
Nawalnys Begräbnis: Tausende trauern in Moskau
Baseljetzt
Am Freitag soll der wichtigste Kreml-Gegner beerdigt werden. Bei der Trauerfeier und der Beerdigung von Alexej Nawalny kam es erst zu Verzögerungen. Nun wurde der Leichnam beerdigt.
Die Angehörigen des verstorbenen Kremlgegners Nawalny haben seinen Leichnam am Morgen in der Leichenhalle in Moskau mit Verzögerung für die Beerdigung erhalten. Sie seien um 10 Uhr Ortszeit dort gewesen, hätten den Körper aber zunächst nicht und dann mit Verspätung erhalten, teilte Nawalnys Team am Freitag mit. Eine Stunde dauerte der Transport des Sarges zur Kirche. Mit leichter Verzögerung traf er bei der Kirche ein.
Grossaufgebot vor Kirche in Moskau
Trotz eines Grossaufgebots von Polizei und Sicherheitskräften versammelten sich vor der Kirche Tausende Menschen, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort sagte. An der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone «Lindere meine Trauer» im südöstlichen Bezirk Marjino drängten sich die Menschen an Metallgittern, um sich von dem Oppositionsführer zu verabschieden. Viele trugen Blumen in den Händen. In der Kirche ist für 14 Uhr Ortszeit eine Trauerfeier angesetzt. Die Beerdigung ist zwei Stunden später auf dem Borissowskoje-Friedhof geplant.
Schon nach seinem Tod hatte die Mutter Ljudmila Nawalnaja tagelang ihren Sohn gesucht. Sie hatte Kremlchef Wladimir Putin aufgefordert, die Leiche ohne Bedingungen herauszugeben. Nawalnaja lehnte eine heimliche Beerdigung ab und erhielt letztlich am Samstag die Leiche für die Beisetzung. Danach begann eine hindernisreiche Suche nach einem Termin für die öffentliche Verabschiedung.
Volk skandiert seinen Namen
Nawalnys Team zeigte in einem Live-Stream auf Youtube, wie die Leiche von Blumen bedeckt im Sarg liegt, umgeben von zahlreichen Menschen während des Gottesdienstes. Zu sehen war auch Alexej Nawalnys Gesicht. Seine Mutter, die eine Kerze in der Hand hielt, und sein Vater sassen während der Zeremonie am Sarg. Hunderttausende verfolgten die Übertragung. Die Menschen an der Kirche skandierten «Nawalny», «Nawalny», «Nawalny». Einige riefen auch: «Du hattest keine Angst. Und wir haben keine Angst.» Zur Trauerfeier kamen auch westliche Botschafter, darunter der Deutsche Alexander Graf Lambsdorff.
Tausende Menschen warteten mit Blumen in der Hand, um sich von dem Gegner des Kremlchefs Wladimir Putin zu verabschieden. Viele lobten Nawalnys Mut in seinem Kampf gegen Putin. Trotz eines Grossaufgebots von Polizei und anderen uniformierten Sicherheitskräften, viele von ihnen maskiert, war der Andrang riesig.
«Russland ohne Putin!», «Putin ist ein Mörder!», «Russland wird frei sein!» und «Nein zum Krieg!» skandierten Menschen im Chor, wie Reporter der Deutschen Presse-Agentur am Freitag berichteten. Sie sprachen angesichts des Grossaufgebots an Uniformierten der Sonderpolizei Omon von einer angespannten Atmosphäre.
Frau und Kinder sind im Ausland
Die Witwe Julia Nawalnaja, die Tochter Darja und der Sohn Sachar nahmen nicht an der Trauerfeier teil, weil sie für ihre eigene Sicherheit im Ausland sind. Nawalnys Frau hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin des Mordes an ihrem Mann bezichtigt. Sie würde damit eine Festnahme riskieren in Russland. Auch Nawalnys Team ist nicht im Land, weil seine Mitarbeiter, die als Extremisten gelten, ebenfalls sofort festgenommen würden.
Nach der Trauerfeier in der Kirche zu Ehren der Gottesmutterikone «Lindere meine Trauer» im südöstlichen Bezirk Marjino war die Beerdigung für 16.00 Uhr (14.00 Uhr MEZ) auf dem Borissowskoje-Friedhof geplant.
Sein Team, das wegen drohender Festnahme im Ausland ist, rang mit den Tränen, als Nawalnys Angehörige den Leichnam küssten. Die Live-Bilder waren in einem Youtube-Stream zu sehen. Ein Orchester spielte Trauermusik. Gespielt wurde das Lied «My way». Die Leiche wurde mit einem Tuch abgedeckt, bevor der Sarg verschlossen und in die Erde gelassen wurde. Tausende Menschen waren auf dem Weg zum Friedhof, um sich von Nawalny zu verabschieden.
Umstände seines Todes nicht geklärt
Nawalny, der als wichtigster Gegner Putins galt, versetzt den Machtapparat auch nach seinem Tod in höchste Nervosität. Putins Behörden befürchten, dass Anhänger des vor zwei Wochen im Straflager gestorbenen Nawalny gegen den Kremlchef protestieren könnten. Putin will sich in zwei Wochen bei einer Wahl als Präsident im Amt bestätigen lassen. Unterstützer, Angehörige und Menschenrechtler Nawalnys werfen Putin vor, er habe den russischen Oppositionsführer in Haft ermorden lassen. Der Kreml weist das zurück.
Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen «Polarwolf» in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von «natürlichen» Ursachen die Rede.
(sda/mkf)
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mil1977
V. Putin hat aktuell noch Oberhand. Aber langfristig wird er sogar gegen einen Toten (Alexei Nawalny) verlieren.