Anpassung
Schweiz

Mögliche Studiengebühren-Erhöhung: «Mir kam der Gedanke, nicht mehr weiterzustudieren»

06.04.2025 12:02 - update 06.04.2025 12:04
Jeremy Goy

Jeremy Goy

Ab 2027 will der Bundesrat jährlich 460 Millionen weniger für Bildung ausgeben. Rund 200 Millionen davon sollen durch höhere Studiengebühren ausgeglichen werden. Die Meinungen der Studenten, Politiker und Hochschulen gehen auseinander.

Anfang Jahr hat der Bundesrat das Entlastungspaket 27 vorgestellt. Insgesamt wurden 59 Massnahmen vorgeschlagen, wie gespart werden kann. Zurzeit zahlen Studierende in der Schweiz im Schnitt 1445 Franken an Studiengebühren pro Jahr. Diese Gebühr will der Bund nun verdoppeln. Für ausländische Studierende soll der Betrag vervierfacht werden. Die Sparvorschläge sind zurzeit in der Vernehmlassung. Diese dauert bis Anfang Mai.

Im Rahmen unserer Berichterstattung über die mögliche Erhöhung der Studiengebühren haben wir auch eine Stellungnahme von Cyril Bleisch, Präsident der Jungfreisinnigen Baselland erhalten. Die Jungfreisinnigen Baselland würden grundsätzlich die geplanten Massnahmen unterstützen, erklärt Bleisch. Es sei notwendig, bei Sparmassnahmen in allen Bereichen Abstriche zu machen, und dazu zähle auch der Bildungsbereich. Bei einer Sparrunde könne sich niemand verstecken. Bleisch hebt hervor, dass eine Erhöhung der Studiengebühren für viele, insbesondere für Studierende, schmerzhaft sein werde. Er begrüsse jedoch begleitende Massnahmen, die finanziell schwächere Studierende unterstützen. Besonders in Härtefällen müsse sichergestellt werden, dass niemand benachteiligt werde und somit das wichtige Humankapital nicht verloren gehe, so Bleisch.

Studiengebühren im Internationalen Vergleich günstig

Ähnlich siehts beim FDP-Politiker Matthias Michel aus. Er finde eine Erhöhung ebenfalls gerechtfertigt. So bezahle man im internationalen Vergleich in der Schweiz noch immer verhältnismässig wenig, sagte er im Februar gegenüber SRF. Zudem sei es richtig, dass diejenigen, die später auf dem Arbeitsmarkt den Nutzen haben, sich etwas stärker beteiligen. Laut den Daten von Eurydice, dem Bildungsinformationsnetzwerk der Europäischen Kommission, belegt die Schweiz für das Jahr 2023/24 in Bezug auf die Höhe der jährlichen Studiengebühren für Einheimische den achten Platz unter 41 Ländern.

Studierende kritisieren mögliche Änderung

Im Rahmen einer Umfrage von Baseljetzt wurden die Meinungen von Studierenden der Universität Basel zur möglichen Erhöhung der Studiengebühren gesammelt. Die Stimmen fallen einheitlich aus.

Elia Schwittay, Studierender an der Universität Basel, ist anderer Meinung. Besonders wenn man die Chancengleichheit in Betracht ziehe, würde er diese Änderung nicht fair finden.

Auch Célina Lio studiert an der Uni Basel und wäre ebenfalls nicht über die Änderung erfreut. «Mir kam bereits der Gedanke, nicht mehr weiter zu studieren.» Viele Studierende hätten bereits wenig finanzielle Mittel, so Lio.

Lara Schmocker teilt diese Meinung. Sie habe bereits mit ihren Freund:innen über die mögliche Änderung diskutiert, so Schmocker. Einzelne äusserten sich über einen möglichen Abbruch des Studiums, würde diese Änderung tatsächlich eintreten.

Die kompletten Stimmen findet ihr im in den Artikel eingebundenen Video oben.

«Die Sparbemühungen sind durchs Band unsinnig»

Die Juso Basel erklärt gegenüber Baseljetzt, dass sie sich für das gebührenfreie Studieren an Hochschulen einsetzen würde. Es gehe momentan in eine komplett falsche Richtung. «Eine Erhöhung würde nur dazu führen, dass erstens weniger Menschen studieren, zweitens nur noch Gutbetuchte studieren und/ oder drittens der psychische Stress zunimmt, weil nebst dem Studium noch mehr gearbeitet werden müsste, um die Lebenshaltungskosten tragen zu können», erklärt die Juso.

Petition gegen Studiengebühren-Erhöhung

In Reaktion auf die geplanten Gebührensteigerungen haben sich Studierende verschiedener Schweizer Universitäten und Hochschulen organisiert und eine klare Stimme erhoben. Der Verband der Schweizer Studierenden (VSS) hat in diesem Zusammenhang eine Petition ins Leben gerufen, um gegen die Erhöhung der Studiengebühren vorzugehen. Bisher haben bereits über 31’000 Personen unterschrieben. Gemäss der Petition sei Bildung der Schlüssel zu Innovation und wirtschaftlichem Erfolg. Bildung dürfe kein Luxusgut werden.

Til Hänggi, Präsidium der studentischen Körperschaft der Universität Basel (Skuba), zeigt sich gegenüber Baseljetzt mit den möglichen Änderungen nicht zufrieden. «Eine Erhöhung der Gebühren hat direkte Auswirkungen auf die Chancengleichheit und erschwert den Zugang zur Hochschulbildung für Studierende aus weniger privilegierten finanziellen Verhältnissen», erklärt Hänggi.

FHNW stellt sich gegen Erhöhung der Semestergebühren

Die Fachhochschule Nordwestschweiz sei mit einer Erhöhung der Semestergebühren im Rahmen des Entlastungspakets des Bundes nicht einverstanden, so Dominik Lehmann, Leiter Kommunikation der FHNW. Sparmassnahmen zur Sanierung der Bundesfinanzen auf Kosten der Studierenden, erachte die FHNW für einen falschen Ansatz. «Höhere Studiengebühren würden den Zugang zu Bildung noch stärker von der finanziellen Situation der Studierenden abhängig machen», erklärt der FHNW-Sprecher. Eine signifikante Erhöhung der Studiengebühren bringe zudem neue Belastungen für die Kantone, da man die Stipendien erhöhen müsse, um die Chancengerechtigkeit erhalten zu lassen.

Während der Bund auf das Entlastungspaket setzt, befürchten Studierende und Hochschulen, dass die geplante Erhöhung der Studiengebühren die soziale Gerechtigkeit gefährden könnte. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, welchen Kurs die Entwicklung nehmen wird.

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Kommentare

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06.04.2025 17:57

spalen

studieren darf nicht nur wohlhabenden familien vorbehalten sein!

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08.04.2025 17:26

Sonnenliebe

Genau, diese Meinung teile ich!

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06.04.2025 15:01

MatthiasCH

Für ausländische Studierende den Betrag verfierfachen? Geht’s noch ???Ausgerechnet die Schweiz, die 50 % der Mediziner importiert, ohne je einen Rappen an deren Ausbilfung geleistet zu haben.
Oder all die Chemiker in Basel? Die original Schweizer Chemiker, die ich bis heute traf, kann ich mir an den Fingern einer Hand abzählen.

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