Handlungsbedarf im Schweizer Fussball: «Der Status Quo geht nicht!»
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Schiedsrichter-Problem
Sport

Handlungsbedarf im Schweizer Fussball: «Der Status Quo geht nicht!»

09.05.2023 15:12 - update 26.03.2025 07:40
Florian Vögeli

Florian Vögeli

Nach dem klaren Fehlentscheid im Klassiker zwischen dem FCB und dem FCZ sind sich praktisch alle einig, dass es so nicht weitergehen kann. Die Kritikpunkte: Amateurstatus, Kommunikation, Knowhow und Führung der Unparteiischen.

Eigentlich geht es gar nicht um einen solch krassen Fehlentscheid, der den Klassiker entscheiden konnte. Obwohl in Zeiten des VAR das Unverständnis dafür gross ist. Wo aber Menschen am Werk sind, passieren Fehler. Der Entscheid, der den FCB nicht nur das Spiel sondern wegen Sperren auch Personal kostet, ist vielmehr der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Den Akteuren, wie beispielsweise Marwin Hitz, geht es unmittelbar nach dem Spiel um eine grundsätzliche Schiedsrichterdiskussion. Seine Vorwürfe an die Schweizer Unparteiischen: Oftmals keine erkennbare Linie, zu viele Unterbrüche, schlechte Körpersprache und mangelnde Kommunikati0n.

Scharfe Kritik

Mit dem Basler Torwart einig sind sich die Gäste der aktuellen Sendung «FCB Total» vom Montag. Die Leiterin der Sportredaktion der bz basel, Céline Feller, spricht Klartext: «Jede Woche sprechen wir darüber, dass es im Spiel keine Linie gibt, dass man etwas nicht nachvollziehen kann, dass die Kommunikation sowohl auf wie auch neben dem Platz und in der Öffentlichkeit schlecht ist.»

Bezeichnend dafür sei, dass die Spielsperren sofort am Montag definiert und veröffentlicht wurden, aber weder Schiedsrichterchef Dani Wermelinger noch Schiedsrichter Alessandro Dudic in irgendeiner Form dazu Stellung genommen haben. «Dort wünsche ich mir mehr Klarheit und, dass der Weg an die Öffentlichkeit selbst gesucht wird. Dass es so nicht weitergehen kann, ist klar.»

Am Montagabend melden sich die beiden Personen dann doch noch. Nur wenige ausgewählte Medien erhalten eine Möglichkeit in einem Interview ihre Fragen zu stellen. Die meisten müssen sich mit schriftlichen Statements begnügen. Wermelinger wie auch Dudic geben offen zu: Der Elfmeterentscheid gegen Basel war ein glasklarer Fehler.

Umso peinlicher wirkt es, wenn FCZ-Präsident Ancillo Canepa auch noch einen Tag nach dem Spiel von einem klaren Elfmeter spricht. Noch unverständlicher ist, dass er während dem Spiel auf der Spielerbank für eine kurze Zeit an seiner Pfeife zieht. Wie die Tätlichkeiten der Basler hat auch Rauchen überhaupt nichts auf einem Sportplatz zu suchen. Weshalb die Liga dieser Sache nicht nachgeht, bleibt offen.

Problematik Amateurstatus

Damit die Leistungen der Schiedsrichter der Super League gerecht werden, brauche es weitere Schritte zur Professionalisierung der Unparteiischen. «Damit die Schiedsrichter auch entsprechend entlöhnt und ausgebildet werden. Dann können sie sich auch nicht mehr hinter dem Amateurstatus verstecken. Ich verstehe, dass es nicht einfach ist, wenn Schiedsrichter momentan Ferien nehmen müssen, um irgendwelche Weiterbildungen machen zu können. Dort müsste man beginnen», sagt Feller und ergänzt, dass es viel Zeit brauche, bis Entwicklungen spürbar seien.

Auch FCB-Legende Erni Maissen sieht das ähnlich: «Seit Jahren sagen wir, dass wir Profischiedsrichter haben müssten. Das wird nicht ernst genommen. Vielleicht hat man aber auch das Geld nicht, das weiss ich nicht.» Der Schweizerische Fussballverband und auch die Liga seien in einer finanziell schwierigen Situation, sagt Wermelinger gegenüber SRF: «Da liegen zusätzliche Gelder für die Schiedsrichter nicht drin, das kann ich nachvollziehen.»

Er spricht damit den Fachkräftemangel an, da wegen der Aufstockung der Super League vier Schiedsrichter nachgezogen werden mussten. Eine enge Begleitung sei nicht möglich. Generell kommt aber auch er zum Schluss, dass «die Leistungen im Gesamtkontext nicht so gut sind, wie wenn man Profi ist». In den zwei höchsten Schweizer Fussballligen würden die meisten Schiedsrichter 80 oder sogar 100 Prozent arbeiten. «Das bringt einen an Grenzen», so Wermelinger weiter.

Handlungsbedarf

Zum Thema Kommunikation wird der Schiedsrichterchef dann folgendermassen zitiert: «Es liegt in der Natur der Sache, dass ein junger Schiedsrichter, der noch nicht lange in der Liga ist, anders kommuniziert als ein Routinier. Aber da muss man um Verständnis bitten. Jüngere haben den Fokus an einem anderen Ort und müssen sich kommunikativ in eine neue Liga hineinleben.»

Genau deswegen wäre externe Hilfe von grossem Vorteil. Und da brachte Marwin Hitz nach dem Klassiker bereits einen Namen ins Spiel. Den ehemaligen Schiedsrichter aus der Bundesliga: Manuel Gräfe. Der 49-Jährige könnte den Schweizer Schiedsrichtern wichtige Inputs geben und sie auf ein neues Niveau heben, ist sich auch Feller sicher.

Drei Punkte, um den VAR besser zu machen

Dass die Verantwortlichen nun unbedingt handeln müssen, ist für die Basler Sportjournalistin klar: «Diese ewigen wöchentlichen Diskussionen sind auch für die Schiedsrichter nicht toll. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass irgendjemand noch Lust hat, Schiedsrichter in der Schweiz zu werden, wenn man das sieht. Das ist einfach ein Status Quo, der nicht geht!» Maissen erwartet nun, dass klare Richtlinien für Schiedsrichter definiert werden. Zum Beispiel müsse man verstehen können, weshalb sich der VAR einschaltet – oder eben auch nicht.

Statistiken würden belegen, dass man seit der Einführung des VAR Fehler habe reduzieren können, so Wermelinger gegenüber SRF weiter. Damit dieser in Zukunft noch besser funktioniert, setzt der Schiedsrichterchef bei drei Punkten an: «Die kalibrierte Linie bei der Abseitsstellung wird kommen. Die Kommunikation gegenüber Fans und Klubs muss sich verbessern, während der Check läuft. Und schliesslich müssen wir bei uns selber dranbleiben und uns verbessern, damit solche Fehler wie in Basel nicht mehr vorkommen.»

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Kommentare

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12.05.2023 10:55

Tobi99

KI und Bodycam ersetzten Schidsrichter und VAR.

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