«Ich möchte wieder einmal auf den Barfi fahren»
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«Ich möchte wieder einmal auf den Barfi fahren»

27.06.2023 17:13 - update 27.06.2023 17:14
Florian Metzger

Florian Metzger

Marcel «Cello» Ammann ist seit 2005 Busfahrer der ersten Mannschaft des FC Basel. Mit Baseljetzt sprach er über seine Verantwortung, sein Fan-Herz, seine Aufgaben und den Preis, den er dafür bezahlt.

Seit 2005 fährt er den FCB überall hin. Marcel Ammann, alias «Cello», lebt seinen Kindheitstraum als Busfahrer der ersten Mannschaft des FCB. Momentan sitzt er noch hinter dem Steuer eines normalen Reisecars, bald fährt er aber den neuen Mannschaftsbus, der eine Woche vor dem Saisonstart präsentiert wird.

Auf den neuen Bus freut sich «Cello» schon jetzt, er fährt aber alle Busse mit grosser Leidenschaft. «1998 habe ich das Bus-Billett gemacht und 2001 als Aushilfe angefangen. Zuvor bin ich noch zehn Jahre Lastwagen gefahren. Dann hatte ich plötzlich die Möglichkeit, bei er Firma Settelen als Nummer 2 den FCB fahren zu dürfen. Unterdessen fahre ich die Mannschaft die 10. Saison alleine.»

Nach 18 Jahren musste er Settelen verlassen

Ammann ist nicht beim FCB angestellt, sondern bei der Firma, die den Mannschaftsbus stellt. Erst vor Kurzem hat der FCB die Firma gewechselt, neu ist Sägesser für den Mannschaftstransport verantwortlich. Der Verein hat sich aber dafür eingesetzt, dass Ammann den FCB auch weiterhin fahren kann. Dafür musste «Cello» seinen alten Arbeitgeber Settelen aber nach 18 Jahren verlassen. Seit dem 1. Juni ist er nun bei Sägesser angestellt.

«Ich habe auch in meinem eigenen Leben schon mehrfach erfahren, dass Dienstleistungen über Jahre hinweg irgendwann nicht mehr so wertgeschätzt werden. Umso grösser war meine Freude darüber, dass sich der Verein für meinen Verbleib eingesetzt hat. Ich freue mich jetzt sehr auf die Zukunft bei der neuen Firma und auf alles, was kommt.»

Familie als grosser Rückhalt

Mit viel Leidenschaft und Herzblut richtet er sein ganzes Leben nach dem FCB aus. Das wirkt sich auch sehr stark auf sein Privatleben aus. Einerseits sei er sehr stolz auf seinen Job und andererseits brauche es natürlich auch immer Menschen, die das mitmachen würden. «In erster Linie ist das mein Schatz, Adriana, die doch mehr oder weniger jedes Wochenende alleine ist, weil ich bei allen Spielen im Einsatz stehe.» Auch habe er einige Geburtstage seiner heute 25-jährigen Tochter jobbedingt verpasst. Bei solch einem Job gebe es immer zwei Seiten, so Ammann.

So schön sein Job auch ist, er kann auch durchaus einmal gefährlich werden. Seinen schlimmsten Moment erlebte er beim Cupfinal im Jahr 2014 in Bern gegen den FC Zürich. «Wir hatten eine Polizeieskorte und mussten durch den Bereich der Zürcher Fans hindurch. Die haben eine Sitzblockade gemacht und dann kam alles mögliche aus der Luft geflogen. Anfangs waren es Esswaren und Becher, später dann auch andere Dinge.» Sie hätten «Schwein» gehabt, weil nur eine kleine Scheibe zu Bruch gegangen sei. Das sei mitunter aber das Schlimmste, was er erlebt habe, denn den Bus konnte er über Minuten weder vor noch zurück bewegen.

Fehler sind keine erlaubt

Wie bei jedem Job gibt es auch bei «Cello» Dinge, die eben einfach gemacht werden müssen, beispielsweise die Reinigung des Busses. Doch auch diese führt er mit viel Verantwortung durch, nicht zuletzt auch, weil er mit dem Bus neben seinem Arbeitgeber auch den FC Basel repräsentiert. Dass Ammann überhaupt zu seinem jetzigen Job gekommen ist, hängt auch stark mit seinem Vater zusammen.

«Ich möchte wieder einmal auf den Barfi fahren»
Auch der Mannschaftsbus muss ab und an geputzt werden. Bild: Florian Metzger

Tief verwurzelt mit dem FCB, hat sein Vater 30 Jahre lang Tribünendienste im alten Stadion geleistet. Ausserdem hat er selbst auch als Chauffeur gearbeitet. «Als kleiner Junge war ich oft dabei und wollte das unbedingt auch irgendwann einmal machen. Ich war auch relativ jung zum ersten Mal im Stadion, mit 7 hat mich mein Vater mitgenommen.» Seit diesem Tag ist «Cello» FCB-Fan. Irgendwann habe er sich dann das Ziel gesetzt, Bus zu fahren und den FCB zu fahren.

Dieser Wunsch ist in Erfüllung gegangen. Heute ist der 52-Jährige ein wichtiger Bestandteil der ersten Mannschaft. «Ich sehe mich als kleines Rächen im ganzen System. Jeder ist wichtig und ich bin mir meiner Rolle auch bewusst, die ich im Team habe.» Ammanns Job ist mit viel Verantwortung verbunden, denn seine «Fracht» ist Millionen von Franken wert. Für ihn spielt dieser Fakt aber nicht wirklich eine Rolle: «In erster Linie ist mir wichtig, dass sie sich wohl fühlen. Ob das dann Kinder sind, die ich ins Hallenbad fahre, oder die erste Mannschaft des FCB, das tut nichts zur Sache. Ich muss meinen Job machen.» Im Vergleich zu den Fussballern gebe es einen entscheidenden Unterschied: Bei ihm gebe es keine Fehler. «Cello» grinst.

Heikle Gespräche im Nacken

Als Busfahrer, als Fan und Fahrer des FCB, vor allem aber auch als Mensch, ist Ammann sehr loyal. Im Bus bekommt er immer wieder Gespräche mit, die durchaus auch heikel sein können. Direkt in seinem Nacken sitzt das Trainerteam. «Gewisse Gespräche, die stattfinden, fallen auch etwas deftiger aus. Für mich war es aber nie ein Thema, die Inhalte nicht für mich zu behalten.» Sein Motto sei ganz klar: Was im Bus passiert, bleibt im Bus. Damit sei er in all den Jahren stets sehr gut gefahren.

«Ich möchte wieder einmal auf den Barfi fahren»
Bis zum 16. Juli fährt Marcel Ammann noch diesen Reisecar. Bild: Florian Metzger

Eine kleine Anekdote teilt «Cello» aber dennoch mit uns. Sie spielte sich vor einem Cupspiel in Wil ab. Trainer war Heiko Vogel, Präsident Bernhard Heusler. Er und die Mannschaft fuhren vom Hotel zum Stadion. Ammann ist auch verantwortlich für das Catering im Bus. An diesem Tag vergass er die Sandwiches für die Mannschaft. Er rief im Hotel an und fragte, was man tun könnte. 100 Franken kostete ein Taxi, was natürlich zu teuer war. Rein zufällig stand dann plötzlich Bernhard Heusler an der Hotel-Rezeption und wurde von der Rezeptionistin angesprochen. Daraufhin brachte der Präsident persönlich die Verpflegung zum Stadion. «Da wäre ich am liebsten im Boden versunken».

«Cello» träumt von Fahrt auf den Barfi

Marcel Ammann hat schon sehr viel erlebt. Müde ist er deshalb aber noch lange nicht. Er könnte sich gut vorstellen, den FCB bis zu seiner Pensionierung sicher an jeden Ort zu bringen. «Das wäre eine riesige Freude für mich. Wenn du das einmal in dir drin hast, dann bleibt das für immer.» Sein Job sei nicht einfach nur ein Job, sondern eine Berufung. Entsprechend möchte er ihn gerne so lange wie möglich machen können. «Natürlich würde es mich auch sehr freuen, wieder einmal auf den Barfi fahren zu können», sagt «Cello» schmunzelnd und steigt in den Bus ein. Die Mannschaft ist pünktlich erschienen und wartet bereits im Bus darauf, von Ammann zum Trainingsgelände gefahren zu werden.

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