Tierschutz
Baselland

Igel-Retterin Sandra Strub: «Tiere einzuschläfern, macht mich sehr traurig»

06.04.2024 17:09
Tim Meyer

Tim Meyer

Die Igelsaison hat begonnen. Und der Mensch als grösster Feind bringt die Tiere mit Rasenmährobotern und anderem Gerät in Bedrängnis. Igelstationen sollen helfen, die Tiere zu schützen. Baseljetzt hat eine solche in Tenniken besucht.

Die Igel strecken sich und erwachen so langsam aus ihrem Winterschlaf. Zwischen Mitte März und Mitte April öffnen sich ihre Äuglein. Und dann heisst es für die Stacheltiere: Futter suchen.

Die Stacheltiere leben grösstenteils im Siedlungsraum. Igel können nicht mehr als Waldtiere bezeichnet werden. Denn die heutigen Wälder in ihrer Einheitlichkeit bieten den Igeln kein Zuhause mehr. Lieber machen es sich die Stacheltiere in vielfältigen Grünanlagen oder naturnahen Gärten gemütlich.

Die Nähe der Tiere zum bewohnten Raum birgt aber viele Gefahren. Sandra Strub vom Verein Igelnest Oberbaselbiet hat darum eine Igelstation eingerichtet, um den Stacheltieren zu helfen.

Igel-Retterin Sandra Strub: «Tiere einzuschläfern, macht mich sehr traurig»
Ein verletzter Igel in der Igelstation in Tenniken. Bild: Baseljetzt

So gibt es jetzt im Oberbaselbiet nach Ormalingen auch in Tenniken eine solche Einrichtung. Im letzten Jahr wurden in der Station in Ormalingen rund 300 Igel betreut. Die grösste Gefahr für die Igel sei nicht etwa der Verkehr, sagt Sandra Strub vom Verein Igelnest Oberbaselbiet. «Sondern der Mensch.»

In der Station hätten sie viele Tiere, die Opfer eines Gartengeräts wurden. «Der Igel schläft am Tag unter der Hecke. Wenn der Mensch die Hecke schneidet und vorher nicht kontrolliert, ob darunter ein Igel sein könnte, verschneidet er ihn einfach. Der Igel kugelt sich zum Schutz ein. Durch solche Mähgeräte haben wir viele schlimme Verletzungen». Deshalb sei es wichtig, vor den Gartenarbeiten erst Kontrollen durchzuführen.

Vier Igel bereits eingeschläfert

Strub und das Igelnest arbeiten ehrenamtlich. In ihrer Freizeit versorgt die Baselbieterin die Igel: behandeln, Wunden pflegen, Medikamente geben. Damit die Igel schnell wieder auf die Beine kommen. Den Igeln zu helfen, sei für sie eine Herzensangelegenheit: «Die Not der Igel ist riesengross, und es gibt zu wenig helfende Hände. Ich helfe wirklich aus Liebe zu den Igeln. Und diese wächst mit jedem Tier, das ich wieder gesund in die Natur entlassen kann».

Im Idealfall können die Tiere wieder in die Freiheit gelassen werden. Manchmal läuft es aber leider anders. Vier Igel musste Strub dieses Jahr bereits einschläfern. Und das sei immer sehr schwer.

Mit ihrer Arbeit möchte Strub solch drastische Massnahmen möglichst verhindern. Dazu könne die breite Bevölkerung ebenfalls beitragen. Wenn man ein verletztes Stacheltier auffindet, sei es wichtig, sofort zu handeln. Der Igel sollte zuerst gesichert und in eine Box mit einer gewissen Höhe von etwa 40 Zentimetern befördert werden. Wenn es warm ist, müssen die verletzten Tiere direkt aus der Natur genommen werden. Weil bei Verletzungen befielen den Igel sofort Fliegen, erklärt Strub. Nach der Sicherstellung soll man sich bei der Igelstation oder einem Tierarzt melden.

Igel-Retterin Sandra Strub: «Tiere einzuschläfern, macht mich sehr traurig»
Bild: Baseljetzt

Die Igelpopulation hat in der Schweiz drastisch abgenommen. In Zürich gibt es beispielsweise rund 40 Prozent weniger Igel als noch vor 20 Jahren. Das zeigt eine Untersuchung der Fachstelle Naturschutz von Grün Stadt Zürich und des Igelzentrums Zürich. Laut Sandra Strub gebe es zwar weniger Igel, diese würden aber von Menschen mehr gesehen. Alles in allem werde der Lebensraum immer kleiner und die Not der Tiere immer grösser.

Kritische Meinung zum Projekt des Kantons

Mit dem neuen Projekt «Freie Bahn für Igel» wollen die beiden Basel die Igel im Siedlungsraum mit Hilfe von Spurentunnels genauer beobachten. Die Tunnel werden mit Farb- und Papierstreifen ausgerüstet und in Privatgärten und Grünflächen platziert. Geht ein Igel durch einen Spurentunnel, hinterlässt er seine Pfotenabdrücke.

Für Sandra Strub bleibt die Frage offen, wie sinnvoll dieses Projekt ist: «Wenn man die Igel zählt, ist das ja toll, aber man muss danach auch Massnahmen ergreifen, um die Population wieder zu erhöhen. Nur mit Zählen alleine ist es nicht getan».

Für den Verein Igelnest Oberbaselbiet wäre es eine sinnvolle Massnahme, wieder natürliche Lebensräume zu schaffen. Dass «Gärten auch Gärten bleiben können und nicht jeder ein englisches ‘Räslein’ oder einen Steingarten hat». Ausserdem sollte laut Strub im Herbst das Laub liegen gelassen oder ein Totholzhaufen im Garten aufgebaut werden. Denn darin gebe es nicht nur viel Lebensraum für Igel, sondern auch für Insekten, die Nahrung der Stacheltiere.

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