
Musikvielfalt-Initiative spaltet die Basler Kulturszene
Larissa Bucher
Am 24. November entscheidet die Bevölkerung, ob die freie Musikszene mehr Geld kriegen soll oder nicht. Ob die Musikvielfalt-Initiative wirklich eine gute Idee ist, wird unter Basler Musikern stark debattiert.
Die im Jahr 2022 eingereichte Musikvielfalt-Initiative verlangt, dass der Kanton das freie Musikschaffen mit mindestens einem Drittel des gesamten Förderbudgets im Bereich Musik fördert. Der Basler Grosse Rat hat die Initiative im Juni mit 49 zu 37 Stimmen bei 7 Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen. Er folgte damit seiner Bildungs- und Kulturkommission sowie der Regierung, die auch auf einen Gegenvorschlag verzichteten.
Was will die Musikvielfalt-Initiative?
Das Kulturfördergesetz schreibt die breite Unterstützung der Musik vor. Die Musikvielfalt-Initiative will, dass dies besser umgesetzt wird, und fordert, dass mindestens ein Drittel der öffentlichen Förderung an das freie Musikschaffen aller Stilrichtungen geht. «Das breite Angebot in Basel wird nämlich massgeblich von freien Musikschaffenden gemacht», schreibt das Komitee.
Konkret will die Initiative:
- dass einheitliche Förderkriterien für alle Musikstile geschaffen werden
- dass alle Produktionsweisen eine Chance auf Förderung bekommen
- dass angemessenere Unterstützungsbeträge gesprochen werden und dadurch eine fairere Bezahlung der beteiligten Personen möglich ist
- dass die vielfältige Musiklandschaft zu einem attraktiven Basel beitragen kann
«Die Szene verdient eine bessere Initiative»
Seither wird sich in der Musikszene darüber gestritten, ob die Initiative wirklich eine gute Idee ist oder nicht. So wurde zuletzt im September das Komitee «Der Kulturstadt Basel Sorge tragen» gegründet. Persönlichkeiten aus Politik und Kultur wollen damit gegen die Musikvielfalt-Initiative ankämpfen.
Auch Fran Lorkovic, Vize-Präsident und Schlagzeugspieler in der Basler Sinfonietta, ist gegen die Initiative. Das, obwohl er viel Sympathie und Verständnis für das Anliegen hat. «Ich bin dagegen, weil ich überzeugt bin, dass die Basler Musikszene eine viel bessere Initiative verdient hat», sagt er. «So wie die Initiative formuliert ist, befürchte ich, dass bei einer Annahme alle Musiker:innen auf ein niedrigeres Niveau gerissen werden.» Denn: Die Initiative würde nicht vorschreiben, ob das Drittel der Gelder für die freie Szene zusätzlich gesprochen wird oder von anderen Institutionen wie der Sinfonietta weggenommen wird. Das findet Lorkovic fahrlässig. «Man nimmt damit in Kauf, dass erfolgreiche Institutionen untergehen.»
Gelder reichen kaum für den Lohn
Im Unterschied zu der Basel Sinfonietta kriegt Rapperin LaNefera nicht mehrere Millionen Franken Fördergelder pro Jahr. Sie ist eine Einzelfirma und kann somit beim Kanton maximal 10’000 Franken pro Projekt beantragen. «Das entspricht aus meiner Sicht nicht dem, was ich auf meinem Level umsetzten müsste», sagt sie. Mit dem Geld könne sie nämlich kaum den Lohn ihrer Bandmitglieder bezahlen. «Ich wage zu behaupten, dass ich von dem, was ich bräuchte etwa 40 Prozent zusammen bekomme. Das heisst 60 Prozent meiner Arbeit findet unter Eigenleistung statt und ist damit unbezahlte Arbeit.»
Von der Musik leben könne man als Freischaffende also nur sehr schwierig. Aus diesem Grund ist LaNefera im Komitee der Musikvielfalt-Initiative und hofft auf eine Annahme durch das Basler Stimmvolk. «Ich erhoffe mir, dass wir danach nicht mehr unter solch prekären Verhältnissen arbeiten müssen.»
Mehr dazu
Feedback für die Redaktion
Hat dir dieser Artikel gefallen?
Kommentare
Dein Kommentar
Mit dem Absenden dieses Formulars erkläre ich mich mit der zweckgebundenen Speicherung der angegebenen Daten einverstanden. Datenschutzerklärung und Widerrufshinweise
Kommentare lesen?
Um Kommentare lesen zu können, melde dich bitte an.
Jurriaan
Fran Lorcovis fürchtet das “erfolgreiche Institutionen untergehen” ganz so wie der Titanic oder was? was ist den das für eine Sprache? und woran wird dieser Erfolg gemessen? an Besucherzahlen? oder an die ca. 2,5 % Eigenerwerb durch Tickets Verkauf wie beim SOB? Denke das ist noch Luft drinnen zB auf der Musikerseite zu schauen udn wie die freien Musiker davon kaum leben können und oft keine Absicherung haben. Es wird die bestehende Ungleichheit endlich ans Licht gebracht und von niemanden bestritten, bloss will keiner der ewig Gestrigen Nein-Sager da an den Tisch und konstruktiv das neu-zu ordnen! Faule Ausreden und Privilegien und Pfründe verteidigen die eine oder zwei Jahrhunderte (!) als sind..
MidiNoiz
Die Initiative ist ganz bewusst nicht ausformuliert. Bei einer Annahme der Initiative bekommt die Politik den Auftrag, vernünftige Fördermodelle und Selektionsgremien zu installieren. Es entscheidet somit die Kulturkommission und der Grosse Rat, wie die Initiative umgesetzt wird und die Fördergelder verteilt werden. Aufgrund der aktuellen Zusammensetzung der Grossenrats, ist die Chance gleich null, dass den Institutionen Gelder entzogen werden.
In keiner Sparte der Künste wird die zeitgenössische, professionelle Produktion so stiefmütterlich behandelt und das Förderbudget so einseitig in die Reproduktion und Interpretation investiert, wie in der Musik. Diese im letzten Jahrhundert verortete, bourgeoise Förderpolitik ist äusserst respektlos gegenüber dem Grossteil der professionellen Musikschaffenden dieser Stadt.
Dass 90% des Musikbudgets in 10% der Musikkonsumenten investiert werden ist ungerecht und entspricht nicht der Vorgabe des Kulturleitbilds. Deshalb ein klares JA!