Kateryna Debkaliuk macht Sachen aus Licht
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Kateryna Debkaliuk macht Sachen aus Licht

07.01.2024 05:08 - update 07.01.2024 11:36
Jessica Schön

Jessica Schön

Im Januar findet die schweizweit grösste Werkschau für Fotografie statt. Auch die ukrainische Fotografin Kateryna Debkaliuk stellt aus. Das Sujet: ihre neue Heimat. Das Medium: Kodak-Einwegkameras.

Zeitlose Komposition und flüchtiger Street-Moment: für diesen Balanceakt bleiben Kateryna Debkaliuk Sekunden. Dann drückt sie ab. Ihre Fotografien zeigen Bäume, die vor Hausfassaden hervorragen, sich flüchtig umdrehende Passant:innen. Sie ist eine gute Beobachterin. Ein paar ihrer Werke haben es an die diesjährigen photoSCHWEIZ geschafft.

Kateryna kommt aus einem Ort in der Nähe von Kiew. Seit fast zwei Jahren lebt sie in Basel. Analog fotografiert sie erst seit Kurzem, mit Einwegkameras. Ihre Arbeit ist damit Ausdruck der Art und Weise, wie sie die Welt um sich herum erlebt: Gezwungen, die Tage so zu nehmen, wie sie kommen – in einem Land, in dem die meisten ihren Sommerurlaub im Dezember planen.

Kateryna Debkaliuk macht Sachen aus Licht
Bild: Kateryna Debkaliuk

Die Unerschrockene

Eine Ukrainerin, die sich seit dem Weggang aus ihrer Heimat nicht mit Gedanken an eine kostspielige Ausrüstung aufhält – sondern den Moment angesichts der Unberechenbarkeit des Lebens mit dem festhält, was sie hat; die Geschichte ist bestechend, aber nur zum Teil wahr.

«Das Erste, was einem bei der Begegnung mit einer ukrainischen Person in den Sinn kommt, ist der Krieg», so Kateryna. Sie verstehe das – vermutlich ginge es ihr umgekehrt genauso. «Natürlich ist er präsent. Aber er nimmt nicht den Raum ein, von dem Menschen ausgehen. Er ist nicht die Hauptbelastung in meinem Leben.»

Kateryna Debkaliuk macht Sachen aus Licht
Bild: Kateryna Debkaliuk

Die Kämpfe, die Kateryna austrage, stünden demgegenüber für Frauen, für alleinerziehende Mütter. Für Personen, die aus einem fremden Land in die Schweiz kommen und nicht wüssten, ob sie hier auf Dauer zurechtkommen, wie sie sagt.

Kateryna spricht gestikulierend, mit Bildern, teilt ihr Leben in Abschnitte, Zäsuren. Etwa, wenn sie erzählt, wie sie als kleines Mädchen mit ihren Händen visuell das erschafft, was sie verstehen will. Wie sie aufhört, weil der Vergleich mit den anderen Kindern an der Kunstschule etwas in ihr ersticken lässt. Wie sie mit der Fotografie anfängt, weil sich ihr Körper nach der Geburt ihres Sohnes leer anfühlt.

Kateryna Debkaliuk macht Sachen aus Licht
Bild: Kateryna Debkaliuk

Ihr erster Fotografie-Lehrer schafft es, Kateryna ihr besonderes visuelle Talent begreiflich zu machen. «Manche nähern sich der Welt über Musik, wieder andere über Sprache. Ich fühle die Farben, die Formen».

Immer wieder

Beim Anblick einer analogen Schwarz-Weiss-Fotografie eines Freundes schiesst es ihr dann durch den Kopf: Grundsätzlich, so Kateryna, bedeutet «Fotografie» übersetzt soviel wie «mit Licht zeichnen». Man merkt, wie ihr diese Erkenntnis unter die Haut geht. «Das ist aus Licht gemacht», denkt sie.

Es vergehen nochmal fünf Jahre, ehe sie ihren ersten Film entwickeln lässt. Kateryna macht ihren zweiten Fotografie-Kurs und benutzt zum ersten Mal eine Kodak. Ein Kursteilnehmer warnt sie noch: beim ersten Mal taugen vielleicht fünf Bilder etwas. Kateryna gefällt die Hälfte der Abzüge.

Kateryna Debkaliuk macht Sachen aus Licht
Bild: Kateryna Debkaliuk

Von da an tut sie es immer wieder: Fängt die Momente ein, die eigentlich schon erlebt sind. Legt sich auf die Lauer, harrt aus und färbt das Gewesene mit ihrem persönlichen Blick. Dann lässt sie die Filme im Fotohaus entwickeln. Das neue Medium inspiriert sie.

Dinge versuchen, Dinge wagen

Vom 12. bis zum 16 Januar werden Katerynas eigene Schwarz-Weiss-Fotografien in der Industrie-Halle 550 in Zürich Oerlikon ausliegen. Zusammen mit 25o weiteren Fotografi:innen konnte sie sich einen Platz an der schweizweit grössten Werkschau sichern.

Die Bäume, die Passant:innen: Sie sind eine Ode an das ästhetische Bewusstsein, weil sie erzählen, wie eben diese kreative Energie zu einem unerschrockenen Umgang mit Herausforderungen befähigen kann. Kateryna formuliert es so: «Versuche, öfter ja zu sagen; und wage es, mit dem Wenigen, das du besitzt, Neues zu beginnen.»

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