In Dornach wütet Shakespeares Schwester
Michael Kempf
Im Neuen Theater Dornach wird zurzeit das Stück «Rape and Revenge» aufgeführt. Darin rechnet die fiktive Figur Judith Shakespeare mit dem Machtmissbrauch in den Theaterbetrieben ab.
«Hasta la Vulva», ruft Judith Shakespeare (gespielt von Johanna Dähler) immer wieder. Die fiktive Schwester des berühmten William Shakespeare (gespielt von Yevgenia Korolov) hat es satt, im Schatten ihres Bruders zu stehen. Genauso begabt wie ihr Bruder – oder sogar noch begabter – will Judith sich auf den grossen Theaterbühnen versuchen.
Beim Theaterdirektor Juri Stein (gespielt von Grazia Pergoletti) bekommt Judith die Möglichkeit, ihr Stück aufzuführen. Allerdings nicht über Urwälder – wie ursprünglich von ihr geplant – sondern über Vergewaltigung. Denn Juri erhofft sich durch Judiths bekannten Nachnamen und das Thema Machtmissbrauch mehr Geld von den Förderstellen.
Als dann auch noch Röschen* (gespielt von Antonia Scharl) von Judiths Bruder vergewaltigt wird, tun sich die beiden Frauen zusammen, um ihre Stimmen zurückzuerobern.
Von Machtmissbrauch und Utopien
Autorin Paula Thielecke und Regisseurin Florentine Krafft wollen mit ihrem Stück «Rape and Revenge» Machtstrukturen im Theaterbetrieb aufzeigen. Dabei gelingt es ihnen, das Thema nicht als Moralkeule zu verpacken. Vielmehr begleiten wir die Hauptfigur Judith durch den Theaterdschungel, dem sich eine Frau aussetzen muss.
Das Stück mündet schlussendlich in feministischen Utopien. Weg von den klassischen Vergewaltigungsgeschichten, in denen die Frau das Opfer und der Mann der Täter ist. Vielmehr soll es um Frauen gehen, die nach einer Vergewaltigung ihre Stimme zurückgewinnen, und um Vergewaltiger, die sich zu ihrer Tat bekennen und die Konsequenzen tragen.
Geniale Inszenierung
Trotz der ernsten Thematik rund um Machtmissbrauch, der auch in Theaterbetrieben vorherrscht, gelingt es Florentine Krafft, das Stück mit genügend Humor zu verpacken. Auch wird die sexualisierte Gewalt nie gezeigt, sondern nur angedeutet, was es auch den Betroffenen im Zuschauerraum leichter machen soll.
Hinter und auf der Bühne stehen Frauen, die wissen, wovon sie reden, denen Machtmissbrauch am Theater kein Fremdwort ist. Und das merkt man dem Stück «Rape and Revenge» an. Ein Theaterabend, der nicht belehrt, sondern auf ebenso humorvolle wie geniale Weise zum Nach- und auch Umdenken anregt. Denn nur so kann aus Utopien Gegenwart werden. Oder um es in Judith Shakespeares Worten zu sagen: «Hasta la Vulva!»
«Rape and Revenge» läuft aktuell noch am 17. und 19. Januar sowie am 10. Februar im Neuen Theater Dornach.
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