Experimente
Basel-Stadt

KI in der Musik: Bedrohung oder Chance für Musikerinnen und Musiker?

28.04.2024 09:17 - update 27.04.2024 23:09
Michel Schultheiss

Michel Schultheiss

KI ist auch beim Komponieren auf dem Vormarsch. Eine Gruppe von Studierenden der Musik-Akademie Basel experimentierte kürzlich mit dieser Technologie. Sie kam zu überraschenden Resultaten und Einschätzungen.

Ein Mausklick und ein paar Stichwörter genügen. Ob Schnulze für die Nachbarin oder Gangster-Rap über den Chef: Innerhalb von wenigen Sekunden kreieren Programme wie Suno ganze Songs samt Texten.

Noch schwer tut sich das Werkzeug aber mit komplexen Kompositionen und zeitgenössischer Kunstmusik. Doch gerade da ist das Interesse gross. So auch bei Studentinnen und Studenten der Musik-Akademie Basel im Workshop von Luc Döbereiner, einem Experten auf just diesem Gebiet. Er ist Professor für künstliche Intelligenz in Komposition und Klangsynthese an der Musikhochschule Trossingen.

Wenn Mensch und Maschine zusammen improvisieren

Mit seinem Besuch verwandelt sich die Akademie kurz in ein Experimentierlabor für KI. Mensch und Maschine improvisieren etwa gemeinsam. Akkordeon, Bass, Harfe und Sopransax erklingen, der Computer antwortet auf die Töne als Sinusoszillator. Oder es kommt gar zu einer Art Chat zwischen Maschine und Musiker:innen. So spielen die Cellistin und der Flötist allerlei Töne, das Programm spuckt dazu passende Sätze aus. Die Studierenden wollen den Computer gar mit schrillen Klängen herausfordern, um zu schauen, wie er darauf reagiert.

Im Workshop gehen die Musiker:innen also spielend mit KI um. Teilen sie aber die Befürchtung, dass diese Technologie in naher oder ferner Zukunft einmal ihre Arbeit übernimmt? Aydin Pfeiffer hat dazu eine klare Meinung. «Künstler, die Angst davor haben, ersetzt zu werden, die sollten tatsächlich auch Angst davor haben», sagt der junge Musiker und Komponist gegenüber Baseljetzt und lächelt.

«Denn das bedeutet, dass tatsächlich ein grosser Teil der Arbeit, den sie verrichten, ersetzt werden kann». Er hingegen finde, man solle doch die Entwicklung als Anreiz nehmen, origineller zu denken und der KI immer einen Schritt voraus zu sein.

«KI zum Komplizen und Mitkünstler machen»

Die belgische Saxophonistin Anouk Neyens hat ebenfalls keine Angst vor KI. «Warum denn nicht mit ihr arbeiten statt gegen sie?». Dieser Ansicht ist auch ihre Mitstudentin Sophie Oetinger. «Die Angst vergeht, wenn man sich damit auseinandersetzt, was die KI kann und was sie nicht kann und sie damit zu einem Komplizen macht, zu einem Mitkünstler oder einer Mitkünstlerin», so die Akkordeonistin.

Stefano Grasso aus Italien kann der Technologie durchaus auch Positives abgewinnen. So könne KI den Künstler:innen im Bereich der Produktion die weniger attraktiven Arbeitsschritte abnehmen.

Nicht Imitation, sondern Werkzeug für Neues

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Professor Luc Döbereiner. Etwa im Bereich der Werbung oder auch Film rechnet er damit, dass in Zukunft wohl mehr automatisiert wird. Dies vor allem auch in Musikstilen, wo grosse Datenmengen vorhanden sind. Anders sehe es jedoch im Bereich der experimentellen Musik aus, wo er wie auch die Studierenden zuhause sind. Hier gebe es noch nicht viele Beispiele für KI-Produktionen. «Man kann die künstliche Intelligenz unter dem Gesichtspunkt anschauen, was man damit Neues schaffen kann», sagt der Komponist gegenüber Baseljetzt.

«Es geht dabei darum, nicht nur Dinge zu imitieren oder Menschen zu ersetzen, sondern zu schauen, welche neuen Möglichkeiten dahinter stecken, von denen man vielleicht noch gar keine Ahnung hat». Als Beispiele nennt Döbereiner musikalische Interaktionen mit KI, wie sie eben auch die Studierenden ausheckten. Zudem biete KI die Chance, Klänge auf eine neue Art zu produzieren und zu analysieren – oder gar neue neue Musikinstrumente zu entwickeln.

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