Mann (65) steht nach wilder Verfolgungsjagd durchs Kleinbasel vor dem Strafgericht
©Bilder: Google Maps/Pixabay/Unsplash, Montage: Baseljetzt
Prozess
Basel-Stadt

Mann (65) steht nach wilder Verfolgungsjagd durchs Kleinbasel vor dem Strafgericht

04.09.2024 18:27 - update 05.09.2024 09:12
David Frische

David Frische

Es waren filmreife Szenen, die sich dieses Frühjahr im Feierabendverkehr abspielten: Die Polizei konnte einen Mann nach einer wilden Verfolgungsjagd quer durchs Kleinbasel fassen. Nun kommt es zum Prozess.

Die Ereignisse, die sich am Abend des 16. Februar zwischen 18:23 und 18:28 Uhr abspielten, sieht man so in Basel – glücklicherweise — selten. Die Polizei will im Dämmerungslicht in der Klingentalstrasse einen Autofahrer anhalten. Er fährt ohne Licht. Trotz Lichthupe und Stopp-Handzeichen des Polizeibeamten im Streifenfahrzeug hält der Mann nicht an. Stattdessen fährt er mit seinem Honda Jazz am Polizeiauto vorbei und schrammt dessen Seitenspiegel.

Es ist der Beginn einer filmreifen Verfolgungsjagd, die sich an diesem Februar-Abend quer durchs Kleinbasel zog und die nun am Donnerstag vor dem Basler Strafgericht verhandelt wird. Angeklagt ist ein 65-jähriger Mann, wohnhaft im elsässischen Saint-Louis. Er soll am Steuer des Fluchtwagens gesessen sein. Alkoholisiert, ohne Führerausweis, ohne Fahrzeugversicherung. So beschreibt es die Basler Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift.

Zweimal ohne Führerschein erwischt

Sein Billett war der Beschuldigte schon länger los. Es war ihm laut Staatsanwaltschaft bereits sechseinhalb Jahre zuvor von der Baselbieter Polizei für unbestimmte Zeit abgenommen worden. Ende Januar 2024 soll er am Grenzübergang Basel-Burgfelderstrasse schon im selben Auto mit französischem Kennzeichen angehalten worden sein, obwohl er keinen gültigen Führerausweis besass.

Zwei Wochen später, am 16. Februar, unternimmt der Beschuldigte laut Anklage der Staatsanwaltschaft dann die verheerende Fahrt durchs Kleinbasel. Als er an der besagten Polizeistreife vorbeifährt und den linken Seitenspiegel des Beamtenfahrzeugs rammt, muss der fahrende Polizist seinen Arm zurückziehen, damit dieser nicht zwischen den Autos eingeklemmt wird. Daraufhin beschleunigt der Fahrer seinen Honda und fährt in Richtung Untere Rebgasse. Die beiden Polizisten nehmen mit ihrem Auto die Verfolgung auf.

«Rallye» durch Shoppingmeile und Tramhaltestelle

Was folgt, ist ein Höllenritt durch die Basler Innenstadt. Auf seiner Flucht soll der damals 64-Jährige zig Verkehrsregeln gebrochen und Menschenleben gefährdet haben. Laut Anklage hatte er während seiner Flucht zwischen 1,4 und 2 Promille Alkohol im Blut. Die Verfolgungsjagd führt zunächst durch die Untere Rebgasse und die Webergasse, eine Begegnungszone mit Tempo 20, in die Greifengasse. In der Shoppingmeile beschleunigt der Mann sein Auto dann weiter, donnert mitten im Feierabendverkehr über den Claraplatz und biegt – abermals verbotenerweise – links in die Untere Rebgasse ab, wo er das Trottoir schrammt, eine Radkappe verliert und laut Beschreibung der Staatsanwaltschaft fast eine Person erfasst.

Wo die Verfolgungsjagd überall durchführte, kannst du hier auf der Karte nachschauen:

Kurz vor der Tramhaltestelle «Kaserne» schwenkt der Flüchtende dann aufs Tramtrassee aus und passiert darauf die Haltestelle, wobei er erneut fast einen Fussgänger erfasst, der sich «mit einem Sprung zur Seite vor dem heranbrausenden Personenwagen des Beschuldigten retten musste».

Mehrere Menschen entkommen einer Tragödie

Das Polizeiauto verfolgt den Flüchtigen weiter von der Sperrstrasse über den Claragraben bis zur Feldbergstrasse. Auf seiner rallye-ähnlichen Fahrt durch die Innenstadt missachtet er Geschwindigkeitsbegrenzungen und Einbahnstrassen und erfasst beinahe einen weiteren Passanten auf einem Fussgängerstreifen, der sich ebenfalls mit einem Sprung aufs Trottoir vor dem Auto retten kann.

Weiter gehts durch die Klybeckstrasse und die Markgräflerstrasse, wo der Beschuldigte beim Abbiegen einen weiteren Fussgänger auf dem Trottoir gefährdet haben soll. In der Horburgstrasse schwenkt er abermals aufs Tramtrassee aus und überholt so linksseitig eine Autokolonne. An der Kreuzung Horburgstrasse/Hammerstrasse donnert der Mann an einer Polizeisperre vorbei, die zwei andere Beamte mit ihrem zivilen Dienstfahrzeug gebildet haben. Die letzte Etappe der Verfolgungsjagd beginnt.

Im Feierabendverkehr gestoppt

Als der Angeklagte in den Riehenring abbiegt, mäht er mit seinem Auto einen Verkehrsteiler auf einer Verkehrsinsel um. Er versucht, über die Autobahneinfahrt «Riehenring», die auf die A3 führt, der Polizei zu entkommen. Doch der stockende Feierabendverkehr wird ihm zum Verhängnis. Er muss seine Fahrt verlangsamen, sodass die beiden Polizeibeamten – die dem Mann seit Beginn der wilden Fahrt auf den Fersen sind – im Horburgtunnel zu diesem aufschliessen können. Laut Anklageschrift rammt der Beschuldigte mit seinem Honda das Polizeiauto und schiebt es gegen das linke Schrammboard. Beide Fahrzeuge kommen zum Stillstand.

Doch der Mann beschleunigt erneut und will fliehen. In der Zwischenzeit haben aber die beiden anderen Polizisten im zivilen Dienstfahrzeug aufgeholt und können den Flüchtigen ausbremsen und zum Anhalten zwingen. Der Mann wird festgenommen und ist seitdem im Gefängnis Bässlergut inhaftiert. Laut Anklage dauerte die Verfolgungsjagd durch die Innenstadt gerade einmal fünf Minuten.

Lange Liste an Anklagepunkten

Ein halbes Jahr später kommt es nun zum Prozess. Der Angeklagte steht am Donnerstag vor dem Basler Strafgericht. Die Staatsanwaltschaft wirft dem heute 65-Jährigen eine lange Liste an Vergehen vor. Nebst der mehrfachen Hinderung der Polizisten an deren Amtshandlung soll er mehrfach die Verkehrsregeln grob verletzt und sich bei Unfall pflichtwidrig verhalten haben. Dazu kommt der Vorwurf des Fahrens in alkoholisiertem Zustand, das mehrfache Fahren trotz entzogenem Führerausweis sowie das mehrfache Fahren ohne Haftpflichtversicherung.

Für den Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung. Die Staatsanwaltschaft wird ihre Strafanträge am Donnerstag an der Hauptverhandlung stellen. Das Urteil wird am selben Tag erwartet. Baseljetzt wird über die Verhandlung berichten.

Feedback für die Redaktion

Hat dir dieser Artikel gefallen?

Kommentare

Die Kommentarfunktion ist für diesen Artikel deaktiviert.