Jagd mit Peilsender und Antenne: Imker kämpfen gegen die Asiatische Hornisse
©Bilder: Baseljetzt/Keystone
Fremde Art
Baselland

Jagd mit Peilsender und Antenne: Imker kämpfen gegen die Asiatische Hornisse

13.09.2023 18:30 - update 14.09.2023 08:14
David Frische

David Frische

Sie ist lästig und gefährlich, denn sie frisst unsere Bienen: Die Asiatische Hornisse breitet sich im Zuge des Klimawandels auch bei uns in der Region aus. Imker und Behörden jagen sie. Baseljetzt war dabei.

Spektakuläre Szenen an einem September-Abend in Aesch. Mehrere Bewohner:innen des Wohnquartiers Im Brüel stehen auf der Strasse und blicken nach oben, filmen und fotografieren mit ihren Handys. Auf einem Kran steht ein Mann im Schutzanzug. In rund 17 Metern Höhe sägt er den Ast einer Tanne ab und greift nach einer braunen Kugel. Das Hornissen-Nest ist sichergestellt, die Gefahr im Brüel gebannt. Fürs Erste.

Jagd mit Peilsender und Antenne: Imker kämpfen gegen die Asiatische Hornisse
Bild: Baseljetzt

Die Imker schlagen Alarm

Eine Woche vorher. Aus Aesch und Pfeffingen erreichen die Behörden mehrere Meldungen, dass Asiatische Hornissen in Gärten unterwegs seien. Stephan Egloff und Christian Flubacher machen sich auf den Weg. Die beiden Imker sind sogenannte Scouts, ausgebildete Hornissenjäger und für die Kantone Baselland und Basel-Stadt im Einsatz – auf eigene Initiative. Denn die Imker haben die Bedrohung durch die Asiatische Hornisse schnell erkannt. «Wir Imker sind der Zeiger oder der Barometer, halten jetzt den Finger hoch und sagen: Achtung, da ist etwas! Die Biodiversität ist gefährdet. Ein Hornissenvolk isst 70 Kilo Insekten in einer Saison.» Eine riesige Menge. Und die Bienen der Imker sind nur eine von vielen Insektenarten auf dem reichhaltigen Speiseplan der Hornisse.

Egloff und Flubacher rücken ins Wohnquartier Im Brüel in Aesch aus. Der Eigentümer meldet mehrere Asiatische Hornissen, die in seinem Garten ein- und ausfliegen. Der Grund ist schnell gefunden: «Es ist der Flieder», ist sich Egloff sicher. Die Pflanze zieht die Insekten wie Magneten an, darunter auch Hornissen. Nebst der unerwünschten Asiatischen Hornisse ist auch die Europäische Hornisse zahlreich am Flieder anwesend. Den beiden Imkern gelingt es, zwei asiatische Exemplare der Hornisse einzufangen.

Seit 2004 in Europa angesiedelt

Die beiden Hornissenarten unterscheiden sich in wesentlichen Punkten. Während die Europäische Hornisse in der Schweiz heimisch ist und kein Problem fürs Ökosystem darstellt, ist die Asiatische Hornisse ein Eindringling. Ursprünglich aus Südostasien kommend, hat sie sich ab 2004 in Südfrankreich ausgebreitet.

Da es auf dem europäischen Kontinent immer wärmer wird, findet die exotische Hornisse hier immer bessere Lebensbedingungen vor. Vor drei Jahren wurde sie erstmals in der Westschweiz gesichtet, vor einem Jahr dann der erste Fund in der Deutschschweiz, in Münchenstein. Seither ist die Asiatische Hornisse in der Region auf dem Vormarsch.

Die Asiatische Hornisse hebt sich auch optisch von ihren europäischen Kolleginnen ab. Auffällig sind ihr dunkler Rumpf mit gelb-orangen Stellen und die gelben Beine.

Jagd mit Peilsender und Antenne: Imker kämpfen gegen die Asiatische Hornisse
Bild: Gesundheitsdepartement BS/asiatischehornisse.ch

Eine Gefahr für die Insekten und unser Ökosystem

Die Ausbreitung der Bienen-Feinde kann nicht verhindert werden. Die Asiatische Hornisse ist gekommen, um zu bleiben. Die Behörden und allen voran die Imker wollen die Invasion aber abbremsen, damit sich das Ökosystem möglichst gut an die fremde Art anpassen kann. Breitet sich die Asiatische Hornisse zu schnell aus, kann das für die Schweizer Biodiversität verheerende Folgen haben.

«Sie hat hier keinen natürlichen Feind, wir kennen diesen nicht», sagt Imker Egloff. Die Asiatische Hornisse frisst derart viele Insekten, dass sich bei einer Invasion der Bestand drastisch reduzieren würde. Die Folge wäre eine mangelhafte Bestäubung der Pflanzen.

Du hast eine Asiatische Hornisse gesehen?

Das musst du tun:

  • Melde das verdächtige Insekt inklusive Bildern und Koordinaten des Fundorts umgehend auf der Schweizer Meldeplattform für die Asiatische Hornisse: www.asiatischehornisse.ch
  • Jage die Hornisse nicht, denn die Insekten werden sich verteidigen, wenn du dich in der Nähe ihres Nests befindest. Halte dich auch vom Nest fern. Um die Entfernung des Nests werden sich Fachpersonen kümmern.

Imkerin Vreni Läng hat die Asiatische Hornisse im Sommer 2022 erstmals in Münchenstein gesichtet. Sie war sofort alarmiert. «Die Bestäubung ist einfach das Wichtigste, sie ist die Grundlage unserer Ernährung. Und dafür sind die Insekten wahnsinnig wichtig. Das sind nicht nur die Bienen, das sind auch die Wespen, die Fliegen und ganz viele andere. Vor allem auch die Wildbienen. Und jetzt haben wir mit der Asiatischen Hornisse nochmals Einen Störfaktor mehr, der eigentlich nicht zu uns gehört!»

Verfolgung mittels Funk-Telemetrie

Egloff und Flubacher betäuben die beiden eingefangenen Asiatischen Hornissen. Eine von ihnen werden sie wenige Minuten später mit einem Sender ausstatten. So können sie das Insekt verfolgen, in der Hoffnung, dass es sie zu ihrem Nest führt.

Damit die Hornisse den Sender auch wirklich zu ihrem Nest trägt, montieren die Imker ihn so, dass das Insekt ihn wie eine natürliche Beute wahrnimmt. Trägt die Hornisse statt des Senders eine Biene, wird es schnell brutal: «Sie fliegt auf den nächsten Baum. Dort entfernt die Hornisse der Biene den Kopf, die Beine, die Flügel und nimmt nur das Protein (den Brustkorb der Biene, Anm. d. Red.) mit ins Nest». Damit füttert sie ihre Larven.

In den Nestern pflanzt sich die Asiatische Hornisse fort und zieht hunderte Nachkommen sowie Königinnen auf, die dann wiederum neue Nester gründen – ein exponentielles Wachstum der Hornissen-Population. Die Imker wollen möglichst viele Nester aufspüren und so eine (zu) schnelle Ausbreitung der Asiatischen Hornisse verhindern.

Mit dem montierten Sender wird die eingefangene Hornisse im Aescher Wohnquartier Im Brüel ausgesetzt. Ihr Nest befindet sich in der Regel im Umkreis von einem Kilometer. Mittels Funk-Telemetrie nehmen die Imker die Verfolgung auf: Eine Antenne empfängt das Signal des Senders an der Hornisse, mittels eines Geräts können die Hornissen-Jäger abschätzen, wie weit sie vom Sender entfernt sind.

Rund 45 Minuten später werden sie fündig. Unter dem Dach eines Wohnhauses im Quartier beobachten sie ein- und ausfliegende Hornissen. Doch kurz darauf die Ernüchterung: Es sind Europäische Hornissen. So geht die Suche bis zum Eindunkeln weiter.

Unschön, aber wichtig

Tags darauf dann die Erfolgsmeldung: Egloff und Flubacher haben das Nest der Sender-Hornisse hoch oben in einer Tanne lokalisiert. Es befindet sich wenige hundert Meter vom Garten entfernt, wo die Hornisse eingefangen wurde. Erleichtert informieren die beiden Scouts die Behörden. Für die Asiatischen Hornissen im Nest bedeutet das den Tod.

Sechs Tage später. Die Bewohner:innen des Quartiers Im Brüel versammeln sich abends auf der Strasse. Die Feuerwehr und ein Fachmann sind anwesend. Gleich wird den Hornissen im Nest hoch oben in der Tanne der Garaus gemacht. Der Spezialist im Schutzanzug bahnt sich einen Weg zum Nest. Mittels Spray werden die Asiatischen Hornissen betäubt und sterben schliesslich. Es ist der einzige Weg, um gegen die Plage anzukommen.

«Jetzt lohnt es sich noch am meisten», sagt Simon Amiet vom Baselbieter Amt für Umweltschutz und Energie. «Denn jetzt stehen wir am Anfang der Ausbreitung.» Je früher man gegen sie vorgehe, desto besser. Teuer ist der Kampf gegen die invasive Asiatische Hornisse allemal. Zwischen 1’000 und 3’000 Franken kostet die Sicherstellung und Beseitigung eines ihrer Nester. Während es vergangenes Jahr ein Nest war, sind es dieses Jahr bereits sechs.

Imker und Hornissen-Jäger Stephan Egloff untersucht das Nest mit den toten Hornissen und Larven. Wenn der Anblick auch brutal ist, für Egloff ist es der Lohn einer aufwendigen Arbeit. Und für die Anwohner:innen ist es eine Erleichterung. Fürs Erste sind sie die Asiatische Hornisse wieder los.

Aber sie werden wiederkommen.

Jagd mit Peilsender und Antenne: Imker kämpfen gegen die Asiatische Hornisse
Das beseitigte Hornissen-Nest in Aesch. Bild: Baseljetzt

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