Gekommen, um zu bleiben – das Portrait einer Ehrenrunde
Shahed Staub
Esther Keller kämpft im zweiten Wahlgang um ihren Sitz in der Basler Regierung. Im Wahlkampf bieten WG und Sport einen Ausgleich – wenn der Sitz wackelt.
Seit mehreren Jahren wohnt Esther Keller mit Freundinnen in einer WG in der Nähe des Kannenfeldplatzes. Hier sind die Stühle stabiler als ihr Sitz in der Regierung. Am Küchentisch wird viel gequatscht: über eine anstehende Paris-Reise, über dies und jenes. Doch über Politik wird beim Abendessen kaum gesprochen – obwohl Keller und ihre Mitbewohnerinnen ähnliche politische Ansichten haben: «Ich bin sehr froh, dass wir zuhause praktisch überhaupt nicht über Politik reden. Das ist meine Zeit, in der ich über andere Dinge spreche. Zum Beispiel darüber, was man am Wochenende unternommen hat und was man erlebt hat. Das tut gut.» Gemeinsame Abende in der WG sind Esther Keller heilig, eine andere Wohnform könne sie sich momentan nicht vorstellen.
Ämtliplan gilt auch für die Regierungsrätin
Doch auch jemand, der unter der Woche oft 14 Stunden unterwegs ist, morgens früh geht und abends spät zurückkommt, muss die WG-Ämtli erledigen. Mal mehr, mal weniger, wie Mitbewohnerin Corinne bilanziert: «Es ist uns nicht so wichtig, wie oft sie das Geschirr abwäscht oder staubsaugt. Sie ist eben nicht oft zu Hause. Aber man merkt, dass ihr das Zuhause wichtig ist, entsprechend versucht sie, in der wenigen Zeit, in der sie da ist, etwas zurückzugeben.»
Für Nettonull mit Solarstrom im Rampenlicht
Die Wahlen rücken näher – Telebasel und das SRF-Regionaljournal laden zum Podiumsgespräch ein. Hier müssen alle Kandidatinnen und Kandidaten für den Regierungsrat ihre Überzeugungskraft unter Beweis stellen. Keller, ehemalige Journalistin und Kommunikationsberaterin, erledigt diese Aufgabe souverän. Sie ist hartnäckig, wirkt trotzdem locker, bringt im Rampenlicht ihre Schlüsselbotschaften zur Geltung: «In der Stadt gibt es noch so viele ungenutzte Dächer und Brücken für Solaranlagen. Irgendwo haben wir verpasst, dass wir in der Stadt bislang erst drei Prozent des Bedarfs mit Solarstrom decken. Das sollten wir zuerst angehen, bevor wir die Bürgerinnen und Bürger stärker in die Pflicht nehmen.»

Auch beim Thema Netto-Null vermisst die Vorsteherin des Bau- und Verkehrsdepartements klare Rezepte: «Das Netto-Null-Ziel für 2037 wurde von der Bevölkerung mit einer deutlichen Mehrheit beschlossen. Und jetzt höre ich immer nur, was man nicht tun sollte: keine Lenkungsabgaben, keine Regulierung. Dabei braucht es Massnahmen im Verkehr und im Klimaschutz, sonst können wir dieses Ziel nicht erreichen.»
Ein Aufschlag zum Ausgleich, ein Rennen zum Sieg?
Die Tage von Esther Keller sind lang, ihr Kopf voll von Politik und Debatten. Den nötigen Ausgleich findet sie beim Volleyballspielen. Seit zwei Jahren ist sie Teil des City-Volley-Basel-Teams, das kürzlich in die erste Liga aufgestiegen ist. «Wenn ich joggen gehe, denke ich noch viel zu viel über alles nach. Aber sobald ich in der Halle den Ball in den Händen habe, vergesse ich alles für zwei Stunden. Das ist ein grossartiger Ausgleich.»
Auch wenn Kellers Hartnäckigkeit den Kolleginnen auf dem Feld manchmal zu spüren bekommt und sie sich scherzhaft ein bisschen mehr Lockerheit von ihr wünschen – das Teamgefüge passt. «Das Regierungskollegium ist ja auch ein Team. Es ist mir sehr wichtig, dass wir nicht sieben Einzelkämpferinnen und Einzelkämpfer sind, sondern gemeinsam gut funktionieren.»
Am 20. Oktober, als Keller als einzige der sieben amtierenden Regierungsräte nicht gewählt wurde, dürfte sie sich allein gefühlt haben. Dennoch ist sie optimistisch. Rund 1300 Stimmen fehlten am Ende zum Absoluten Mehr. Für den zweiten Wahlgang ist Keller zuversichtlich: «Am Schluss konnte ich den Abstand zu den Verfolgerinnen vergrössern und war nahe am Absoluten Mehr. Das ist ein gutes Resultat, wenn man damit rechnet, dass ich nicht in einem Bündnis gewesen bin. Jetzt heisst es einfach nochmals Vollgas geben». Ob in der Keller-WG also bald die Champagnerkorken knallen, hängt ganz vom Resultat ab 24. November ab.
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Sonnenliebe
Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten. Es ist ein Irrtum, dass mehr Straßen, breitere Fahrbahnen und höhere Geschwindigkeiten Verkehrsprobleme wie Staus lösen. Im Gegenteil, wird die Infrastruktur für den motorisierten Verkehr ausgebaut, so wird dieser damit gesteigert.
Nachdenken
Ich finde, weder Frau Keller noch Frau Ineichen sind wählbar. Zu viele grüne Ideologie, zuviele Verbote. Das Dumme, die Basler Bevölkerung hat leider keine anderen Personen auf dem Wahlplakat. Und wie sagte schon einer der intelligentesten Politiker: Helmut Schmidt (Zitat) „Wer die Grünen wählt, der wird sich später mal bitterste Vorwürfe machen.“