Theater Basel
Basel-Stadt

Herbert Grönemeyer vor Uraufführung: «Die Freude prügelt sich mit der Nervosität»

05.11.2023 11:11 - update 05.11.2023 15:19

Maurus Voltz

Am Samstag feierte Herbert Grönemeyer (67) im Theater Basel mit dem Stück «Pferd frisst Hut» Uraufführung. Baseljetzt traf den deutschen Superstar vor der Aufführung zum Interview.

Die heile französische Provinzwelt rast in eine fulminante Katastrophe. Schuld daran ist unter anderem Herbert Grönemeyer, der für das Theater Basel eine Musicalversion von Eugène Labiches Posse «Der Florentiner Hut» komponiert hat. «Pferd frisst Hut» heisst die Produktion von Komponist Herbert Grönemeyer und Regisseur Herbert Fritsch, die am Samstag am Theater Basel uraufgeführt wurde.

Der Titel sagt eigentlich bereits fast alles über den Inhalt der struben Boulevard-Komödie aus, die Eugène Labiche im 19. Jahrhundert geschrieben hatte: Ein Pferd frisst einen Hut und darob gerät eine Hochzeitsgesellschaft ganz gehörig in Schieflage.

Baseljetzt traf Herbert Grönemeyer vor der Uraufführung zum Interview und sprach mit ihm über sein neues Musical, seinen Lieblingsplatz in Basel und die Nervosität vor der Uraufführung.

Baseljetzt: Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Theater Basel entstanden?

Herbert Grönemeyer: Das Theater Basel ist an mich herangetreten und fragte, ob ich nicht mit Herbert Fritsch, den ich sehr mag und schon wunderbar alberne Stücke gesehen habe in Berlin, zusammenarbeite wolle. Wir hatten in Bochum schon ein Stück gemacht. Das hiess «Herbert», weil wir beide Herbert heissen. Da hat er sich mit meinen Liedern auseinander gesetzt und veralbert – dadaistisch. Das ist leider gescheitert, weil Corona kam. Wir mussten das abbrechen. Und dann kam das Theater Basel mit der Idee, ob ich Lust hätte für dieses Stück, also für den «Florentiner Hut», also «Pferd frisst Hut», die Musik zu schreiben in der Konstellation, mit grossem Orchester, und da habe ich gesagt: warum nicht?

Wie zufrieden warst du mit dieser Zusammenarbeit?

Es hat auf jeden Fall menschlich sehr gut gepasst. Ich meine, wir spielen mit dem Basler Sinfonieorchester, was natürlich schon mal eine grosse Ehre ist. Wir haben natürlich auch den Opern-Chor, was auch toll ist. Mit Herbert Fritsch verstehe ich mich blendend. Wir haben wunderbare Schauspieler. Wir haben wirklich sehr viele tolle Leute und das alles unter einen Hut zu bringen, ist natürlich ein anderes Thema. Aber ich bin sehr zufrieden damit. Es ist ein Prozess. Da fliegen die Späne.

Ist diese Zusammenarbeit mit dem Theater Basel einfach mit diesem Stück entstanden oder hast du einen Bezug zu Basel?

Ich habe hier mal die Baloise Session gespielt. Da haben wir auch schon mal ganz früh hier im Stadion gespielt. Ich bin jetzt fast fünf bis sechs Wochen hier. Ich mag die Stadt. Es ist wunderbar hier – leichtfüssig und zart und lebendig. Aber nicht protzig. Ich mag den Rhein, die Menschen, die Altstadt, mit den ganzen alten wunderbaren Häusern, die kleinen Gassen. Die Atmosphäre hat etwas Tänzelndes. Ich mag das sehr gerne. Ich bin viel umher gelaufen, was ich normalerweise nie mache. Ich bin kein Fussgänger. Basel lädt einen aber ein, hier durch die Gegend zu schlendern und einzukehren und einzukaufen. Ich kaufe sehr gerne ein. Habe auch sehr viel eingekauft. Aber darum geht es nicht. Es ist eine sehr liebevolle Stadt. Überhaupt nicht Geld betont. Sehr zart. Ich bin gerne hier.

Hast du einen Lieblingsplatz in Basel?

Beim Münsterplatz war ich schon beim ersten Mal. Da schien die Sonne und jemand hat Seifenblasen gemacht. Als ich hier anfing, war auch noch wunderbares Wetter. Der Münsterplatz ist schon hinreissend mit dem Blick über den Rhein. Aber auch andersrum, wenn man drüben steht und sich die Silhouette anschaut. Und die Menschen, die sich im Rhein treiben lassen und schwimmen und auf den Terrassen sitzen. Das hat schon etwas von grossem Kino.

Zurück zum Theater. Ist das jetzt eine neue Richtung, die du einschlägst?

Ich habe mein ganzes Leben versucht, das was ich tue, so intensiv wie möglich zu machen, weil ich vom Theater komme. Ich war mit 17 musikalischer Leiter in Bochum. Schon vor dem Abitur. Ich war 14 Jahren lang am Theater. Ich hab zuletzt Faust 1 und 2 in Berlin gemacht. Ich spring da rein und gehe aber auch wieder raus. Ich bin nicht festgelegt und ich freu mich immer, wenn unerwartete Dinge kommen und ich Zeit habe. Es gibt keinen Plan. Ich habe auch dirigiert in Luzern. Es war ein Klavierkonzert. Ich freue mich halt, dass ich mich in meinem Leben mit Musik beschäftigen kann. Das ist mein Lebenselixier und ich freue mich immer, wenn ich mich Aufgaben stellen kann, und hoffe dann, sie irgendwie zu bewältigen.

Man kann sagen, du bist ins Theater zurückgekommen. Wie kannst du dieses Gefühl beschreiben?

Ich habe 14 Jahre im Theater gearbeitet. Ich bin jetzt natürlich in einem ganz anderen Alter und das ist natürlich 40 Jahre her. Ich habe gemerkt, dass hier im Theater sehr viel Sediment dazu kommt. Man erinnert sich an damals. Wie war man damals? Das macht einen auch ein bisschen sentimental. Gleichzeitig liebe ich aber auch die Theaterwelt, weil sie auch voller Drama ist. Auch hinter den Kulissen, Mega-Drama. Es ist existenziell und alles ist ganz furchtbar. Das ist ganz entsetzlich. Aber auch im lebendigen Sinne. Es ist einfach Leben. Aber man kann es auch ausdehnen und das Ganze wird dann sehr witzig. Die Menschen sind sehr gewandt im Kopf, aus allen Ländern. Die Theaterwelt ist einfach faszinierend. Aber ich bin natürlich jetzt schon in einer anderen Phase meines Lebens.

Können wir uns in Zukunft auf mehr Theaterstücke freuen?

Dafür muss man es sich zuerst angucken, ob man sich da freuen kann. Dann sehen wir mal weiter. Für mich denke ich aber immer weiter. Ich lerne natürlich dazu, wenn ich sowas mache. Ich liefere nicht einfach aus Routine ab, sondern fordere mich auch selbst heraus. Ich lerne dazu. 30 Jahre habe ich noch auf der Uhr, insofern werde ich weiter nerven.

Wie steht es um die Nervosität?

Die ist enorm hoch. Man weiss, womit man alles umgehen muss an diesem Abend. Das gehört aber dazu. Wir fiebern alle gemeinsam. 140 Menschen fiebern. Also, ich hoffe, dass alle mitfiebern. Man ist schon sehr nervös.

Aber die Freude ist immer noch im Vordergrund?

Die Freude prügelt sich mit der Nervosität, würde ich sagen.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Dein Kommentar

Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise

Kommentare lesen?

Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.