
Ist der Plan der Ratslinken aufgegangen?
Leonie Fricker
Die Ratslinke und vereinzelte Mitte-Kräfte haben den umstrittenen Beat Schaller als Statthalter verhindert. Mit Gianna Hablützel-Bürki übernimmt eine Frau das Mandat, die auf nahezu gleicher Linie politisiert. Für die SP sei der Plan dennoch aufgegangen.
Ein Blick auf den Smartspider der frisch gewählten Statthalterin Gianna Hablützel-Bürki zeigt: Sie steht ihrem Parteikollegen Beat Schaller politisch recht nahe. Da sei die Frage erlaubt: Hat sich der strategische Coup vom Mittwoch für die Ratslinke überhaupt gelohnt?
«Bin froh, dass es vorbei ist»
Baseljetzt trifft SP-Fraktionspräsidentin Michela Seggiani am Tag nach der Wahl im Basler Rathaus. Hinter ihr liegt die erste Sitzung der Finanzkommission in der neuen Legislatur. Die Kommissionsarbeit geht wie gewohnt weiter, doch die holprige Wahl vom Vortag steckt Seggiani noch deutlich in den Knochen. «Ich bin froh, dass es vorbei ist.»
Eine Statthalter-Wahl wie jene am Mittwoch gab es schon lange nicht mehr. Zuletzt kam es 2006 zu einer Rochade, als eine Basta-Grossrätin gewählt wurde, obwohl turnusgemäss ein Kandidat aus den Reihen der SVP das Amt hätte übernehmen sollen. Doch am Mittwoch kam es nochmal anders. Statt eines konservativen SVP-Grossrats wurde eine ebenso konservative SVP-Grossrätin gewählt. Trotzdem sei der Plan der Fraktionspräsidenten und -präsidentinnen aufgegangen, sagt Seggiani: «Für uns war einfach klar, dass wir Herrn Schaller nicht in dieses Amt wählen.»
Auch im Vorfeld der Statthalter-Wahl lief einiges anders ab als üblich. So war der ursprünglich vorgesehene Kandidat Schaller noch am Dienstag von der SP angehört worden. Wäre Gianna Hablützel-Bürki von Anfang an als weitere Kandidatin zur Verfügung gestanden, hätte man womöglich auch mit ihr ein Hearing gemacht, erklärt Seggiani.
SP will Hablützel «eine Chance geben»
Dass die neue Statthalterin und ehemalige Spitzenfechterin Hablützel-Bürki ebenso am rechten Rand politisiert wie der verschmähte Schaller, streitet die SP-Fraktionschefin nicht ab. Auf dem Bock spiele es aber keine Rolle, ob jemand links oder rechts sei, sagt Seggiani. «Entscheidend ist, dass diese Person moderierend und verbindend agieren kann.» Und diese Qualität scheint die Ratslinke Hablützel-Bürki eher zuzuschreiben als Schaller.
«Wir müssen ihr jetzt eine Chance als Statthalterin geben», fährt Seggiani fort. In einem Jahr steht dann die nächste Wahl an. Dann müsste gemäss Rotation Hablützel-Bürki zur höchsten Baslerin werden. In der Zwischenzeit wolle die SP schauen, wie sie sich im Amt als Vize-Grossratspräsidentin schlägt. «Aber sie jetzt schon vorzuverurteilen, wäre falsch.»
Hablützel-Bürki schon im «Repräsentanten-Modus»
Eine nicht ganz einfache Ausgangslage für die anstehende Legislatur, könnte man meinen. Doch die neue Statthalterin scheint sich von den Strapazen des Vortages bereits erholt zu haben. «Ich habe gut geschlafen», sagt Hablützel-Bürki am Donnerstag gegenüber Baseljetzt. Im Gespräch mit ihr wird schnell klar, dass sie sich in ihrer neuen Rolle schon bestens eingefunden hat. Die Frage, ob die gestrige Nicht-Wahl ihres Parteikollegen im Parlament zu Spannungen führen könnte, verneint sie. «Die Parteien haben diesen Entscheid gefällt, daraus müssen wir unsere Lehren ziehen, dies analysieren und dann nach vorne schauen», lautet ihre Antwort. Am Mittwoch, nur Sekunden nach der Wahl, bezeichnete sie diese noch als «Kindergartenspiel».

Im Grossen Rat ist Gianna Hablützel-Bürki bereits eine feste Grösse. Seit acht Jahren sitzt die 55-Jährige für die SVP im Parlament, und 2019 wurde sie von ihrer Partei für die Ständeratswahlen im Kanton Basel-Stadt nominiert.
Ein unbeschriebenes Blatt ist die Ex-Profifechterin nicht. Nach einer mehr als steilen Karriere in ihrem Sport zerstritt sie sich 2004 mit dem Schweizerischen Fechtverband, der ihr unsportliches Verhalten vorwarf. Im Sommer 2023 wurde sie am Basler Strafgericht wegen Verleumdung verurteilt.
Bestens vorbereitet
Nach der gestrigen Wahl beginnt nun ein neues Kapitel in ihrer politischen Karriere. Unvorbereitet ist die SVP-Politikerin auf keinen Fall. Hablützel-Bürki hatte sich nämlich im Vorfeld um das Statthalteramt beworben, doch im internen Verfahren setzte sich Schaller mit einer Stimme Vorsprung durch und wurde so zum offiziellen Kandidaten. «Daher habe ich mir bereits im Vorfeld Gedanken gemacht, wie ich mich organisieren kann.»
Am Mittwoch sass Hablützel-Bürki also zum ersten Mal auf dem Bock. Sie freut sich auf die Zukunft und die «ehrenvolle Aufgabe», wie sie sagt. Auf die Wahl zur höchsten Baslerin in einem Jahr blickt sie zuversichtlich: «Ich bin sicher, dass ich mich in diesem Jahr beweisen und zeigen kann, dass ich offen bin, zuhöre und vermittle.»
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Jowas
Kindergarten!!!