabei, alle älteren Spieler abzubauen. Damit hat das überhaupt nichts zu tun. Letztendlich hat jede Trennung ihre eigene Geschichte. Ich sehe das etwas differenzierter. Und Tauli ist immer mit ganzem Herzen dabei, egal ob er spielt oder nicht. Das ist das Wichtigste für mich. Dementsprechend zerbreche ich mir auch nicht den Kopf, wann seine Zeit bei uns zu Ende geht. Er ist Spieler des FC Basel und ich sehe nicht, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird.

Warum wurde man dennoch auf dem Transfermarkt aktiv und verpflichtete mit Romário Baró einen weiteren zentralen Mittelfeldspieler?

Es ging weniger um die älteren Spieler. Celestini hat schon vor der Meisterschaft seine Profilwünsche für neue Spieler geäussert. Darunter auch einen zentralen Mittelfeldspieler. Aber wir haben lange gebraucht, um einen solchen Spieler zu finden. Lange Zeit sah es so aus, als würden wir im Zentrum nichts mehr machen. Es war also nicht so, dass wir unbedingt noch jemanden wollten, damit wir nicht mehr auf Frei oder Xhaka zurückgreifen müssen. Wir haben einen ähnlichen Spieler wie Léo Leroy gesucht, was auch der Trainer gefordert hat. Das haben wir mit der Verpflichtung von Romário Baró erfüllt.

Zum Schluss: Hat die sportliche Leitung aus den Trennungen von Frei und Lang etwas gelernt?

Bei Lang eher weniger. Dort hatte ich das Gefühl, dass die Kommunikation mit ihm sehr transparent war. Aber bei Frei haben wir sicher einiges gelernt. Zum Beispiel hätten wir das Gespräch nach dem ersten Saisonspiel besser gestalten oder proaktiver kommunizieren können, worum es konkret geht. Ich habe mit Frei danach aber auch besprochen, dass wir vom Verein gewisse Dinge so nicht mehr machen würden. Aber das sind interne Sachen.

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Kommentare

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12.09.2024 08:07

Sonnenliebe

❤️💙❤️💙

1 0
12.09.2024 06:37

Sonnenliebe

👎👎

3 0

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